Weine aus Tschechien
Eine schöne Tradition hat sich im Verein im dritten Jahr seines Bestehens etabliert: die kulinarische Weinprobe als Ausklang und Höhepunkt des Weinjahres.
Geselligkeit, Gemeinschaft, Genuss, und dazu Gutes Essen, das lockte auch in diesem Jahr wieder viele Genussfreunde in den evangelischen Gemeindesaal, der sich in den Landesfarben festlich dekoriert präsentierte. Die kreativen Ideen hierzu kamen von Jutta und Ingo Hühn.


Nach der Wachau in 2023 und „Wild und Wein“ in 2024 hatte der Vorstand sich in diesem Jahr für das Thema Tschechien entschieden, konkret die Gegend rund um die neue Partnerstadt Mikulov.
Für das Catering fragte man natürlich bei Kochfreund Roger Ullrich an. Und der war anfangs bezüglich der Themenwahl eher reserviert. Er habe bislang nur wenig Erfahrung mit der tschechischen Küche. Der Vorstand der GenussSpechte indes setzte vollstes Vertrauen in Rogers Kreativität.
Und wie es sich zeigte, absolut zu Recht.


Der Reihe nach: nachdem Hendrik Ruitenberg die teilnehmenden Mitglieder und Gäste begrüßt hatte, gab er zunächst Einblicke in das Weinland Tschechien, genauer das Anbaugebiet Mähren und seine Subregionen, eine davon Mikulov. Natürlich kam zur Sprache, dass Franz Künstler aus dieser Gegend stammte.
Für jeden Wein und jedes Weingut hatte Ruitenberg Steckbriefe, Fotos, Luftaufnahmen, Innenansichten, so dass man genau nachvollziehen konnte, welche Winzerfamilie hinter dem gerade genossenen Wein stand und wie und wo er gewachsen und ausgebaut war. Reisepläne kamen aus dem Publikum schon bei den ersten Fotos auf. So war es interessant, zu erfahren, dass viele Weingüter Stellplätze für Camper oder Ferienwohnungen anbieten.
Als Einstieg in die Probe kam der einzige Rotwein des Abends ins Glas, ein 2022 Frankovka (Blaufränkisch) Auslese – Reserva trocken des Familienweinguts Skoupil in Velké Bílovice. Ein weicher, tiefer Rotwein mit einer Reifezeit von 24 Monaten in Eichenfässern.
Zum ersten Weißwein, einem Hibernal Spätlese trocken, ebenfalls von Skoupil, servierte Roger mit fleißiger Unterstützung der Teilnehmenden beim Heraustragen der Teller den ersten Gang, Prager Schinken auf Curryrahmkraut, und erläuterte seine Herangehensweise an das anfangs eher mit Skepsis betrachtete Thema. Hier gibt´s die Menüfolge.
Er habe viel über die tschechische Küche recherchiert, die sehr deftig sei, und sich entschieden, die typischsten Zutaten zu nehmen und mit Leichtigkeit und etwas internationaler Finesse neu zu interpretieren. In Ergänzung kündigte er ein Überraschungshäppchen an, das nichts, aber auch gar nichts mit dem Thema zu tun habe. Die GenussSpechte waren gespannt.
Sauerkraut mit Curry zu aromatisieren, auf die Idee war noch kaum jemand gekommen im Publikum – es passte jedoch so gut zum Hibernal, einer pilzresistenten Neuzüchtung aus Riesling x Seibel, als wäre es dafür gemacht gewesen. Und dass, obwohl niemand die Weine vorher probiert hatte.
Im Anschluss folgte ein Wein aus einer landestypischen Rebsorte, dem Pálava (der schon auf der Reise nach Mikulov anlässlich der Städtepartnerschaft in 2022 viele Fans gewonnen hatte), hier ein 2024er vom Weingut Volařík in Mikulov
Der Pálava ist eine mährische Rebsorte, nach dem Naturschutzgebiet Pálava benannt und ist eine Kreuzung aus dem Roten Traminer mit Müller Thurgau.
Zum 2018 Riesling von Víno Marcinčák, Mikulov folgte das Überraschungshäppchen: salzige Cracker mit Sauerrahm und Tobikko Wasibi. Tobikko ist der japanische Name von Fliegenden Fischen und die Wasibi-Variante sieht aus wie grüner Kaviar.
Dieser kleine Ausflug kam sehr gut an.
Zum nächsten Gang, einer Pilzrahmsuppe mit Knobicroutons, kamen nacheinander ein 2023 Zímarky Pálava Spätlese, trocken von Skoupil und ein 2022 Kotelná Welschriesling Spätlese, trocken von Volařík ins Glas. Man vermutet, dass der Welschriesling ursprünglich aus Tirol seinen Weg in die Gegend gefunden hatte. Zum Glück gab es von der Suppe noch Nachschlag, sie war köstlich.
Die Pause nutzte man zur Vorstellung des Programms für das nächste Jahr.
Der nächste Gang rief einige „ahs“ und „ohs“ hervor, schon von der Optik und erst recht beim Probieren. Roger servierte ein Rote Beete Carpaccio mit Meerrettichpüree und einem Tatar von geräucherter Forelle. Im Glas gesellten sich eine Hibernal Spätlese trocken und danach eine Johanniter Auslese halbtrocken, beide von Volařík, hinzu. Der Johanniter ist ebenfalls eine „Piwi“ Sorte, also eine Neuzüchtung (Riesling x Seyve Villard x Pinot Gris x Chrupka bílá.)
Die halbtrockene Pálava Auslese vom Weingut Volařík begleitete den Hauptgang, Rindergulasch mit hausgemachten Semmelknödeln. Beim Gulasch hatte Roger den sonst üblichen Zwiebelanteil deutlich reduziert, was als Begleitung für eine Weinprobe genau richtig war. Auf den Hinweis, dass man sich in der Küche noch ein kleines On Top holen könne, gab es eine kleine Stampede, umkommen sollte schließlich nichts von den herrlichen Gerichten.
Danach wurde es süß – sowohl im Glas, als auch auf den Tellern.
Kleine Buchteln mit Pflaumenmusfüllung an Vanillesahne und dazu einen Purmice Pálava Auslese süß von Volařík und einen Roten Traminer Auslese RESERVA süß von Skoupil. Diese Weine kleideten den Gaumen aus, nahmen die Süße des Desserts wunderbar auf und natürlich gab es am Ende donnernden Applaus für Roger und Kerstin, die ihm den ganzen Tag schon in der Küche zur Hand gegangen war, sowie je eine Flasche Wein, keine Hochheimer Blumen, sondern aus Mikulov.

Als kleine Entschädigung für die schwierige Themenwahl hatte der Vorstand im Vorfeld die Idee entwickelt, dass Roger sich in 2026 zunächst die Speisen ausdenkt, man danach die passenden Weine aussuchen werde.
Zwischen den vorgeschlagenen Schwerpunkten Spanien oder rund um das Mittelmeer inklusive Levante zeichnete sich ein Konsens für Spanien ab. Man darf gespannt sein. Olé!
Viele helfende Hände packten am Ende beim Aufräumen mit an, bevor sich alle gut gelaunt auf den Heimweg begaben.

Wie üblich wurde Susannes Artikel auch in der Hochheimer Zeitung veröffentlicht. Hier der entsprechende Link.
