Genussreise nach Bremen vom 1. bis 3. März 2024

Reisebericht von Susanne Ruitenberg

Wenn Engel Reisen, heißt es in Bezug auf Reisewetter. In dieser Hinsicht hatten wir großes Glück. Blauer Himmel und strahlende Sonne begleiteten uns auf unserer ersten Genussreise nach Bremen, die Rosel Zahn organisiert hatte.
Moment – Bremen und Wein? Ja, dort wächst (noch) keiner, das kann sich durch den Klimawandel jedoch in absehbarer Zukunft ändern. Bremen und Wein gehören indes schon seit Jahrhunderten zusammen.

Die Anreise organisierten die Teilnehmenden selbst. Auto, Bahn, Camper, alles war dabei.
Das Hotel war das erste Highlight – ganz nah am Rathaus, schöne Zimmer, Blick auf das Glockenspiel der Böttcherstraße und erst das Frühstücksbuffet! Es lohnte sich, einen Tag früher anzureisen.

Am Freitag, den 1. März trafen wir alle pünktlich vor dem Bremer Rathaus ein. Auch die Bahnfahrer:innen, womit in diesen Zeiten nun wirklich niemand gerechnet hätte.
Claudia Staffeldt nahm uns dort für eine Kellerführung mit Weinprobe in Empfang. Mit einem Begrüßungssekt, wie es sich gehört.

Während wir alles erkundeten, erzählte Claudia Interessantes aus der Geschichte des Ratskellers.
Seit 1405 dient der Keller des Bremer Rathauses als Weinkeller, anfangs bekam man den Wein in Fässern geliefert und füllte selbst. Heute ist der Fasskeller ein Relikt vergangener Zeiten und die Fässer nur mit geschwefeltem Wasser gefüllt, damit sie nicht kaputtgehen.
Da das Ensemble seit 2004 Teil des UNESCO Weltkulturerbes ist, darf nur wenig daran verändert werden und die Arbeit in dem weit verzweigten Ensemble mit dem altmodischen Hochregallager ist eine ergonomische Herausforderung. So passt z.B. die normale Europalette nicht in den Aufzug, es fehlt haargenau 1 Zentimeter! Jede Weinkiste muss heruntergehoben und mit einem Wägelchen in die nächste Etage befördert werden. Besonders imponierten uns ein sehr alter Schrank mit unzähligen schmalen Schubladen, in dem Etiketten lagern, diverse museumsreif anmutende Geräte und der Kontrast zwischen den ganz alten Teilen des weit verzweigten Kellers mit der modern eingerichteten Probenecke.

Eine trockene Kellerführung macht keinen rechten Spaß, deshalb gab es in regelmäßigen Abständen einen Boxenstopp. Zu jedem Wein reichte Claudia uns eine speziell dafür kreierte Praline aus der Werkstatt des Schokoladenkünstlers Nick van Heynigen. Dieser hat bei Hachez gelernt und sich selbständig gemacht. Hachez produziert nicht mehr in Bremen, ist daher als Bremer Geschenk ungeeignet. Nick hingegen ist hier und kreiert spezielle Pralinen für den Ratskeller, in Abstimmung zu den Weinen, die vorher ausgiebig verkostet werden. Auf Neudeutsch sagt man dazu win-win Situation. Toller Job. Ob er eine Sekretärin braucht?

Jeden Wein probierten wir zunächst für sich, bissen anschließend von der Praline ab und erkundeten, wie sich das Ensemble im Gaumen verändert, wenn man den Wein über die Schokolade laufen lässt. Wie sich die Aromen gegenseitig verstärken und herauskitzeln, war für alle ein Erlebnis. Claudia ließ uns dabei die Aromen der Schokolade sowie die Rebsorten der Weine erraten.

Die Probenfolge war:

Albertino trocken, Weingut Altes Zollhaus (Nahe) zu einer Himbeer-Marzipan Praline;

2022er Nußdorfer Herrenberg Sauvignon Blanc trocken, Weingut Lergenmüller (Pfalz) zu einem Täfelchen mit Orange;

2022er Forster Schnepfenflug Riesling halbtrocken, Forster Winzerverein (Pfalz) zu einer Olivenöl-Salz-Praline;

2022er 71/95 Cuvée Rosé trocken, Weingut Bernhard (Rheinhessen) zu einer Vollmilch-Cassis-Praline;

Rot und Wild Rotweincuvée trocken, Weingut Hirsch (Württemberg), zu einer Glühwein-Praline.

Besondere Ehrfurcht hatten wir vor der Schatzkammer. Dort lagern noch edelsüße Weine aus allen Jahrzehnten. Einst kam ein Kunde mit dem Privatjet angeflogen, um eine davon zu erwerben, erzählte uns Claudia. Obwohl er die gleiche Flasche bereits im Keller hatte. Ja, aber die war nicht für seine Gäste, die wollte er selbst behalten.

Am Ende des Rundgangs gesellte sich Karl-Josef Krötz, der Ratskellermeister a.D., zu uns. Er hatte für uns im letzten November eine Weinprobe mit besonderen Weinen und Geschichten aus dem Ratskeller durchgeführt, die für alle ein unvergessliches Erlebnis war. Als Highlight führte er uns selbst in den Apostelkeller mit den 12 Fässern – unter anderem ein Hochheimer Wein aus dem Jahr 1727 – und in den Rosekeller mit dem ältesten Rüdesheimer Wein von 1653.

Im Anschluss an die Kellerführung gingen wir durch geheimen Durchgang direkt in das Restaurant des Ratskellers zu einem gemütlichen Abendessen, inklusive Herrn und Frau Krötz. Er spendierte uns einen hervorragenden Spätburgunder aus einer Magnumflasche, den er zu seinem Ausstand geschenkt bekommen hatte.

Einige der Teilnehmer:innen fanden sich am Ende des Abends an der Hotelbar wieder. 7 Seiten Cocktails auf der Karte! Klassiker wie „Singapore Sling“, aber auch noch nie gehörte wie „Take the Tram“. GenussSpechte sind neugierig, insbesondere im Hinblick auf Getränke.
Es wurde lustig.

Der nächste Tag hatte ein volles Programm und wir mussten daher früh aufstehen, wenn wir das luxuriöse Frühstücksbuffet (Krabben! Lachs! Eier in allen Varianten! Käseplatte! Obstauswahl! u.v.m.) ausgiebig genießen wollten.
Um 9h30 trafen wir uns zum Stadtrundgang auf den Treppen des Doms ein. Die Bremer Innenstadt hat den Vorteil, dass sich die wichtigsten Sehenswürdigkeiten in einem Quadrat mit 400 m Kantenlänge befinden, so dass auch diejenigen, die weniger gut zu Fuß sind, nicht darauf verzichten mussten. Reiseführer Dr. Klostermann unterhielt uns mit Bremer Humor und kurzweiligen Anekdoten. Er führte uns an den berühmten Stadtmusikanten aus Bronze vorbei, zum großen Standbild von Roland, der Symbolfigur für Freiheit und Rechte der Stadt, durch die Böttcherstraße – mit einer kurzen Verweilzeit vor der Bremer Bonbonmanufaktur, bei der Klostermann, wie bei „Schülerführungen“ J üblich, in den Laden huschte und jedem von uns eine Kostprobe der handgemachten Hartkaramellen reichte. In der Böttcherstraße hatte einst Ludwig Roselius seinen Firmensitz, der Gründer von Kaffee Hag und Erfinder des koffeinfreien Kaffees. Daran verdiente er zwei Mal – einerseits am Kaffee, andererseits am Koffein, das er an die Pharmaindustrie verkaufte (sehr clever). Roselius kaufte die gesamte Straße und ließ sie von 1923 bis 1931 komplett umbauen und künstlerisch gestalten. 1926 ließ er ein Museumshaus für die Künstlerin Paula Modersohn-Becker errichten, sie war damit die erste weibliche Künstlerin, der ein eigenes Museum gewidmet wurde.

Von dort gingen wir zum Schnoor, dem ältesten Bremer Viertel, in dem die kleinen, malerischen Häuser wie an einer Schnur aufgereiht stehen. Hier findet man, neben interessanten Läden, auch eine vielfältige Gastronomie. In den 50er Jahren sollte das Viertel abgerissen werden. Zum Glück konnten engagierte Bremer das verhindern!

Nach dem Stadtrundgang gingen wir zurück zum Dom, zu einer Orgelführung nebst Vorspiel. Der Bremer Dom hat fünf Orgeln; wir kamen in den Genuss der Sauer-Orgel, die mit 100 Registern zu einer der größten im norddeutschen Raum zählt. Alles wurde uns genau erklärt, Tonfolgen mit verschiedenen Registern angespielt, damit man die Unterschiede erkennen kann. Es ist atemberaubend, wie der Organist mit vier Tastaturen sowie einer kompletten Tastatur als Fußpedale sich in alle Richtungen gleichzeitig bewegt, es mutet fast schon als Akrobatik an für Laien. Man hätte den Ausführungen stundenlang zuhören können. Im Anschluss folgte eine Führung durch den Dom selbst. Der erste Dom zu Bremen wurde 789 geweiht. Das Gebäude wurde mehrfach zerstört und hat heute Teile aus verschiedenen Epochen, die sich zu einem harmonischen Ganzen zusammenfügen.

Am Abend folgte der Höhepunkt der Reise – ein erlesenes Menü mit Weinbegleitung im Senatszimmer des Bremer Ratskellers. Diesmal begrüßte Claudia Staffeldt uns gleich mit zwei Sekten, einem weißen und einem roten. Sie führte uns nicht nur durch das Menü, sondern saß mit am Tisch und nahm teil, was zu einer sehr geselligen und entspannten Atmosphäre führte.

Die Menüfolge:

Carpaccio von gebackenen Rüben mit mariniertem Fetakäse und Rucola-Pesto. Hierzu gab es einen 2022er Oppenheimer Sackträger Riesling trocken, „Eiswette 2024“, Rheinhessen sowie einen 2022er Johannisberger Riesling feinherb „Eiswette 2024“, Rheingau;

Rahmsuppe aus Nordseekrabben mit Dillsahne, dazu ein 2022er Rotling halbtrocken, Weingut Staatlicher Hofkeller, Franken;

Rosa gebratenes Roastbeef vom Wesermarsch-Rind mit kräftiger Rotweinsauce, grünen Bohnen und Kartoffelgratin, dazu gab es einen 2021er Spätburgunder trocken, Edition „Ratskellermeisters Liebling“, Pfalz sowie einen 2016er Lemberger trocken „Gipskeuper“, VDP Ortswein, Württemberg;

Lauwarmer Mandelkuchen mit Kirschragout und Bourbon-Vanilleeis, dazu ein 2010er Wintricher Ohligsberg Riesling Spätlese von der Mosel sowie – ein ganz besonderes Tröpfchen – ein 2018er Frech & Frey Trockenbeerenauslese aus Spätburgunder/Merlot/Dunkelfelder/St. Laurent aus der Pfalz.

Ein gelungener Abschluss dieser Genussreise und Hendrik bedankte sich bei Claudia Staffeldt sowie Rosel mit Blumen in flüssiger Form (wer ihn kennt, weiß, von welchem Weingut aus den Niederlanden).

An der Bar war es leider durch die zum Rauchersalon offenstehende Tür etwas verqualmt. Aber man kann ja auch ein Getränk erwerben und mit aufs Zimmer nehmen …

Am nächsten Tag reisten die Bahnfahrer wieder ab, die Camper und die Autofahrer verlängerten noch. Wir genossen einen sonnigen Sonntag in Bremen.