Hervorragende Weinprobe in der Zehntscheune
GenussSpechte genießen Weine vom Domdechant Werner’schen Weingut (HWG)
Am Mittwoch, den 30. August, fanden sich die GenussSpechte in der Zehntscheune ein, für eine Weinprobe mit Weinen vom Domdechant Werner’schen Weingut, geleitet von Catharina Mauritz.
Nach der Begrüßung der Teilnehmenden durch Vorstand Hendrik Ruitenberg startete die Probe mit einem sommerlichen Rosé und einleitenden Worten von Catharina, die einen Überblick über die Historie des Weinguts und insbesondere der Zehntscheune gab. Dieses wunderschöne Gebäude aus Bruchsteinen diente der Lagerung der Naturalabgaben, als die Menschen noch den „Zehnten“ abliefern mussten. Heute ist es ein beliebter Veranstaltungsort, wird aber während der Lese aber auch für die Kelter genutzt.
Alle Gebäude des Weinguts stehen unter Einzeldenkmalschutz.
Das Weingut gibt es seit 1780, jetzt in 8. Generation, und es ist seit über 100 Jahren Mitglied im VDP, dem Verband der Prädikatsweingüter. Catharinas Großvater leitete es bis 1982, dann übernahm ihr Vater, Dr. Franz Michel.
Ihr ältester Sohn Ferdinand hat eine Winzerlehre absolviert und beginnt in Kürze mit dem Studium in Geisenheim, die nächste Generation wird also gut vorbereitet an den Start gehen und er wird der erste „echte“ Önologe der Familie sein. Über diese Nachricht freuten sich die Teilnehmenden sehr.
Nicht nur in Sachen Familie baut das Weingut auf Kontinuität. Besonderen Wert legt man auch auf einen guten Umgang mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Das sieht mach auch an der langen Betriebszugehörigkeit. So ist Michael Bott schon seit über 30 Jahren Kellermeister. Ute Fischer, die das Gutsbüro betreut und im Vertrieb arbeitet, ist mehr als 10 Jahre dabei. Sie nahm an der Probe teil und unterstützte Catharina beim Ausschenken.
Das Weingut baut fast ausschließlich Riesling an und ist insbesondere für die Auslesen bekannt, dazu später mehr.
Ca. 2% machen die Früh- und Spätburgunder aus, wie der eingangs erwähnte Rosé, bei dem die beiden Burgundersorten zusammen gelesen und vergoren wurden. 60% der Weine gehen in den Export.
Aufgrund des Klimawandels ist der Oechslegrad bei der Lese nicht mehr das ausschlaggebende Kriterium, führte Catharina weiter aus. Heute geht es darum, allen Wetterkapriolen zum Trotz, gesundes, vollreifes Lesegut hereinzuholen, bei einem Lesefenster, das immer kleiner wird, insbesondere hier mit praktisch einer einzigen Rebsorte. War es früher meist kalt und nass, so hat man heute eher das Problem, dass die Lese oft bei brütender Hitze stattfindet und die Gärung schon im Weinberg beginnt. Von daher setzt man beim Domdechant Werner’schen Weingut auf eine akribische Vorlese – Aussortieren aller „unerwünschten“ Beeren – und anschließende Lese mit dem Vollernter morgens um 4 Uhr, denn die Maschine benötigt kein Tageslicht dank der Scheinwerfer und so gelangt das Lesegut noch kühl auf die Kelter.
Das Weingut ist „Fair Choice“ zertifiziert. Das bedeutet, es wird kein Herbizid eingesetzt, Wert auf Nachhaltigkeit und soziale Standards gelegt. Von den Kolleginnen und Kollegen, die Öko-Weinbau betreiben, habe man sich vieles abgeschaut, wie Begrünung und gezielte Zwischeneinsaat. Das Problem bei einer Öko-Zertifizierung sei jedoch die fehlende Flexibilität, bei einem Mehltaubefall reagieren zu können.
Bei der Probe ging es weiter mit dem 2022 Hochheim Riesling trocken VDP Ortswein, der alles hat, was ein Riesling haben muss und zu jeder Gelegenheit passt.
Catharina erläuterte die VDP Qualitätspyramide – Gutswein -Ortswein – Erste Lage – Große Lage (bzw. RGG für Rheingauer Großes Gewächs). Dazu passend kam die Hochheimer Domdechaney Riesling trocken VDP Erste Lage als kleine Vertikalprobe – 2022 gegen 2019 – in zwei Gläser. An diesem Wein konnte man gut erkennen, dass die höherwertigen Weine eine Zutat benötigen, die heute oft vergessen wird – die Zeit. Zu jung genossen, haben sie noch „Ecken und Kanten“, sind wie ein ungestümer Teenager, während sich mit ein wenig mehr Reife die ganze Komplexität auf der Zunge zeigt.
An dieser Stelle fügte sich ein von Hendrik Ruitenberg zusätzlich mitgebrachter 2015er vorzüglich in die Probe ein. Diesem Wein hatte man extra viel Zeit zugestanden und ihn 2020 erst in den Verkauf gegeben. Eine gute Idee, der Wein ist grandios und entwickelt sich von Verkostung zu Verkostung nach oben weiter.
Die nächsten beiden Weine im Glas waren das Kirchenstück Riesling trocken Großes Gewächs, 2021 gegen 2019 und auch hier zeigte sich, dass der ältere der beiden viel facettenreicher daherkam.
Nach einem 2022 Hochheimer Riesling Kabinett – ein fruchtsüßer Wein, der aber wegen seiner frischen Säure nicht zu süß auf der Zunge daherkommt, sondern einfach nur Spaß macht (und darum bettelt, zu asiatischen Gerichten auf den Tisch zu kommen), folgte die Hochheimer Domdechaney Riesling Auslese.
Ausgewählt hatte Ruitenberg den 2009er.
Für die Auslesen ist das Weingut bekannt und es ist ein Erlebnis, bei den Verkostungen im Frühjahr und im Herbst die Vertikalprobe durch die vorhandenen Jahrgänge zu machen und sich seine Lieblinge gleich mitzunehmen. Der 2009er ist seit Jahren auf dem persönlichen Siegertreppchen. Das Jahr war warm, aber offenbar ohne Kapriolen, der Wein ist ein Gesamtkunstwerk. Die gebührende Ehrfurcht beim Verkosten ging kurzfristig ein wenig verloren, als eine Familie von Gartenschläfern durch eifriges Hin- und Herlaufen auf der Bruchsteinmauer, Verschwinden in Löchern sowie Wiederauftauchen an anderer Stelle die Aufmerksamkeit der Probenteilnehmenden auf sich zog.
Hier währe die Probe theoretisch zu Ende gewesen. Als „add on“ außer der Reihe hatte Hendrik Ruitenberg jedoch die 1971er Hochheimer Hölle Riesling Auslese mitgebracht, für die ein zusätzlicher Obolus zu entrichten war, für diejenigen, die ihn gerne probieren mochten.
Catharina erläuterte das Vorgehen bei diesem Wein: Als man sich entschlossen hatte, diesen Wein 2021, dann 50jährig, in den Verkauf zu nehmen, hatte man alle vorhandenen Flaschen aus dem Keller geholt, vorsichtig die Korken entfernt (keine leichte Aufgabe), den Flaschenhals mit Alkohol gereinigt, alle verkostet (bei dieser Aufgabe hätten sich mehrere GenussSpechte sofort als Freiwillige angeboten), einen aussortiert, einen „geopfert“, um die anderen wieder aufzufüllen, neu verkorkt und mit neuem Etikett versehen. Es ist logisch, dass dieser Wein einen gewissen Preis hat. Durch diese Maßnahmen ist der Käufer jedoch sicher, einen Hochgenuss zu erwerben.
Nach dieser wahrlich grandiosen Degustation in einem wunderschönen Rahmen mit einer Winzerin, die sachlich brilliant, emotional ehrlich und offen, sprachlich unglaublich und mit Herzblut exzellente Weine präsentierte (O-Ton einer Teilnehmerin) beendeten die GenussSpechte die Probe mit Applaus.
Als Dankeschön für den wundervollen Abend überreichte Hendrik Ruitenberg ein Weingeschenk an Catharine Mauritz.