Wein erwandern – Wein erraten

Zwei sehr unterschiedliche Veranstaltungen der GenussSpechte

(HWG)

Es ist bei den GenussSpechten unüblich, in einem Monat gleich zwei Veranstaltungen durchzuführen. Volle Terminkalender und die nahende Lese führten zu diesem weinseligen September. Vom Format her hätten sie verschiedener kaum sein können.

Am Samstag, dem 9. September 2023 fanden sich 14 Teilnehmer*innen im Gutsausschank „Zum Woigiggel“ der Familie Velten zu einem Weinbergsspaziergang mit Weinprobe zusammen.

Die Veranstaltung begann, nach der Begrüßung durch Ingo Hühn und Ludwig Velten, mit einer kleinen Vesper und einem Glas Secco im Gutsausschank.

Gegen 19:45 Uhr ging es los. Ludwig Velten und Klaus Schmikl begleiteten den Weinbergsspaziergang. Jan Velten fuhr das Begleitfahrzeug von Station zu Station und brachte die gekühlten Weine und Zwischensnacks.

Bei der ersten Weinprobe, noch in der Neudorfgasse, wurde den Teilnehmenden ein Gelber Orleans gereicht. Jan Velten berichtete, dass vor einigen Jahren einmal die gesamten lesereifen Trauben des Weinbergs gestohlen wurden!

Weiter ging es, am Kriegerdenkmal in der Mainzer Straße entlang, in die Weinberge.

Wegen der einsetzenden Dunkelheit führte Ludwig Velten die Gruppe nicht, wie geplant, zu jedem einzelnen Weinberg, dessen Wein zur Verkostung kam. Es ging stattdessen den Herrnbachpfad entlang und zu vier weiteren Probestopps, unter anderem zum Küsterhaus und zum Kälberplatz.

Der heitere Ausklang dieses schönen, interessanten und erlebnisreichen Abends erfolgte im Gutsausschank.

Die GenussSpechte bedanken sich an dieser Stelle ganz besonders bei Ludwig Velten und Klaus Schmikl. Beide haben die Teilnehmenden an ihrem vielseitigen Wissen über Hochheim, die Weine und die Geschichten hinter den Toren teilhaben lassen und ihnen einen unvergesslichen Abend bereitet.

Vielen Dank auch an Familie Velten für ihre Gastfreundschaft und besonders an Jan, der trotz „voller Hütte“ die Boxenstopps versorgte.

Am Freitag, dem 15. September folgte die Masterclass-Weinprobe im Weinbaumuseum. Nach einer kurzen Begrüßung und Erläuterung von Hendrik Ruitenberg ging es los. Die Probe stand unter der Leitung von Arthur Fuchs, dem in Hochheim seit langem bekannten Weinexperten. Bei einer Blindverkostung von Rieslingen aus dem Rheingau, aus Rheinhessen und von der Nahe konnten die Teilnehmenden sich daran erproben, die Herkunft der Weine zu erschnüffeln und zu erschmecken. Es gab bei jedem der vier „Flights“ (Probengruppen) drei Weine, einer aus jedem beteiligten Anbaugebiet. Die Reihenfolge wechselte dabei jeweils. Arthur lieferte, neben vielen heiteren Weinsprüchen, nur Basisinformationen über die Weine wie Alkohol-, Restzucker- und Säurewerte. Die Teilnehmenden probierten und tauschten sich eifrig über die Weine aus. Wie sehr verraten der Duft und der Geschmack die Herkunft? Wer kann welche Früchte herausschmecken? Die Flights stiegen in ihrer Wertigkeit – von Kabinett trocken und feinherb zu Großen Gewächsen. Viele der Teilnehmenden lagen mit ihren Einschätzungen richtig. Wahrscheinlich hatten sie vorher heimlich geübt.

Wer Lust hatte, konnte sich daran versuchen, die Weine zu bewerten wie professionelle Verkoster – möglichst neutral, also ohne die eigenen Vorlieben in die Bewertung einfließen zu lassen.

Natürlich hat Arthur nach jedem Flight die Weine aufgedeckt und detailliert beschrieben, wobei manche Formulierungen der weinschreibenden Zunft, der Fachpresse entnommen, für Heiterkeit sorgten. Es war für alle, Anfänger wie Geübte, eine tolle Erfahrung, sich voll auf den Geruch und den Geschmack des Rieslings zu konzentrieren und die Unterschiede zu erkennen, ohne vom Flaschenetikett beeinflusst zu werden.

Als Dankeschön durfte der Probenleiter einen 2012er Hochheimer Riesling Alte Reben entgegennehmen.

Weinprobe in der Zehntscheune

Hervorragende Weinprobe in der Zehntscheune
GenussSpechte genießen Weine vom Domdechant Werner’schen Weingut (HWG)

Am Mittwoch, den 30. August, fanden sich die GenussSpechte in der Zehntscheune ein, für eine Weinprobe mit Weinen vom Domdechant Werner’schen Weingut, geleitet von Catharina Mauritz.

Nach der Begrüßung der Teilnehmenden durch Vorstand Hendrik Ruitenberg startete die Probe mit einem sommerlichen Rosé und einleitenden Worten von Catharina, die einen Überblick über die Historie des Weinguts und insbesondere der Zehntscheune gab. Dieses wunderschöne Gebäude aus Bruchsteinen diente der Lagerung der Naturalabgaben, als die Menschen noch den „Zehnten“ abliefern mussten. Heute ist es ein beliebter Veranstaltungsort, wird aber während der Lese aber auch für die Kelter genutzt.

Alle Gebäude des Weinguts stehen unter Einzeldenkmalschutz.

Das Weingut gibt es seit 1780, jetzt in 8. Generation, und es ist seit über 100 Jahren Mitglied im VDP, dem Verband der Prädikatsweingüter. Catharinas Großvater leitete es bis 1982, dann übernahm ihr Vater, Dr. Franz Michel.

Ihr ältester Sohn Ferdinand hat eine Winzerlehre absolviert und beginnt in Kürze mit dem Studium in Geisenheim, die nächste Generation wird also gut vorbereitet an den Start gehen und er wird der erste „echte“ Önologe der Familie sein. Über diese Nachricht freuten sich die Teilnehmenden sehr.

Nicht nur in Sachen Familie baut das Weingut auf Kontinuität. Besonderen Wert legt man auch auf einen guten Umgang mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Das sieht mach auch an der langen Betriebszugehörigkeit. So ist Michael Bott schon seit über 30 Jahren Kellermeister. Ute Fischer, die das Gutsbüro betreut und im Vertrieb arbeitet, ist mehr als 10 Jahre dabei. Sie nahm an der Probe teil und unterstützte Catharina beim Ausschenken.

Das Weingut baut fast ausschließlich Riesling an und ist insbesondere für die Auslesen bekannt, dazu später mehr.

Ca. 2% machen die Früh- und Spätburgunder aus, wie der eingangs erwähnte Rosé, bei dem die beiden Burgundersorten zusammen gelesen und vergoren wurden. 60% der Weine gehen in den Export.

Aufgrund des Klimawandels ist der Oechslegrad bei der Lese nicht mehr das ausschlaggebende Kriterium, führte Catharina weiter aus. Heute geht es darum, allen Wetterkapriolen zum Trotz, gesundes, vollreifes Lesegut hereinzuholen, bei einem Lesefenster, das immer kleiner wird, insbesondere hier mit praktisch einer einzigen Rebsorte. War es früher meist kalt und nass, so hat man heute eher das Problem, dass die Lese oft bei brütender Hitze stattfindet und die Gärung schon im Weinberg beginnt. Von daher setzt man beim Domdechant Werner’schen Weingut auf eine akribische Vorlese – Aussortieren aller „unerwünschten“ Beeren – und anschließende Lese mit dem Vollernter morgens um 4 Uhr, denn die Maschine benötigt kein Tageslicht dank der Scheinwerfer und so gelangt das Lesegut noch kühl auf die Kelter.

Das Weingut ist „Fair Choice“ zertifiziert. Das bedeutet, es wird kein Herbizid eingesetzt, Wert auf Nachhaltigkeit und soziale Standards gelegt. Von den Kolleginnen und Kollegen, die Öko-Weinbau betreiben, habe man sich vieles abgeschaut, wie Begrünung und gezielte Zwischeneinsaat. Das Problem bei einer Öko-Zertifizierung sei jedoch die fehlende Flexibilität, bei einem Mehltaubefall reagieren zu können.

Bei der Probe ging es weiter mit dem 2022 Hochheim Riesling trocken VDP Ortswein, der alles hat, was ein Riesling haben muss und zu jeder Gelegenheit passt.

Catharina erläuterte die VDP Qualitätspyramide – Gutswein -Ortswein – Erste Lage – Große Lage (bzw. RGG für Rheingauer Großes Gewächs). Dazu passend kam die Hochheimer Domdechaney Riesling trocken VDP Erste Lage als kleine Vertikalprobe – 2022 gegen 2019 – in zwei Gläser. An diesem Wein konnte man gut erkennen, dass die höherwertigen Weine eine Zutat benötigen, die heute oft vergessen wird – die Zeit. Zu jung genossen, haben sie noch „Ecken und Kanten“, sind wie ein ungestümer Teenager, während sich mit ein wenig mehr Reife die ganze Komplexität auf der Zunge zeigt.

An dieser Stelle fügte sich ein von Hendrik Ruitenberg zusätzlich mitgebrachter 2015er vorzüglich in die Probe ein. Diesem Wein hatte man extra viel Zeit zugestanden und ihn 2020 erst in den Verkauf gegeben. Eine gute Idee, der Wein ist grandios und entwickelt sich von Verkostung zu Verkostung nach oben weiter.

Die nächsten beiden Weine im Glas waren das Kirchenstück Riesling trocken Großes Gewächs, 2021 gegen 2019 und auch hier zeigte sich, dass der ältere der beiden viel facettenreicher daherkam.

Nach einem 2022 Hochheimer Riesling Kabinett – ein fruchtsüßer Wein, der aber wegen seiner frischen Säure nicht zu süß auf der Zunge daherkommt, sondern einfach nur Spaß macht (und darum bettelt, zu asiatischen Gerichten auf den Tisch zu kommen), folgte die Hochheimer Domdechaney Riesling Auslese.

Ausgewählt hatte Ruitenberg den 2009er.

Für die Auslesen ist das Weingut bekannt und es ist ein Erlebnis, bei den Verkostungen im Frühjahr und im Herbst die Vertikalprobe durch die vorhandenen Jahrgänge zu machen und sich seine Lieblinge gleich mitzunehmen. Der 2009er ist seit Jahren auf dem persönlichen Siegertreppchen. Das Jahr war warm, aber offenbar ohne Kapriolen, der Wein ist ein Gesamtkunstwerk. Die gebührende Ehrfurcht beim Verkosten ging kurzfristig ein wenig verloren, als eine Familie von Gartenschläfern durch eifriges Hin- und Herlaufen auf der Bruchsteinmauer, Verschwinden in Löchern sowie Wiederauftauchen an anderer Stelle die Aufmerksamkeit der Probenteilnehmenden auf sich zog.

Hier währe die Probe theoretisch zu Ende gewesen. Als „add on“ außer der Reihe hatte Hendrik Ruitenberg jedoch die 1971er Hochheimer Hölle Riesling Auslese mitgebracht, für die ein zusätzlicher Obolus zu entrichten war, für diejenigen, die ihn gerne probieren mochten.

Catharina erläuterte das Vorgehen bei diesem Wein: Als man sich entschlossen hatte, diesen Wein 2021, dann 50jährig, in den Verkauf zu nehmen, hatte man alle vorhandenen Flaschen aus dem Keller geholt, vorsichtig die Korken entfernt (keine leichte Aufgabe), den Flaschenhals mit Alkohol gereinigt, alle verkostet (bei dieser Aufgabe hätten sich mehrere GenussSpechte sofort als Freiwillige angeboten), einen aussortiert, einen „geopfert“, um die anderen wieder aufzufüllen, neu verkorkt und mit neuem Etikett versehen. Es ist logisch, dass dieser Wein einen gewissen Preis hat. Durch diese Maßnahmen ist der Käufer jedoch sicher, einen Hochgenuss zu erwerben.

Nach dieser wahrlich grandiosen Degustation in einem wunderschönen Rahmen mit einer Winzerin, die sachlich brilliant, emotional ehrlich und offen, sprachlich unglaublich und mit Herzblut exzellente Weine präsentierte (O-Ton einer Teilnehmerin) beendeten die GenussSpechte die Probe mit Applaus.
Als Dankeschön für den wundervollen Abend überreichte Hendrik Ruitenberg ein Weingeschenk an Catharine Mauritz.

Die etwas andere MARKTWEINPROBE

Der in der Weinwelt bekannte Bremer Ratskellermeister Karl-Josef Krötz (66) hat sich im Januar 2023 nach 33 Jahren als Bremer Ratskellermeister in den Ruhestand verabschiedet.
Karl-Josef Krötz kommt für eine besondere Weinprobe nach Hochheim am Main.
Auf Einladung von Hendrik Ruitenberg, im Vorstand vom Hochheimer Weinclub – die GenussSpechte e.V., wird er Weine präsentieren, die aus dem Bestand des Ratskellers stammen. Es werden 11 Weine von verschiedenen deutschen Weinanbaugebieten verkostet. Anhand von Anekddoten, die in Verbindung stehen zu den Weinen, lässt er die Teilnehmer teilhaben an seiner langjährigen Tätigkeit als „Herr der Weine von der Weser“.

Das „köstliche Fundament des Rathauses“ – diesen Spitznamen trägt der Bremer Ratskeller nicht ohne Grund. Die Gewölbe unterhalb des Liebfrauenkirchhofs und des Domshofs beherbergen nicht nur eine der traditionsreichsten Gastronomien Bremens, sondern auch das weltweit größte Sortiment ausschließlich deutscher Weine. Als Teil des Bremer Rathauses zählt der Ratskeller zum UNESCO-Weltkulturerbe und beeindruckt mit seiner über 600 Jahre alten Geschichte.

Bildlegende (in der Reihenfolge) :
Reihe 1: Die Bremer Stadtmusikanten, Bremer Rathaus, Handelskammer
Reihe 2: Schild der Ratskellerverwaltung, Eingang zur Weinhandlung, Weine in der Weinhandlung
Reihe 3: Treppe zur Gastronomie „Bremer Ratskeller“, Senats- & Kaiserzimmer, Skulptur der Bremer Stadtmusikanten im Senatszimmer
Reihe 4: Schatzkammer (3 Bilder)
Reihe 5: Gang vor der Schatzkammer, 2 Fässer im Apostelkeller – diese enthalten Rheinweine aus dem 18. Jahrhundert.

An der Stirnseite des Rosenkellers befindet sich das „Rosefass“, in dem der berühmte Rüdesheimer Wein von 1653 lagert.

Details zum Bremer Ratskeller

Früher wurden ausschließlich Weine von Rhein und Mosel im Ratskeller gelagert – heute umfasst das Sortiment deutsche Weine aus allen 13 Anbaugebieten. Von je her wacht der Ratskellermeister über die Bestände. Ein großer Teil der wertvollen Weine – mit Ausnahmen der alten Rose- und Apostelweine – ging in den Nachkriegswirren verloren. Heute werden in der Schatzkammer des Ratskellers wieder herausragende Flaschenweine aller Jahrgänge archiviert. Insgesamt eine Sammlung von unschätzbarem Wert.
Der BREMER RATSKELLER ist auch ein Weinhandel. Das Sortiment erstreckt sich über sämtliche Weinarten, Geschmacksrichtungen sowie Preisklassen und umfasst ausschließlich Weine aus den 13 deutschen Anbaugebieten. Neben ausgesuchten Weingutsweinen führen man überwiegend exklusive Eigenabfüllungen, die man im engen Kontakt zu den Winzern für den BREMER RATSKELLER an- und ausbauen lässt. Durch diesen Fokus bleiben man der Tradition des Hauses, aber auch dem Regionalitätsgedanken treu. Auf den Flaschen bürgt das Bremer Senatswappen für verbriefte Qualität die durch strenge Selektion noch auf die Spitze getrieben wird: Wie seine Amtsvorgänger (zuletzt Karl-Josef Krötz) verkostet Ratskellermeister Frederik Janus jährlich rund 3.000 Weine, von denen er nur die überzeugendsten für unser Sortiment auswählt.

Weiterführende Links, ausserhalb dieser Webseite:

Ratskellermeister Karl-Josef Kroetz – Vita

ehem. Ratskellermeister Karl-Josef Kroetz – Abschied

Bremer Ratskeller – Geschichte

Bremer Ratskeller – Gastronomie

Bremer Ratskeller – Weinhandel