Genussreise nach Bremen vom 1. bis 3. März 2024

Reisebericht von Susanne Ruitenberg

Wenn Engel Reisen, heißt es in Bezug auf Reisewetter. In dieser Hinsicht hatten wir großes Glück. Blauer Himmel und strahlende Sonne begleiteten uns auf unserer ersten Genussreise nach Bremen, die Rosel Zahn organisiert hatte.
Moment – Bremen und Wein? Ja, dort wächst (noch) keiner, das kann sich durch den Klimawandel jedoch in absehbarer Zukunft ändern. Bremen und Wein gehören indes schon seit Jahrhunderten zusammen.

Die Anreise organisierten die Teilnehmenden selbst. Auto, Bahn, Camper, alles war dabei.
Das Hotel war das erste Highlight – ganz nah am Rathaus, schöne Zimmer, Blick auf das Glockenspiel der Böttcherstraße und erst das Frühstücksbuffet! Es lohnte sich, einen Tag früher anzureisen.

Am Freitag, den 1. März trafen wir alle pünktlich vor dem Bremer Rathaus ein. Auch die Bahnfahrer:innen, womit in diesen Zeiten nun wirklich niemand gerechnet hätte.
Claudia Staffeldt nahm uns dort für eine Kellerführung mit Weinprobe in Empfang. Mit einem Begrüßungssekt, wie es sich gehört.

Während wir alles erkundeten, erzählte Claudia Interessantes aus der Geschichte des Ratskellers.
Seit 1405 dient der Keller des Bremer Rathauses als Weinkeller, anfangs bekam man den Wein in Fässern geliefert und füllte selbst. Heute ist der Fasskeller ein Relikt vergangener Zeiten und die Fässer nur mit geschwefeltem Wasser gefüllt, damit sie nicht kaputtgehen.
Da das Ensemble seit 2004 Teil des UNESCO Weltkulturerbes ist, darf nur wenig daran verändert werden und die Arbeit in dem weit verzweigten Ensemble mit dem altmodischen Hochregallager ist eine ergonomische Herausforderung. So passt z.B. die normale Europalette nicht in den Aufzug, es fehlt haargenau 1 Zentimeter! Jede Weinkiste muss heruntergehoben und mit einem Wägelchen in die nächste Etage befördert werden. Besonders imponierten uns ein sehr alter Schrank mit unzähligen schmalen Schubladen, in dem Etiketten lagern, diverse museumsreif anmutende Geräte und der Kontrast zwischen den ganz alten Teilen des weit verzweigten Kellers mit der modern eingerichteten Probenecke.

Eine trockene Kellerführung macht keinen rechten Spaß, deshalb gab es in regelmäßigen Abständen einen Boxenstopp. Zu jedem Wein reichte Claudia uns eine speziell dafür kreierte Praline aus der Werkstatt des Schokoladenkünstlers Nick van Heynigen. Dieser hat bei Hachez gelernt und sich selbständig gemacht. Hachez produziert nicht mehr in Bremen, ist daher als Bremer Geschenk ungeeignet. Nick hingegen ist hier und kreiert spezielle Pralinen für den Ratskeller, in Abstimmung zu den Weinen, die vorher ausgiebig verkostet werden. Auf Neudeutsch sagt man dazu win-win Situation. Toller Job. Ob er eine Sekretärin braucht?

Jeden Wein probierten wir zunächst für sich, bissen anschließend von der Praline ab und erkundeten, wie sich das Ensemble im Gaumen verändert, wenn man den Wein über die Schokolade laufen lässt. Wie sich die Aromen gegenseitig verstärken und herauskitzeln, war für alle ein Erlebnis. Claudia ließ uns dabei die Aromen der Schokolade sowie die Rebsorten der Weine erraten.

Die Probenfolge war:

Albertino trocken, Weingut Altes Zollhaus (Nahe) zu einer Himbeer-Marzipan Praline;

2022er Nußdorfer Herrenberg Sauvignon Blanc trocken, Weingut Lergenmüller (Pfalz) zu einem Täfelchen mit Orange;

2022er Forster Schnepfenflug Riesling halbtrocken, Forster Winzerverein (Pfalz) zu einer Olivenöl-Salz-Praline;

2022er 71/95 Cuvée Rosé trocken, Weingut Bernhard (Rheinhessen) zu einer Vollmilch-Cassis-Praline;

Rot und Wild Rotweincuvée trocken, Weingut Hirsch (Württemberg), zu einer Glühwein-Praline.

Besondere Ehrfurcht hatten wir vor der Schatzkammer. Dort lagern noch edelsüße Weine aus allen Jahrzehnten. Einst kam ein Kunde mit dem Privatjet angeflogen, um eine davon zu erwerben, erzählte uns Claudia. Obwohl er die gleiche Flasche bereits im Keller hatte. Ja, aber die war nicht für seine Gäste, die wollte er selbst behalten.

Am Ende des Rundgangs gesellte sich Karl-Josef Krötz, der Ratskellermeister a.D., zu uns. Er hatte für uns im letzten November eine Weinprobe mit besonderen Weinen und Geschichten aus dem Ratskeller durchgeführt, die für alle ein unvergessliches Erlebnis war. Als Highlight führte er uns selbst in den Apostelkeller mit den 12 Fässern – unter anderem ein Hochheimer Wein aus dem Jahr 1727 – und in den Rosekeller mit dem ältesten Rüdesheimer Wein von 1653.

Im Anschluss an die Kellerführung gingen wir durch geheimen Durchgang direkt in das Restaurant des Ratskellers zu einem gemütlichen Abendessen, inklusive Herrn und Frau Krötz. Er spendierte uns einen hervorragenden Spätburgunder aus einer Magnumflasche, den er zu seinem Ausstand geschenkt bekommen hatte.

Einige der Teilnehmer:innen fanden sich am Ende des Abends an der Hotelbar wieder. 7 Seiten Cocktails auf der Karte! Klassiker wie „Singapore Sling“, aber auch noch nie gehörte wie „Take the Tram“. GenussSpechte sind neugierig, insbesondere im Hinblick auf Getränke.
Es wurde lustig.

Der nächste Tag hatte ein volles Programm und wir mussten daher früh aufstehen, wenn wir das luxuriöse Frühstücksbuffet (Krabben! Lachs! Eier in allen Varianten! Käseplatte! Obstauswahl! u.v.m.) ausgiebig genießen wollten.
Um 9h30 trafen wir uns zum Stadtrundgang auf den Treppen des Doms ein. Die Bremer Innenstadt hat den Vorteil, dass sich die wichtigsten Sehenswürdigkeiten in einem Quadrat mit 400 m Kantenlänge befinden, so dass auch diejenigen, die weniger gut zu Fuß sind, nicht darauf verzichten mussten. Reiseführer Dr. Klostermann unterhielt uns mit Bremer Humor und kurzweiligen Anekdoten. Er führte uns an den berühmten Stadtmusikanten aus Bronze vorbei, zum großen Standbild von Roland, der Symbolfigur für Freiheit und Rechte der Stadt, durch die Böttcherstraße – mit einer kurzen Verweilzeit vor der Bremer Bonbonmanufaktur, bei der Klostermann, wie bei „Schülerführungen“ J üblich, in den Laden huschte und jedem von uns eine Kostprobe der handgemachten Hartkaramellen reichte. In der Böttcherstraße hatte einst Ludwig Roselius seinen Firmensitz, der Gründer von Kaffee Hag und Erfinder des koffeinfreien Kaffees. Daran verdiente er zwei Mal – einerseits am Kaffee, andererseits am Koffein, das er an die Pharmaindustrie verkaufte (sehr clever). Roselius kaufte die gesamte Straße und ließ sie von 1923 bis 1931 komplett umbauen und künstlerisch gestalten. 1926 ließ er ein Museumshaus für die Künstlerin Paula Modersohn-Becker errichten, sie war damit die erste weibliche Künstlerin, der ein eigenes Museum gewidmet wurde.

Von dort gingen wir zum Schnoor, dem ältesten Bremer Viertel, in dem die kleinen, malerischen Häuser wie an einer Schnur aufgereiht stehen. Hier findet man, neben interessanten Läden, auch eine vielfältige Gastronomie. In den 50er Jahren sollte das Viertel abgerissen werden. Zum Glück konnten engagierte Bremer das verhindern!

Nach dem Stadtrundgang gingen wir zurück zum Dom, zu einer Orgelführung nebst Vorspiel. Der Bremer Dom hat fünf Orgeln; wir kamen in den Genuss der Sauer-Orgel, die mit 100 Registern zu einer der größten im norddeutschen Raum zählt. Alles wurde uns genau erklärt, Tonfolgen mit verschiedenen Registern angespielt, damit man die Unterschiede erkennen kann. Es ist atemberaubend, wie der Organist mit vier Tastaturen sowie einer kompletten Tastatur als Fußpedale sich in alle Richtungen gleichzeitig bewegt, es mutet fast schon als Akrobatik an für Laien. Man hätte den Ausführungen stundenlang zuhören können. Im Anschluss folgte eine Führung durch den Dom selbst. Der erste Dom zu Bremen wurde 789 geweiht. Das Gebäude wurde mehrfach zerstört und hat heute Teile aus verschiedenen Epochen, die sich zu einem harmonischen Ganzen zusammenfügen.

Am Abend folgte der Höhepunkt der Reise – ein erlesenes Menü mit Weinbegleitung im Senatszimmer des Bremer Ratskellers. Diesmal begrüßte Claudia Staffeldt uns gleich mit zwei Sekten, einem weißen und einem roten. Sie führte uns nicht nur durch das Menü, sondern saß mit am Tisch und nahm teil, was zu einer sehr geselligen und entspannten Atmosphäre führte.

Die Menüfolge:

Carpaccio von gebackenen Rüben mit mariniertem Fetakäse und Rucola-Pesto. Hierzu gab es einen 2022er Oppenheimer Sackträger Riesling trocken, „Eiswette 2024“, Rheinhessen sowie einen 2022er Johannisberger Riesling feinherb „Eiswette 2024“, Rheingau;

Rahmsuppe aus Nordseekrabben mit Dillsahne, dazu ein 2022er Rotling halbtrocken, Weingut Staatlicher Hofkeller, Franken;

Rosa gebratenes Roastbeef vom Wesermarsch-Rind mit kräftiger Rotweinsauce, grünen Bohnen und Kartoffelgratin, dazu gab es einen 2021er Spätburgunder trocken, Edition „Ratskellermeisters Liebling“, Pfalz sowie einen 2016er Lemberger trocken „Gipskeuper“, VDP Ortswein, Württemberg;

Lauwarmer Mandelkuchen mit Kirschragout und Bourbon-Vanilleeis, dazu ein 2010er Wintricher Ohligsberg Riesling Spätlese von der Mosel sowie – ein ganz besonderes Tröpfchen – ein 2018er Frech & Frey Trockenbeerenauslese aus Spätburgunder/Merlot/Dunkelfelder/St. Laurent aus der Pfalz.

Ein gelungener Abschluss dieser Genussreise und Hendrik bedankte sich bei Claudia Staffeldt sowie Rosel mit Blumen in flüssiger Form (wer ihn kennt, weiß, von welchem Weingut aus den Niederlanden).

An der Bar war es leider durch die zum Rauchersalon offenstehende Tür etwas verqualmt. Aber man kann ja auch ein Getränk erwerben und mit aufs Zimmer nehmen …

Am nächsten Tag reisten die Bahnfahrer wieder ab, die Camper und die Autofahrer verlängerten noch. Wir genossen einen sonnigen Sonntag in Bremen.

Genuss- und Gaumenfreuden schließen das Weinjahr

GenussSpechte erschmecken die Wachau

(HWG)

Geselligkeit, Gemeinschaft, Genuss, das kann man als Motto über die bisherigen Veranstaltungen der erst in diesem Jahr gegründeten GenussSpechte setzen. Dabei kommt die Vertiefung von Weinwissen nicht zu kurz. Als Ausklang des Weinjahres veranstaltete der Verein am 17. November eine kulinarische Weinprobe [hier geht´s zur Probenliste mit allen Gaumenfreuden] mit Weinen aus der Wachau, vorgestellt von Sophie Denk. Sophie ist durch Sabine Wagner, ehemalige Hochheimer und Rheingauer Weinkönigin und Deutsche Weinprinzessin nach Deutschland gekommen, kennen gelernt haben sie sich beim gemeinsamen Masterstudiengang in Österreich. Viele der Probenteilnehmerinnen und Teilnehmer hatten Sophie beim Weinbattle Deutschland – Österreich im Weinbaumuseum, zusammen mit Sabine, erleben dürfen und wussten, das wird ein kurzweiliger Abend.

Die kulinarischen Highlights kamen von Kochfreund Roger Ullrich, der im Vorfeld die Weinliste mit sehr genauen Weinbeschreibungen bekommen und für jeden Wein passende Löffelhäppchen und kleine Tellergerichte gezaubert hatte.

Nach einer Begrüßung der Vereinsmitglieder und zahlreichen Gäste durch Vorstand Hendrik Ruitenberg wurde es zunächst prickelnd im Glas durch einen Sparkling WHITE brut, Muskateller Frizzante vom Weingut Donabaum „Strawanzer“.

Sophie hatte eine sehr informative Präsentation über die Wachau, ihre Böden, geographischen Besonderheiten, Sehenswürdigkeiten und Winzer vorbereitet, die sie mit Witz und Charme vortrug. Zufälligerweise kamen die Weine alle aus ihrem Heimatort – über eine weitere Wachauprobe „alles, außer dem Ort Spitz“ wird bereits nachgedacht.

In der Wachau, einem der kleinsten Anbaugebiete Österreichs, gibt es keine Anreicherung der Weine und Handlese ist Pflicht. Es wird vorwiegend Weißwein angebaut, Leitrebsorten sind Grüner Veltliner und Riesling, dazu kommen die Burgunder- und Aromarebsorten. Bedingt durch die Steillagen sind Terrassen angelegt und es gibt viele Trockenmauern. Kulinarische Pausen kann man im Heurigen bei kalten Speisen und im Buschenschank bei warmen Speisen genießen.

Das Besondere an der Wachau ist auch die Klassifizierung: Steinfeder für leichte, fruchtige Weine; Federspiel, für gehaltvollere Weine mit Alkoholwerten zwischen 11,5 bis 12,5 und Smaragd für die gehobenen ab 12,5 Alkohol.

Zum ersten Wein, einem kalmuck Pink Rosé 2022, servierte Roger einen Löffelbissen von Ziegenfrischkäse mit Speckchip und altem Balsamico. Roger ließ es sich nicht nehmen, jeden Gang persönlich anzusagen und zu erläutern, wie er ihn ausgewählt und zubereitet hatte. Dank vieler helfender Hände ging das Servieren und Abräumen flott und die Paarungen Wein und Speise steigerten sich von Gang zu Gang.

Zum Grünen Veltliner Federspiel vom Weingut Schöberl gab es geröstetes Graubrot mit einem Pesto von Kürbiskernöl – ein Gedicht, wie die Teilnehmenden einvernehmlich feststellten.

Gelber Muscateller ergänzte aufs Vortrefflichste die frisch-fruchtigen Aromen des Kürbis-Orangensüppchens mit Ingwer und Nussbutterschaum.

Das Saiblingsfilet auf karamellisiertem Fenchelgemüse wurde von einem Riesling und einem Grauburgunder begleitet, während der Hausgemachte Semmelknödel mit Morchelrahm gut zu Neuburger Smaragd und Weißburgunder Smaragd passte.

Neuburger ist eine Rebsorte, die es fast ausschließlich in der Wachau gibt und die eine natürliche Kreuzung aus Rotem Veltliner und Sylvaner ist, wahrscheinlich auch dort entstanden.

Das Schnitzelchen vom Kalbsfilet an schlotzigem Kartoffelsalat mit Salatgurke präsentierte sich mit einem Grünen Veltliner Smaragd.

Zum einzigen Rotwein schließlich servierte Roger als Gruß aus der Küche – der für gewöhnlich am Anfang eines Menüs steht – eine Schokomousse aus Valrhona Schokolade auf einem Löffelchen. Valrhona, im Rhônetal beheimatet, ist laut aller Profiköche die beste Schokolade der Welt. Kann man bestätigen.

Bemerkenswert ist, dass das Glöckchen trotz fortschreitenden Abends nur als Signal diente, dass Sophie jetzt weiterzusprechen gedachte. Die Aufmerksamkeit der Zuhörerinnen und Zuhörer ließ nie nach und der Geräuschpegel blieb moderat.

Und last but not least – was wäre die Wachau ohne die Marillen, denn auch diese werden dort angebaut und zu allerlei Leckerem verarbeitet. Zu einem Röllchen vom Palatschinken (kleiner Pfannkuchen) mit Marillenmarmelade, hausgemacht von Sophies Mutter, gab es natürlich zwei verschiedene Marillenschnäpse zur Auswahl, einen gereifteren, weichen und einen sehr jungen knackigen. Es ist nicht mehr genau festzustellen, wer im Publikum auf die Idee kam, den Refrain des Mariandl Liedes (aus dem Wachauer Landl) anzustimmen – Sophie verblüffte die Zuhörer mit einer astrein ton- und textsicher vorgetragenen Darbietung des Liedes – den Refrain sang das Publikum lauthals mit.

Begeisterter Applaus und als Dankeschön für Sophie einen niederländischen Wein, für Roger einen der Wachauer Weine, beschlossen den Abend.

Auch das Aufräumen war in der Gemeinschaft schnell erledigt und man darf gespannt sein, welche Weinentdeckungen im nächsten Jahr auf die GenussSpechte warten.

Weitere Informationen über den Verein findet man unter www.genussspechte.de, die Webseite des Hochheimer Weinclub – die GenussSpechte e.V. – für alle Weingenießerinnen und Weingenießer – ob Profis oder ambitionierte Laien.

Die etwas andere MARKTWEINPROBE

GenussSpechte entdecken den Bremer Ratskeller

(HWG)

Manche Weinproben benötigen Jahre des Vorlaufs und der Vorbereitung. Die Idee für diese entstand 2016 bei einem Treffen der Gemeinschaft der Deutschsprachigen Weinbruderschaften (GDW), abends in der Weinbar, ein Ort wie geschaffen Geistesblitze. Genauer gesagt bei Gesprächen zwischen den Ruitenbergs und Karl-Josef Krötz, der „Herr der Weine von der Weser“, Ratskellermeister des Bremer Ratskellers. Er ist nun im (Un)-Ruhestand und hat sich die Zeit nehmen können, eine Weinprobe außerhalb des Ratskellers – das war die erste – durchzuführen.

Ein Wehrmutstropfen – als einzige zeitliche Möglichkeit stand der Freitag, 3.11. zur Verfügung. Alle Hochheimerinnen und Hochheimer wissen, was das bedeutet: Marktfreitag. Daher „Die etwas andere Marktweinprobe“.

Als Austragungsort bot sich das Hochheimer Weinbaumuseum an.

Um 15 Uhr trafen sich die Vorstände, Eheleute Hühn und Ruitenberg mit weiteren helfenden Händen für die Vorbereitung: Tische stellen, Beamer aufbauen und testen, Tische dekorieren, Gläser eindecken. Vereinsmitglied Rosel Zahn hatte ihren Garten geplündert und eine dekorative, festlich-herbstliche Deko gezaubert.

Zusätzlich zu den Museumsgläsern wollte Hendrik Ruitenberg für die hochwertigen Weine des Abends größere Gläser haben. Aufgrund des Marktgeschehens – die Winzer benötigen ihre Gläser selbst – ging er fremd und besorgte sie auf der „Ebsch Seit“ in Mainz Hechtsheim, da auch ein Wein von dort kam (dazu später mehr).

Pünktlich um 19:00 Uhr begrüßte Ruitenberg die anwesenden Vereinsmitglieder und zahlreichen Gäste. Als Ehrengäste anwesend waren Dirk und Petra Westedt mit einer Delegation von Gästen aus der Partnerstadt Kölleda, Wolfgang Narjes, Ehrenpräsident des GDW, Dr. Franz Werner Michel vom Domdechant Werner’schen Weingut in Hochheim sowie Marcus Clauß vom Weingut Zehe-Clauß in Mainz Hechtsheim (ja, die Gläser waren von dort).

Wolfgang Narjes ergriff das Wort, dankt für die Einladung und betonte die Grundidee des GDW – Förderung der Weinkultur sowie Austausch über Wein mit Weinbruderschaften und Vereinen anderer Abaugebiete. Die GenussSpechte hätten mit ihrem fulminanten Start – erst im Januar 2023 gegründet und schon fast 30 Mitglieder und ein Jahr voller interessanter Veranstaltungen – bewiesen, dass sie das Handwerk verstünden.

Der erste Wein war nicht aus dem Ratskellerbestand. Herr Krötz hatte Hendrik Ruitenberg gebeten, jeweils einen Spätburgunder und einen Silvaner aus der hiesigen Umgebung zur Vorbereitung des Gaumens auszuwählen. Der Spätburgunder kam aus dem Weingut Bott in Mainz-Kostheim, womit sich ein Kreis schließt, ist Bott doch der Kellermeister und Betriebsleiter des Domdechant Werner’schen Weinguts, seit über 30 Jahren, wie Dr. Michel betonte.

Karl-Josef Krötz ist Winzer von der Mosel mit Abschluss in Geisenheim und war von 1989 bis Januar 2023 Ratskellermeister im Bremer Ratskeller.

Während die von Hendrik Ruitenberg nach Vorgaben von Herrn Krötz angefertigte Bildpräsentation gezeigt wurde, erklärte dieser, was es mit dem Ratskeller auf sich hatte.

Bremen war bereits im Mittelalter ein wichtiger Umschlageplatz für Wein. 1342 wurde ein „Stadtweinkeller“ urkundlich erwähnt. Dieser zog 1405 in das Kellergewölbe des neu gebauten Ratshauses ein – das köstliche Fundament des Ratshauses wird er genannt. So manch ein Beschluss wurde seitdem nicht oben in den Rathaussälen, sondern eher in den unteren Etagen gefasst. Gerne wird auch mal ein Botschafter oder Politiker zur Auflockerung bei einem Glas Wein dort abgegeben, bevor es in Verhandlungen geht.

Bestrebungen mancher Bremer Weinimporteure, auch ausländische Weine in den Bestand aufzunehmen und den Ratskeller als Marketinginstrument zu nutzen, konnte Krötz erfolgreich konterkarieren und sogar 2004 die Aufnahme in das UNESCO Welterbe erreichen – als Weinarchiv für ausschließlich deutsche Weine. Über 1250 verschiedene Weine – vom Schoppenwein zum Spitzenerzeugnis – befinden sich dort, u.a. über 250 Trockenbeerenauslesen in der Schatzkammer sowie alte und sehr alte Jahrgänge. Im Apostelkeller liegen Weine aus dem 18. Jahrhundert! Ein Hochheimer von 1727, ein Johannisberger von 1783 sowie Rüdesheimer von 1748 bis 1784. Im Rosekeller liegt das berühmte Rosefass, in dem ein Rüdesheimer Wein von 1653 lagert.

Im Ratskeller werden Weinproben und Führungen angeboten und in den Räumen des Gastronomiebetriebs kann man typische Gerichte wie Labskaus, aber auch erlesene Menüs mit Weinbegleitung genießen sowie alle Arten von Feiern durchführen. Die Priölken (Bremer Wort), kleine Separees, wurden für so manches Geschäftsessen und Abschluss von Deals genutzt. Bremer Kaufleute üben sich im Understatement. Eines der Mottos könnte lauten „du sollst nicht protzen“. Sie sind daher eher geneigt, Sterneköche bei sich daheim kochen zu lassen, mit entsprechenden Zutaten und Weinen, als in einem Sternerestaurant gesehen zu werden.

Während der Verkostung [hier ist die Probenliste] von Großen Gewächsen (GG) aus Spätburgunder, Lemberger und einem Cuvée aus Cabernet und Merlot erklärte Krötz den aufmerksamen Probenteilnehmenden, wie er Weine auszuwählen pflegte: Er besuchte Winzer, Weinmessen und Gebietsverkostungen und ließ sich Weine, die ihm gefielen, nach Bremen schicken. Dort verkostete er sie erst gekühlt und ließ sie anschließend bei Zimmertemperatur stehen. Nur Weine, die nach dieser Standzeit noch genießbar waren, also weder flach noch fehltönig, hatten die Chance, in den Bestand aufgenommen zu werden.

Zur Vorbereitung des Gaumens auf die zu verkosteten Weißweine hatte Krötz um einen Silvaner gebeten und Ruitenbergs Wahl fiel auf den 2023 Blauer Silvaner Trocken, Edition MC, vom Weingut Zehe-Clauß in Mainz Hechtsheim. Marcus Clauß stellte den Wein selbst vor. Blauer Silvaner müsste eigentlich eher Roter Silvaner heißen, geht doch das Farbenspiel der Beeren bei der Reife ins Rötliche. Der Wein hat eine feine Frucht und dezente Säure und ist so beliebt bei den Kunden, dass die Anbaufläche im Weingut noch erweitert wird. Auch Herr Krötz war von diesem Wein sehr angetan.

Anschließend kam ein barriquegereiftes Silvaner GG aus Franken zur Verkostung, ein Riesling GG von der Nahe, einer Scheurebe, die auch GG-Qualität hat, einer 2015er Weißburgunder Auslese aus dem Barrique – vanilletönig und sehr extraktreich. Daran schloss sich ein Bremer Senatswein von der Mosel an, das feinherbe 2022er Erdener Treppchen. Bei der Senatslese muss mindestens ein Mitglied des Bremer Senats anwesend sein. Bei Erdarbeiten hat man an diesem Weinberg zwei römische Keltern gefunden, von 150 bzw. 300 Jahren nach Christus und zum Besichtigen hergerichtet. Zum Abschluss wurde es süß – eine Riesling Beerenauslese vom Bopparder Hamm, sowie die letzte Flasche (und mit einem winzigen Dosierer maßgeschneidert serviert, so dass jeder etwas im Glas hatte) eines 2006er Erdener Treppchen Riesling Beerenauslese, Bremer Ratskeller, Erden, Mosel-Saar-Ruwer, aus dem Privatbestand von Herrn Krötz.

Nach dem Schlusswort dankte Ruitenberg mit zwei Flaschen niederländischer Beerenauslese – ja, gibt es – und die Teilnehmenden mit einem langanhaltenden Applaus für diese lehrreiche Weinprobe mit echten Raritäten im Glas.

Kulinarische Weinprobe

Die letzte Veranstaltung in diesem Jahr findet am Freitag, 17.11. ab 19:00 im Gemeindesaal der Ev. Kirche in Hochheim statt.

Diese Kulinarische Weinprobe wird von Sophie Denk geleitet.


Sophie Denk kommt aus der Wachau. Sie war eine Studienkollegin von Sabine Wagner (Hochheimerin – 2013/2014 Deutsche Weinprinzessin). Sophie lebt und arbeitet seit einiger Zeit in Deutschland. Bei der Veranstaltung „Weinbaumuseum am Abend“ am 24.11.2022 waren Sabine Wagner & Sophie Denk zuletzt zusammen in Hochheim aktiv: „Weine aus Deutschland und Österreich – Ein Länderkampf der besonderen Art“ war das Thema. Hier der Artikel aus der HZ:: http://kellerfunde.info/wp-content/uploads/2022/12/HZ_2022-12-02_L%C3%A4nderkampf.jpg

Sophie Denk stellt Weine aus ihrer Heimat der Wachau vor. Das passende Menü wird von unserem Kochfreund Roger Ulrich kredenzt.

Die 10 Weine, die Sophie mitbringt, spannen einen Bogen über die Weine der Wachau. Riesling, Weißburgunder, Grüner Veltliner und andere Rebsorten in den Qualitätsstufen Federspiel und Smaragd werden ausgeschenkt. Roger Ulrich reicht passende kleine Häppchen und Speisen zu den Weinen!

Freitag, 17.11. ab 19:00 Kulinarische Weinprobe im Gemeindesaal der Ev. Kirche Hochheim
Der Preis beträgt für Mitglieder 69,-€ / für Nichtmitglieder 74,-€ – Die Teilnehmerzahl ist begrenzt – Bittemitbringen
Bei Fragen zur Veranstaltung oder Interesse an einer Teilnahme an dieser besonderen Weinpeobe, freuen wir uns über eine Email an email@GenussSpechte.de

Wein erwandern – Wein erraten

Zwei sehr unterschiedliche Veranstaltungen der GenussSpechte

(HWG)

Es ist bei den GenussSpechten unüblich, in einem Monat gleich zwei Veranstaltungen durchzuführen. Volle Terminkalender und die nahende Lese führten zu diesem weinseligen September. Vom Format her hätten sie verschiedener kaum sein können.

Am Samstag, dem 9. September 2023 fanden sich 14 Teilnehmer*innen im Gutsausschank „Zum Woigiggel“ der Familie Velten zu einem Weinbergsspaziergang mit Weinprobe zusammen.

Die Veranstaltung begann, nach der Begrüßung durch Ingo Hühn und Ludwig Velten, mit einer kleinen Vesper und einem Glas Secco im Gutsausschank.

Gegen 19:45 Uhr ging es los. Ludwig Velten und Klaus Schmikl begleiteten den Weinbergsspaziergang. Jan Velten fuhr das Begleitfahrzeug von Station zu Station und brachte die gekühlten Weine und Zwischensnacks.

Bei der ersten Weinprobe, noch in der Neudorfgasse, wurde den Teilnehmenden ein Gelber Orleans gereicht. Jan Velten berichtete, dass vor einigen Jahren einmal die gesamten lesereifen Trauben des Weinbergs gestohlen wurden!

Weiter ging es, am Kriegerdenkmal in der Mainzer Straße entlang, in die Weinberge.

Wegen der einsetzenden Dunkelheit führte Ludwig Velten die Gruppe nicht, wie geplant, zu jedem einzelnen Weinberg, dessen Wein zur Verkostung kam. Es ging stattdessen den Herrnbachpfad entlang und zu vier weiteren Probestopps, unter anderem zum Küsterhaus und zum Kälberplatz.

Der heitere Ausklang dieses schönen, interessanten und erlebnisreichen Abends erfolgte im Gutsausschank.

Die GenussSpechte bedanken sich an dieser Stelle ganz besonders bei Ludwig Velten und Klaus Schmikl. Beide haben die Teilnehmenden an ihrem vielseitigen Wissen über Hochheim, die Weine und die Geschichten hinter den Toren teilhaben lassen und ihnen einen unvergesslichen Abend bereitet.

Vielen Dank auch an Familie Velten für ihre Gastfreundschaft und besonders an Jan, der trotz „voller Hütte“ die Boxenstopps versorgte.

Am Freitag, dem 15. September folgte die Masterclass-Weinprobe im Weinbaumuseum. Nach einer kurzen Begrüßung und Erläuterung von Hendrik Ruitenberg ging es los. Die Probe stand unter der Leitung von Arthur Fuchs, dem in Hochheim seit langem bekannten Weinexperten. Bei einer Blindverkostung von Rieslingen aus dem Rheingau, aus Rheinhessen und von der Nahe konnten die Teilnehmenden sich daran erproben, die Herkunft der Weine zu erschnüffeln und zu erschmecken. Es gab bei jedem der vier „Flights“ (Probengruppen) drei Weine, einer aus jedem beteiligten Anbaugebiet. Die Reihenfolge wechselte dabei jeweils. Arthur lieferte, neben vielen heiteren Weinsprüchen, nur Basisinformationen über die Weine wie Alkohol-, Restzucker- und Säurewerte. Die Teilnehmenden probierten und tauschten sich eifrig über die Weine aus. Wie sehr verraten der Duft und der Geschmack die Herkunft? Wer kann welche Früchte herausschmecken? Die Flights stiegen in ihrer Wertigkeit – von Kabinett trocken und feinherb zu Großen Gewächsen. Viele der Teilnehmenden lagen mit ihren Einschätzungen richtig. Wahrscheinlich hatten sie vorher heimlich geübt.

Wer Lust hatte, konnte sich daran versuchen, die Weine zu bewerten wie professionelle Verkoster – möglichst neutral, also ohne die eigenen Vorlieben in die Bewertung einfließen zu lassen.

Natürlich hat Arthur nach jedem Flight die Weine aufgedeckt und detailliert beschrieben, wobei manche Formulierungen der weinschreibenden Zunft, der Fachpresse entnommen, für Heiterkeit sorgten. Es war für alle, Anfänger wie Geübte, eine tolle Erfahrung, sich voll auf den Geruch und den Geschmack des Rieslings zu konzentrieren und die Unterschiede zu erkennen, ohne vom Flaschenetikett beeinflusst zu werden.

Als Dankeschön durfte der Probenleiter einen 2012er Hochheimer Riesling Alte Reben entgegennehmen.

Weinprobe in der Zehntscheune

Hervorragende Weinprobe in der Zehntscheune
GenussSpechte genießen Weine vom Domdechant Werner’schen Weingut (HWG)

Am Mittwoch, den 30. August, fanden sich die GenussSpechte in der Zehntscheune ein, für eine Weinprobe mit Weinen vom Domdechant Werner’schen Weingut, geleitet von Catharina Mauritz.

Nach der Begrüßung der Teilnehmenden durch Vorstand Hendrik Ruitenberg startete die Probe mit einem sommerlichen Rosé und einleitenden Worten von Catharina, die einen Überblick über die Historie des Weinguts und insbesondere der Zehntscheune gab. Dieses wunderschöne Gebäude aus Bruchsteinen diente der Lagerung der Naturalabgaben, als die Menschen noch den „Zehnten“ abliefern mussten. Heute ist es ein beliebter Veranstaltungsort, wird aber während der Lese aber auch für die Kelter genutzt.

Alle Gebäude des Weinguts stehen unter Einzeldenkmalschutz.

Das Weingut gibt es seit 1780, jetzt in 8. Generation, und es ist seit über 100 Jahren Mitglied im VDP, dem Verband der Prädikatsweingüter. Catharinas Großvater leitete es bis 1982, dann übernahm ihr Vater, Dr. Franz Michel.

Ihr ältester Sohn Ferdinand hat eine Winzerlehre absolviert und beginnt in Kürze mit dem Studium in Geisenheim, die nächste Generation wird also gut vorbereitet an den Start gehen und er wird der erste „echte“ Önologe der Familie sein. Über diese Nachricht freuten sich die Teilnehmenden sehr.

Nicht nur in Sachen Familie baut das Weingut auf Kontinuität. Besonderen Wert legt man auch auf einen guten Umgang mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Das sieht mach auch an der langen Betriebszugehörigkeit. So ist Michael Bott schon seit über 30 Jahren Kellermeister. Ute Fischer, die das Gutsbüro betreut und im Vertrieb arbeitet, ist mehr als 10 Jahre dabei. Sie nahm an der Probe teil und unterstützte Catharina beim Ausschenken.

Das Weingut baut fast ausschließlich Riesling an und ist insbesondere für die Auslesen bekannt, dazu später mehr.

Ca. 2% machen die Früh- und Spätburgunder aus, wie der eingangs erwähnte Rosé, bei dem die beiden Burgundersorten zusammen gelesen und vergoren wurden. 60% der Weine gehen in den Export.

Aufgrund des Klimawandels ist der Oechslegrad bei der Lese nicht mehr das ausschlaggebende Kriterium, führte Catharina weiter aus. Heute geht es darum, allen Wetterkapriolen zum Trotz, gesundes, vollreifes Lesegut hereinzuholen, bei einem Lesefenster, das immer kleiner wird, insbesondere hier mit praktisch einer einzigen Rebsorte. War es früher meist kalt und nass, so hat man heute eher das Problem, dass die Lese oft bei brütender Hitze stattfindet und die Gärung schon im Weinberg beginnt. Von daher setzt man beim Domdechant Werner’schen Weingut auf eine akribische Vorlese – Aussortieren aller „unerwünschten“ Beeren – und anschließende Lese mit dem Vollernter morgens um 4 Uhr, denn die Maschine benötigt kein Tageslicht dank der Scheinwerfer und so gelangt das Lesegut noch kühl auf die Kelter.

Das Weingut ist „Fair Choice“ zertifiziert. Das bedeutet, es wird kein Herbizid eingesetzt, Wert auf Nachhaltigkeit und soziale Standards gelegt. Von den Kolleginnen und Kollegen, die Öko-Weinbau betreiben, habe man sich vieles abgeschaut, wie Begrünung und gezielte Zwischeneinsaat. Das Problem bei einer Öko-Zertifizierung sei jedoch die fehlende Flexibilität, bei einem Mehltaubefall reagieren zu können.

Bei der Probe ging es weiter mit dem 2022 Hochheim Riesling trocken VDP Ortswein, der alles hat, was ein Riesling haben muss und zu jeder Gelegenheit passt.

Catharina erläuterte die VDP Qualitätspyramide – Gutswein -Ortswein – Erste Lage – Große Lage (bzw. RGG für Rheingauer Großes Gewächs). Dazu passend kam die Hochheimer Domdechaney Riesling trocken VDP Erste Lage als kleine Vertikalprobe – 2022 gegen 2019 – in zwei Gläser. An diesem Wein konnte man gut erkennen, dass die höherwertigen Weine eine Zutat benötigen, die heute oft vergessen wird – die Zeit. Zu jung genossen, haben sie noch „Ecken und Kanten“, sind wie ein ungestümer Teenager, während sich mit ein wenig mehr Reife die ganze Komplexität auf der Zunge zeigt.

An dieser Stelle fügte sich ein von Hendrik Ruitenberg zusätzlich mitgebrachter 2015er vorzüglich in die Probe ein. Diesem Wein hatte man extra viel Zeit zugestanden und ihn 2020 erst in den Verkauf gegeben. Eine gute Idee, der Wein ist grandios und entwickelt sich von Verkostung zu Verkostung nach oben weiter.

Die nächsten beiden Weine im Glas waren das Kirchenstück Riesling trocken Großes Gewächs, 2021 gegen 2019 und auch hier zeigte sich, dass der ältere der beiden viel facettenreicher daherkam.

Nach einem 2022 Hochheimer Riesling Kabinett – ein fruchtsüßer Wein, der aber wegen seiner frischen Säure nicht zu süß auf der Zunge daherkommt, sondern einfach nur Spaß macht (und darum bettelt, zu asiatischen Gerichten auf den Tisch zu kommen), folgte die Hochheimer Domdechaney Riesling Auslese.

Ausgewählt hatte Ruitenberg den 2009er.

Für die Auslesen ist das Weingut bekannt und es ist ein Erlebnis, bei den Verkostungen im Frühjahr und im Herbst die Vertikalprobe durch die vorhandenen Jahrgänge zu machen und sich seine Lieblinge gleich mitzunehmen. Der 2009er ist seit Jahren auf dem persönlichen Siegertreppchen. Das Jahr war warm, aber offenbar ohne Kapriolen, der Wein ist ein Gesamtkunstwerk. Die gebührende Ehrfurcht beim Verkosten ging kurzfristig ein wenig verloren, als eine Familie von Gartenschläfern durch eifriges Hin- und Herlaufen auf der Bruchsteinmauer, Verschwinden in Löchern sowie Wiederauftauchen an anderer Stelle die Aufmerksamkeit der Probenteilnehmenden auf sich zog.

Hier währe die Probe theoretisch zu Ende gewesen. Als „add on“ außer der Reihe hatte Hendrik Ruitenberg jedoch die 1971er Hochheimer Hölle Riesling Auslese mitgebracht, für die ein zusätzlicher Obolus zu entrichten war, für diejenigen, die ihn gerne probieren mochten.

Catharina erläuterte das Vorgehen bei diesem Wein: Als man sich entschlossen hatte, diesen Wein 2021, dann 50jährig, in den Verkauf zu nehmen, hatte man alle vorhandenen Flaschen aus dem Keller geholt, vorsichtig die Korken entfernt (keine leichte Aufgabe), den Flaschenhals mit Alkohol gereinigt, alle verkostet (bei dieser Aufgabe hätten sich mehrere GenussSpechte sofort als Freiwillige angeboten), einen aussortiert, einen „geopfert“, um die anderen wieder aufzufüllen, neu verkorkt und mit neuem Etikett versehen. Es ist logisch, dass dieser Wein einen gewissen Preis hat. Durch diese Maßnahmen ist der Käufer jedoch sicher, einen Hochgenuss zu erwerben.

Nach dieser wahrlich grandiosen Degustation in einem wunderschönen Rahmen mit einer Winzerin, die sachlich brilliant, emotional ehrlich und offen, sprachlich unglaublich und mit Herzblut exzellente Weine präsentierte (O-Ton einer Teilnehmerin) beendeten die GenussSpechte die Probe mit Applaus.
Als Dankeschön für den wundervollen Abend überreichte Hendrik Ruitenberg ein Weingeschenk an Catharine Mauritz.

Die etwas andere MARKTWEINPROBE

Der in der Weinwelt bekannte Bremer Ratskellermeister Karl-Josef Krötz (66) hat sich im Januar 2023 nach 33 Jahren als Bremer Ratskellermeister in den Ruhestand verabschiedet.
Karl-Josef Krötz kommt für eine besondere Weinprobe nach Hochheim am Main.
Auf Einladung von Hendrik Ruitenberg, im Vorstand vom Hochheimer Weinclub – die GenussSpechte e.V., wird er Weine präsentieren, die aus dem Bestand des Ratskellers stammen. Es werden 11 Weine von verschiedenen deutschen Weinanbaugebieten verkostet. Anhand von Anekddoten, die in Verbindung stehen zu den Weinen, lässt er die Teilnehmer teilhaben an seiner langjährigen Tätigkeit als „Herr der Weine von der Weser“.

Das „köstliche Fundament des Rathauses“ – diesen Spitznamen trägt der Bremer Ratskeller nicht ohne Grund. Die Gewölbe unterhalb des Liebfrauenkirchhofs und des Domshofs beherbergen nicht nur eine der traditionsreichsten Gastronomien Bremens, sondern auch das weltweit größte Sortiment ausschließlich deutscher Weine. Als Teil des Bremer Rathauses zählt der Ratskeller zum UNESCO-Weltkulturerbe und beeindruckt mit seiner über 600 Jahre alten Geschichte.

Bildlegende (in der Reihenfolge) :
Reihe 1: Die Bremer Stadtmusikanten, Bremer Rathaus, Handelskammer
Reihe 2: Schild der Ratskellerverwaltung, Eingang zur Weinhandlung, Weine in der Weinhandlung
Reihe 3: Treppe zur Gastronomie „Bremer Ratskeller“, Senats- & Kaiserzimmer, Skulptur der Bremer Stadtmusikanten im Senatszimmer
Reihe 4: Schatzkammer (3 Bilder)
Reihe 5: Gang vor der Schatzkammer, 2 Fässer im Apostelkeller – diese enthalten Rheinweine aus dem 18. Jahrhundert.

An der Stirnseite des Rosenkellers befindet sich das „Rosefass“, in dem der berühmte Rüdesheimer Wein von 1653 lagert.

Details zum Bremer Ratskeller

Früher wurden ausschließlich Weine von Rhein und Mosel im Ratskeller gelagert – heute umfasst das Sortiment deutsche Weine aus allen 13 Anbaugebieten. Von je her wacht der Ratskellermeister über die Bestände. Ein großer Teil der wertvollen Weine – mit Ausnahmen der alten Rose- und Apostelweine – ging in den Nachkriegswirren verloren. Heute werden in der Schatzkammer des Ratskellers wieder herausragende Flaschenweine aller Jahrgänge archiviert. Insgesamt eine Sammlung von unschätzbarem Wert.
Der BREMER RATSKELLER ist auch ein Weinhandel. Das Sortiment erstreckt sich über sämtliche Weinarten, Geschmacksrichtungen sowie Preisklassen und umfasst ausschließlich Weine aus den 13 deutschen Anbaugebieten. Neben ausgesuchten Weingutsweinen führen man überwiegend exklusive Eigenabfüllungen, die man im engen Kontakt zu den Winzern für den BREMER RATSKELLER an- und ausbauen lässt. Durch diesen Fokus bleiben man der Tradition des Hauses, aber auch dem Regionalitätsgedanken treu. Auf den Flaschen bürgt das Bremer Senatswappen für verbriefte Qualität die durch strenge Selektion noch auf die Spitze getrieben wird: Wie seine Amtsvorgänger (zuletzt Karl-Josef Krötz) verkostet Ratskellermeister Frederik Janus jährlich rund 3.000 Weine, von denen er nur die überzeugendsten für unser Sortiment auswählt.

Weiterführende Links, ausserhalb dieser Webseite:

Ratskellermeister Karl-Josef Kroetz – Vita

ehem. Ratskellermeister Karl-Josef Kroetz – Abschied

Bremer Ratskeller – Geschichte

Bremer Ratskeller – Gastronomie

Bremer Ratskeller – Weinhandel

Gelungene Premiere für GenussSpechte

HOCHHEIM 19.5.2023 (hwg)

Vier Monate nach der Vereinsgründung traf sich der Weinclub die GenussSpechte am vergangenen Freitag in der Vinothek vom Weingut Mitter-Velten zu seiner ersten offiziellen Veranstaltung. Genuss, Gemeinschaft und Geselligkeit, so kann man den Abend zusammenfassen – wobei auch Gelerntes hinzukommt. Nach der Begrüßung der Gäste mit einem Hochheimer Rieslingsekt brut in traditioneller Flaschengärung hergestellt und dem Servieren der im Vorfeld bestellten Vesper- oder Käseteller, erfuhren die Anwesenden von Martin Mitter viel Interessantes über den Werdegang des Weinguts. Der Winzer kommt aus dem Weingut Mitter in Flörsheim, einem flächenmäßig eher kleinen Familienbetrieb. Seine Mutter hat dereinst beim Schloss Johannisberg gelernt. Auch Mitter absolvierte sein erstes Lehrjahr dort, die weiteren beim Rebenhof und beim Staatsweingut Bensheim. Als er dann beim Weingut Walter Velten in Hochheim einstieg, habe er von der Familie Velten so viel Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft erfahren, die Familien wuchsen gewissermaßen zusammen, so dass der Doppelname des Weinguts einfach bleiben musste.

Die Umstellung auf ökologischen Weinbau war nicht von Anfang an geplant, sondern eher das Produkt eines verzweifelten Versuchs, die Reben vor besonders hartnäckigem Mehltau zu retten – und es funktionierte. Sah die Begrünung früher eher aus wie ein englischer Golfrasen, hat nach und nach Artenvielfalt und lebendige Natur Einzug in die Wingerte gehalten und das Resultat überzeugt. Ecovin-zertifiziert und nachhaltig, die Nachfrage nach diesen Weinen ist spürbar.

Beim Ausschenken, Martin Mitter. (© Susanne Ruitenberg)

Außer dem Verkauf ab Hof hat es sich auch bewährt, im Lebensmitteleinzelhandel gefunden zu werden – so manch ein Kunde, der im Supermarkt eine Probeflasche gekauft hat, steht anschließend im Hof und fragt nach ganzen Kisten, während kaum jemand für eine Einzelflasche beim Winzer vorstellig wird.

Zwischen dem Erzählen schenkte Mitter die Weine aus und stellte sie vor. Manche paarweise, wie zum Beispiel den 2022er Weißburgunder gegen den Grauburgunder, oder zwei Rieslinge aus verschiedenen Lagen, andere wiederum, wie der Sauvignon Blanc, standen für sich allein. Die komplette Probenliste der Jahrgangsverkostung zum Nachlesen gibt es hier.

Nebenbei erfuhren die Genießerinnen und Genießer auch noch, dass die leckere Hausmacher Wurst von Mitter selbst hergestellt wird. Durch geschicktes Zusehen und Vorher-Nachher Auswiegen der bereitgestellten Gewürze konnte er die Originalrezepte des älteren Fleischers, der sie hergestellt hatte, nachvollziehen und somit vor dem Vergessen retten. Es mundete allen hervorragend.

Interessant ist bei diesem Weingut, dass 40 Prozent Spätburgunder im Anbau sind. Im Rheingau sind es sonst eher um die 20 Prozent, bei 80 Prozent Riesling. Bei Mitter-Velten ist jedoch besonders der Spätburgunder Weißherbst das Markenzeichen und der Verkaufsschlager. Ein leuchtend lachsfarbener, wunderbar frischer, fruchtiger Vertreter seiner Gattung.

Als kleinen Bonus gab es zum Abschluss nicht den ursprünglich geplanten Rotwein als Solovorstellung, sondern zum Vergleich die Barrique-ausgebaute Version. Die GenussSpechte dankten Martin Mitter für den schönen Abend, die hervorragenden Weine und die gesellige Atmosphäre.

Vertikalweinprobe aus 20 Jahren

Probenabend – GenussSpechte genießen Teuflisch Guten Wein aus dem Weingut Sabrina Schmikl

Vor Kurzem fand die zweite Weinprobe des neu gegründeten Vereins Hochheimer Weinclub die GenussSpechte statt. Schon bei der Gründungsversammlung hatte Winzerin und Vereinsmitglied Sabrina Schmikl das Thema „20 Jahre Weingut Sabrina Schmikl“ vorgeschlagen und die Idee kam gut an. Eigentlich sollte das Ganze im Freien stattfinden, logistische Probleme ließen das nicht zu, so waren die 30 teilnehmenden Mitglieder und Gäste ins Weinbaumuseum geladen. Nach der Begrüßung durch Hendrik Ruitenberg stellte Sabrina sich und ihr Weingut vor.

Eher durch Zufall und bedingt durch eine sich bietende günstige Gelegenheit übernahm sie 2003, mit gerade einmal 20 Jahren, ein paar Parzellen. Diese lagen in Erster Gewächslage und kamen von einem Hochheimer Weinbaubetrieb, der aufgegeben hatte. Sabrina kaufte sich die nötigen Gerätschaften hier und da gebraucht zusammen, mietete einen Keller an und legte los. Zunächst baute sie die Weine nur in Holzfässern aus, erst nach und nach kamen Edelstahlfässer hinzu, finanziert durch Ausschank der Weine auf Weinfesten, auf dem Hochheimer Markt und am Weinprobierstand, immer mit der Unterstützung von Freundinnen und Freunden und der Familie.

Ihre Ausbildung absolvierte sie in den Hessischen Staatsweingütern in der Domäne Rauenthal und sie führt ihr Kleinst-Weingut bis heute im Nebenerwerb. Nach anfänglichen Erfolgen gab es mit dem Jahrgang 2006 einen Rückschlag durch Fehltöne. Seitdem geht es jedoch wieder von Jahr zu Jahr bergauf. Neue Gerätschaften, Traubenzukauf, Unterstützung durch Papa Klaus Schmikl, durch befreundete Winzer und sehr viel Kreativität sorgen für den teuflisch guten Wein, der sich auch im Logo des Weinguts (mit Hörnern, wie es sich gehört) wiederfindet. Die Philosophie ist dabei, so wenig wie möglich und so viel wie nötig im Weinbau und im Keller einzugreifen. Das Resultat sind ehrliche, gradlinige Weine aus naturnahem, schonendem Ausbau.

Für die Probe hatten die Winzerin und Hendrik Ruitenberg zusammen 26 Weine ausgesucht – von 2001 bis 2022. Ein Großteil davon wurde, wie bei Proben üblich, am Platz ausgeschenkt. Manche Flaschen gab es indes nur noch als Einzelexemplare, diese präsentierten sich im Nebenraum in Weinkühlern zur Selbstbedienung. Es gab neben den offiziellen Schmikl-Etiketten auch mit Edding handbeschriftete Flaschen und handgeschriebene Etikette, denn ein Teil der Weine waren die Rückstellproben. Ist der Wein ausverkauft, darf man diese verbrauchen. Wie schön für die Teilnehmenden, dass so viele Weine ausverkauft waren!

Auch die älteren Weine präsentierten sich alle als sehr gut trinkbar, mit schönen Reifetönen und Duftnoten von Rosinen, Dörrobst, reifen Früchten. Da Sabrina die Analysenwerte parat hatte, konnten die Probenteilnehmer selbst erschmecken: Weine, die mit einer etwas höheren Säure in die Flasche gekommen waren, präsentierten sich frischer als manche aus den heißeren Jahren und mit niedrigem Säurewert.

Sabrina Schmikl im Weinbaumuseum beim Themenabend mit den GenussSpechten (Foto: Jutta Hühn)

Es gab keine Ausfälle oder Korkschmecker, auch nicht bei den älteren Weinen, was die Qualität des Handwerks aufzeigt. Die Bandbreite reichte von Riesling Kabinetts und Spätlesen aus den verschiedenen Hochheimer Lagen, Spätburgunder Weißherbst, Weißburgunder, Dornfelder Rosé und Rot, und ein paar kreative Cuvées, wie zum Beispiel Chardonnay mit Weißburgunder oder auch Weißburgunder, Grauburgunder, Silvaner. Interessant war auch der Rotling, ein Wein, bei dem rote und weiße Trauben zusammen gekeltert werden, als Cuvée von 2021 und 2022 mit kreativem Etikett.

Zur Probe gab es darüber hinaus Spundekäs‘ vom Weingut Preis und jede Menge Bretzelchen.

Alles in allem war es eine sehr gelungene Probe, wann hat man die Gelegenheit, die Entwicklung eines Weinguts über 20 Jahre so gut nachvollziehen zu können. Die komplette Probenliste der Jahrgangsverkostung zum Nachlesen gibt es hier.