Genussreise in die Niederlande vom 29.8. bis 1.9.2024

Reisebericht von Susanne Ruitenberg

Eine Weinreise in die Niederlande?, so wurden wir ungläubig gefragt. Die Niederlande stehen eher für Käse, Bier und Süßigkeiten.
Aber es gab Wein in den Niederlanden, die Römer hatten ihn gebracht, bis zum 16. Jahrhundert. Dann kam der 80jährige Erbfolgekrieg und die kleine Eiszeit und die letzten verbliebenen Reben wurden nach dem zweiten Weltkrieg gerodet, um Kartoffeln anzubauen.

1970 begann die Weingeschichte der Neuzeit mit dem Weingut Apostelhoeve. Inzwischen gibt es ca. 200 Winzer, die ca. 300 Hektar bewirtschaften (etwas mehr als Hochheim). Viele davon sind Kleinstbetriebe im Nebenerwerb, aber es gibt auch größere, die sich langsam, aber sicher einen Namen gemacht haben. Auch gibt es inzwischen geschützte Herkunftsbezeichnungen, Beschermde Geografische Aanduiding (BGA) für die Landweine und Beschermde Oorsprongbenaming (BOB) (wie QBA).

Genau 10 Jahre nach der ersten Niederlande-Reise in einer anderen Konstellation plante Hendrik für uns einen viertägigen Ausflug in die unbekannte Weinwelt des kleinen Nachbarlandes.

1. Tag: Donnerstag, 28. August 2024

Überpünktlich fanden sich alle 17 Mitreisende am Weinprobierstand – wo sonst? – ein. Um 7 Uhr sollte die Fahrt losgehen. Außer Hendrik, Susanne und Wolfram (und die Wolters, die eine Minireise mit den Ruitenbergs gemacht hatten) waren die Teilnehmenden noch nicht viel mit Niederländischem Wein in Berührung gekommen – von den diversen Kostproben im Museum abgesehen.

Der Bus kam pünktlich zum Treffpunkt, ein wirklich kleiner 20er Bus (mit beunruhigend kleinem Gepäckraum). Heinz, unser Busfahrer, lud unsere Koffer und Hendriks diverse Kisten ein und los ging es.

Eines der Weingüter, das wir gerne besucht hätten, hatte eine Hochzeitsfeier. Aber auf den Wein wollten wir nicht verzichten und so erwarben wir ihn für die traditionelle „Weck Worscht und Woi“ Pause, die gegen 9 Uhr an einer Raststätte begangen wurde, mit Mainzer Fleischwurst, Hochemer Brötchen und 3 Weinen von Betuws Wijndomein: Aus der Weißweinlinie LingeWit das Cuvée, den Johanniter und den Sauvi. Lecker, wenn sie auch etwas kühler hätten sein können.

Gestärkt ging die Reise weiter und weil Hendrik mit ausreichend Sicherheitspuffern für Staus geplant hatte, diese aber (zum Glück) ausblieben, kamen wir viel zu früh bei unserem ersten Ziel an:

Das Weingut St. Martinus in Vijlen.

Spontan und flexibel, wie die Niederländer sind, ließen sie uns sofort herein und zur Tat schreiten. Der Mitarbeiter, der uns herumführen sollte, stellte sich als Michel vor und los ging es mit einer kurzen Einführung in die Geschichte des Weinguts.
Das Weingut, das nach der höchstgelegenen Kirche der Niederlande benannt ist, wurde in den 1980ern von Hans Beurskens gegründet. Sohn Stan, Ende 40 inzwischen, hat in Geisenheim und Stellenbosch seine Ausbildung absolviert und ist 10 Jahre in der Weinwelt unterwegs gewesen: Australien, Neuseeland, Argentinien, Chile …

Inzwischen ist es mit 32 ha das größte der Niederlande. Angebaut werden mehrheitlich PiWis und es sind, zusammen mit dem Versuchsanbau, ca. 170 Rebsorten. Verschiedene Weingüter der Umgebung wurden erst jahrelang begleitet und bei Betriebsaufgabe der Eigentümer übernommen. Stan ist viel als Berater für andere Weingüter unterwegs, 70 in den Niederlanden, über 100 weltweit.
Das Gebäude war bei unserer ersten Reise 2014 niegelnagelneu und für 10 ha ausgelegt. Inzwischen ist es längst zu klein, muss erweitert werden und ist viel bunter, als wir es in Erinnerung hatten. Weiße Wände sind auch unpraktisch auf die Dauer, vor allem, wenn man mit Rotwein hantiert.

Man legt Wert auf Nachhaltigkeit. Das neue Gebäude soll 80% autark sein, mit Energiegewinnung, ausschließlich LED-Beleuchtung und Wasser-Recycling.

Durch Frostschäden werden in diesem Jahr ca. 100.000 Flaschen fehlen und die Lese wird später, wohl im Oktober, erwartet. Gelesen wird von Hand, die Lesehelfer sind zwischen 17 und 83 Jahre alt und kommen aus 11 Ländern. Für Notfälle und schnelles Eingreifen gibt es eine Lesemaschine.

Produziert werden in der Regel um die 150.000 Flaschen im Jahr, Verkauf hauptsächlich ab Hof, auch einige Restaurants sind Abnehmer.

Es werden Charity-Projekte in Afrika sowie Krebshilfe-Projekte unterstützt.

Bei der Führung bekamen wir die Keller zu sehen:

1. Untergeschoss: Traubenverarbeitung, also Presse und Sortiertisch, momentan wird hier alles für die Lese vorbereitet.

2. Untergeschoss: Stahltanks, Tonneaux und Barriques aus der Bourgogne, nach der zweiten Belegung gehen sie an andere Weingüter oder in die Whiskyherstellung. Auch Craft Beer Brauereien nutzen sie gerne. Oder kreative Möbelhersteller.
Die Weine werden getrennt ausgebaut und die Cuvées danach assembliert, wie in Frankreich.

3. Untergeschoss: Hier ist das Labor von Philipp, der uns an einem Zitronenmelissenextrakt schnuppern ließ. Er erforscht Planzenextrakte, die bei der Weinherstellung nützlich sein könnten. Das Melissenextrakt soll die Sulfite im Wein ersetzen und die Oxidation verhindern. Auch im Kartoffelanbau kann man es einsetzen.

Anschließend ging es zur Weinprobe mit „Borrelhapjes“, das sind Kleinigkeiten, die man zu Bier oder Wein genießen kann. Bei St. Martinus legt man Wert darauf, dass alles aus lokaler Produktion kommt. Einige Produkte waren mit Martinusweinen affiniert.

Die meisten Weine werden als Cuvées angeboten, oft auch aus verschiedenen Jahrgängen.
Neuestes Experiment ist es, Sekte in der Oosterschelde zu versenken. Dort sind die Gezeiten nicht so ausgeprägt wie in der offenen See, aber die Temperatur gleichmäßig.

Die Farbe der Etiketten zeigen die Qualitätsstufe an: Es gibt die „Dorpswijne“ für den Einstieg, die nach Familienmitgliedern benannten Weine und die Top-Edition mit längerer Lagerung (5 Jahre) tragen schwarze Etiketten.

Die Probenfolge:
1. 2021 Johanniter Funkelwien, traditionelle Flaschengärung
2. 3 Deugden, ein Cuvée aus Grauburgunder, Souvignier Gris, und Chardonnay, Barriqueausbau.
3. Berddorpje Rosé aus Cabernet Cortis, Regent und Dornfelder
4. Rotwein 7 Zonden (Sünden), Cabernet Cortis und Cabernet Cantor, ausgebaut in französischem Holz

Nach dem üblichen Abschiedszeremoniell – Hendrik überreicht die Hochheimer Blumen, Riesling vom Weingut im Weinegg und Susanne rennt den Protagonisten mit dem Gästebuchblatt hinterher – ging es weiter nach Maastricht zum

Weingut Apoestelhoeve

Durch den Frühstart bei Martinus waren wir auch hier zu früh und hatten Zeit, ausgiebig zu fotografieren, bevor wir uns auf der herrlichen Terrasse niederließen. Julka Hulst war noch mit Gästen beschäftigt, aber Hendrik, fürsorglich wie er ist, organisierte uns einen herrlichen, kühlen Müller-Thurgau und so wartete es sich gut.

Bald gesellte sich Mathieu Hulst zu uns und die Vorstellung des Weinguts konnte beginnen.
1970 startete sein Vater mit dem Anbau der ersten Weinstöcke, die erste Ernte 1973 brachte 1400 Flaschen. Die Parzellen liegen auf dem Louwberg, auf dem vorher Äpfel und Birnen im Anbau waren. Der Boden ist Kiesel und Mergel mit einer Lösslage, also ideal für Weinbau. Eine Historikerin hat herausgefunden, dass zu Römerzeiten hier Wein angebaut wurde, um Maastricht herum waren es ca. 1.200 ha. Wein war das Volksgetränk Nr 1 viele Jahrhunderte lang, bis mit Napoleon die Alkoholsteuer kam.
Die Belgier waren es, die die Haltbarkeit des Biers verbessern lernten, und so löste Bier schließlich den Wein ab.

Angebaut werden die traditionellen Rebsorten Müller-Thurgau, Auxerrois, Riesling, Weißburgunder und Grauburgunder und ganz neu, etwas Viognier. Die Produktion liegt bei 160-180.000 Flaschen, ca. 55-80 hl/ha. Mit alkoholfreien Weinen hat man sich noch nicht beschäftigt, es gab noch keinen, der geschmeckt hätte. Er sagt, er lasse gerne den großen Kellereien den Vortritt, sie sollen erst einmal die Prozesse entwickeln, bevor er darüber nachdenkt.
Im letzten Jahr gab es eine solche Überproduktion europaweit, in hervorragender Qualität, dass jeder Winzer, jede Winzerin Tanks nachkaufen musste. Dementsprechend wurden diese immer knapper und teurer. In diesem Jahr wird die Ernte erheblich geringer ausfallen.

Durch den Klimawandel geschehen die Ernten immer früher. Vor ein paar Jahren hat Mathieu einen Vollernter erworben, der es leichter macht, auf Wetterkapriolen schnell zu reagieren und größere Mengen auf einmal hereinzuholen oder auch in kühlen Nächten zu lesen. Extremwetter kommt immer häufiger. Die Frostschäden in diesem Jahr liegen bei 15-20%.
Bei Apostelhoeve liegen meist 8-10 Tage zwischen den einzelnen Rebsorten bei der Lese. Außer 2018, da wurde alles gleichzeitig reif. Das war vor dem Vollernter und trug mit zur Entscheidung bei, ihn zu erwerben.

Nach der Gärung in gekühlten Stahltanks und einer Sedimentierung wird der Most abgezogen, die Neige mit den Trübstoffen geht noch einmal durch einen Hefefilter und bringt einen besonders extraktreichen Most hervor.
Ende Dezember kühlt man die Moste auf 2°C, um die Säure auszufällen, die vielen Weinanfänger hier verstehen die Kristalle im Glas nicht und halten sie für einen Fehler.
Dann erfolgen die Schritte: Analyse, Assemblage, Filtrierung, noch eine Analyse. Gefüllt wird mit einem Lohnfüller von der Mosel.
Ein Teil des Grauburgunders darf drei Jahre in Barriquefässer, teils auch schon für die Gärung, Erst- und Zweitbelegung, wöchentliche Batonnage; vor der Füllung wird er mit GB aus dem Stahltank abgerundet.
Der „Neue“ in der Familie, der Viognier, gärt zu 50% im Stahl und 50% im Barrique; inkl. Malolaktischer Gärung.

Die Probe umfasste (Anmerkung zu allen Proben: Die Verkostungsnotizen sind von Susanne und daher subjektiv :-)) ):

1. Müller Thurgau von 2023 (dies war unser „Wartewein“) – schöne Frische und florale Noten

2. Auxerrois, Noten von reifer Birne (sehr gelungen, könnte aus Frankreich oder Luxemburg stammen), passt gut zu Spargel, meinte Mathieu.
Wilfried rief sogleich: „Wo bleibt der Spargel?“ – großes Gelächter. Das Thema Spargel sollte uns noch häufiger beschäftigen (davon später mehr)

3. Cuvée XII, (40% Mü-Thu, 30% Aux., 30% GB) benannt nach den 12. Aposteln. Dieser trägt als einziger ein orangefarbenes Etikett mit hohem Wiedererkennungswert, während die sortenreinen einheitlich in Silber mit (schwer lesbarer) Bezeichnung der Rebsorte ausgestattet sind.
Dieser Wein ist der Renner in der Gastronomie und passt zu vielen Gerichten (ja, auch Spargel)

4. Grauburgunder
Sehr trocken, nur 4,5 g RZ. Auch sehr beliebt in der Gastronomie. Mathieu hat den GB früher etwas üppiger und halbtrockener ausgebaut. Seine Söhne wollten ihn trockener haben. Wir mussten an dieser Stelle den Söhnen beipflichten (besonders, wenn man die vorigen Jahrgänge kennt), das ist ein absoluter Top-Wein!

Nach Abschiedszeremoniell und Weinkauf, auch für die Rückschauprobe im kommenden Jahr (der Busfahrer begann an dieser Stelle bereits, etwas nervös zu werden angesichts der Kartons) ging die Fahrt weiter, aber nicht wirklich weit. Am Fuß des Louwberg, mit Blick zum Apostelhoeve, fanden die GenussSpechte sich für den folgenden Programmpunkt ein, dem

Weingut Hoeve Nekum

Der Hof besteht seit 1350. Das Gebäude, das wir betraten, ist von 1600. Der Name lautete ursprünglich Hoeff van Nyedekom. Seit 1934 ist die Familie Bollen Eigentümer. Ursprünglich gab es Milchvieh und Ackerbau, in 1988 begann man ganz klein mit Weinanbau. Die erste Ernte lieferte 1992 7000 Flaschen Wein. Momentan sind es 7 ha. plus etwas Ackerbau Seit 2009 gibt es nur noch Weinbau.
Angebaut werden Rivaner, Auxerrois, Riesling, Spätburgunder, Frühburgunder, Weißburgunder, Solaris, Voltis. Dieser ist seit 2018 zugelassen, seit 2022 auch in der Champagne. Es ist eine Sorte, die eher spät reift und nicht viel Zucker bringt, ideal also für Sektgrundwein.
Die Böden sind Löss, Kieselsteine, Mergel.
Auch hier erntet man immer früher, ab 2017 durchgehend nur noch vollreife Trauben.
Bei Pinot Noir hat man eher lockerbeerige Clone ausgewählt, die weniger fäulnisanfällig sind.
Solaris wird, wenn geeignet, als süße Spätlese ausgebaut, geht ansonsten ins Cuvée.
Auch hier ist ein eigener Vollernter im Einsatz. Aufgrund der Tatsache, dass Herr Bollen alles alleine macht, sind die Reben im Minimalschnitt gehalten.
Nach der Pressung auf der pneumatischen Presse gärt der Most ca. 3 Wochen bei 15-20°C, im Dezember ist der erste Abstich, dann hat er eine minimale Resthefe, im Februar wird filtriert, im März/April gefüllt.
Rotweine machen längere Maischegärung im Edelstahl mit regelmäßiger Batonnage. Anschließend werden Holzchipps (aus getoasteter französischer Eiche) für die Holznoten eingesetzt. Er meint, es sei nachhaltiger als immer wieder neue Fässer zu bauen, die dann nur 1 bis 2 Mal benutzt werden können.

Die Probe fand in einem ehemaligen Scheunengebäude mit beeindruckende alten Holzbalken in der Deckenkonstruktion statt.

Wir probierten:

1. Auxerrois
2. Riesling
3. Spätburgunder Rosé – leicht moussierend, etwas Kirsche und Himbeere, ca. eine halbe Stunde Maischestandzeit, ansprechendes Pink.
Rosé war mal völlig out, niemand wollte ihn haben, momentan ist es ein regelrechter Boom.
4. Pinot Noir von 2020
Ein hervorragender Wein mit Anklängen von Schattenmorelle, die Tannine schön eingebunden
5. Solaris Late Harvest, ein wuchtiger Wein mit nussigen Anklängen und Duft und Geschmack von reifen, gelben Früchten, erinnert im Abgang an japanischen Pflaumenwein.
Passt zu Schimmelkäse, Foie Gras und Ähnlichem. 40 g RZ bei 16 % (!!)

Anschließend gab es den Abschied mit Hochheimer Blumen und es wurde etwas Wein käuflich erworben.

Nach diesem ereignisreichen Tag ging es in unser erstes Nachtquartier, das NH Hotel Maastricht, etwas außerhalb der Innenstadt. Da wir alle zu müde waren, um zum Vrijthof zu fahren, blieben wir im hoteleigenen Restaurant bei diversen Tapas, Miesmuscheln, sowie einer interessanten Auswahl an Gerstenkaltschalen (IPA vom Fass!! Lagunitas!!) hängen.

2. Tag: Freitag, 30. August 2024

Am nächsten Morgen erwartete uns ein herrliches Frühstücksbuffet. Diejenigen, die extra früh aufgestanden waren – sehr disziplinierte Gruppe übrigens, auf der ganzen Fahrt – hatten am meisten davon, denn es ging schon um 8:00 Uhr los in Richtung Groesbeek, Gelderland, zum

Weingut De Colonjes

Adam Dijkstra hatte leider an diesem Tag keine Zeit für uns, aber wenigstens konnten wir ihn kurz begrüßen (und ihm eine Hochheimer Blume in die Hand drücken), bevor wir das Weinbauzentrum enterten. Hendrik hatte mit Amanda, Adams Frau, im Vorfeld besprochen, dass wir am Anfang mit Kaffee und dem typischen „Appelgebak“ – einem herrlichen Apfelkuchen – empfangen wurden. Dank der hervorragend organisierten Mitarbeiterinnen hatte bald jede und jeder von uns das gewünschte koffeinhaltige Getränk und Kuchen mit oder ohne Sahne zur Stärkung vor sich stehen und wir genossen eine gemütliche Kaffeepause bei Ausblick auf die Weinfelder.

Danach nahm uns Rob Jansen, Leiter der Vinothek in Empfang, und erzählte uns Wissenswertes über das Weingut:

2001 kamen zwei Brüder, Cees und Freek Verhoeven, frisch in Rente, auf die Idee: „Wir trinken doch so gerne Rotwein. Lass uns welchen anbauen.“ Gesagt – getan, sie begannen mit Regent, der bereits im dritten Jahr einen Preis gewann.
Da den beiden Brüdern klar war, dass sie nicht jünger werden würden, holten sie nach einigen Jahren den eingangs erwähnten Adam mit ins Boot. Der hatte in Deutschland Weinbau studiert und eigentlich die Absicht, nach Südafrika zu gehen. (Amanda ist sicher den Verhoeven-Brüdern dankbar, dass er das nicht getan hat …)

Inzwischen ist Colonjes 16 ha groß, das größte Bio-Weingut in den Niederlanden. 13 ha sind PiWis, 3 sind traditionelle Rebsorten (neu gepflanzt in 2023) Von Anfang an war das Weingut darauf ausgelegt, Menschen mit Einschränkungen, die teils auch Assistenten nötig haben ,eine Arbeitsmöglichkeit zu geben. So sind es ca. 90 Mitarbeitende, 15 Festangestellte.
Durch den Umzug in das Weinbauzentrum verfügt man nun über Labor, Schulungsräume, Vinothek und inzwischen schon wieder zu wenig Platz im Keller.

Freek Verhoeven ist im Oktober 2018 leider verstorben. Wer ihn, die Seele des Betriebs, gekannt hat, wie er immer mit Baskenkäppi unterwegs war und, begeistert von seinem Weingut, Leute mitreißen konnte, dem ist sofort am Eingang des Weinbauzentrums das kleine gehäkelte Ebenbild aufgefallen.

Bei einer Kellerführung erfuhren wir, dass es 2001 drei kleine Tanks à 300 l gab. Jetzt ist alles vorhanden, was man zum Arbeiten braucht, inklusive einer eigenen Etikettiermaschine. Die anderen, kleinen Groesbeeker Betriebe können hier auch ihre Analysen durchführen oder Weine in Barriques reifen lassen, auch Obstsäfte werden verarbeitet.
In den Schulungsräumen gibt es Weiterbildungen für Gastronomen, Sommeliers, Winzerinnen und Winzer.

Die Weinprobe (mit Borrelhapjes, klar) umfasste:

1. Collonjes Knapse Witte, sehr trocken, Aromatik von Naturwein, 15% Riesel und 85% Helios

2. Cuvée Wit: Helios, Sauvignac, Souvignier Gris, Muscaris – sehr ausgewogenes Aroma

3. Cabernet Colonjes und Regent, Rosé
Der Wein fällt durch sein fast schon extremes Pink auf. Im letzten Jahr waren alle Weine sehr farbenfroh, erzählte uns der Mitarbeiter.

Cabernet Colonjes ist tatsächlich nach dem Weingut benannt, weil Adam als erster diese Neuzüchtung – aus Neustadt natürlich – erworben hatte. Jeder, der diese Rebsorte nun auch in den Bestand nimmt, muss sie so nennen. (Wenn man googelt, findet man welche, auch die Abstammung aus Cabernet Sauvignon und Regent)

4. Rotwein „Zonneklaar“ vom Weingut van Ditshuizen, das Weingut von Amandas Eltern
Cabertin, Cabernet Cortis, Gabernet Cantor, etwas gekühlt, sehr guter Sommerrotwein

Wir wissen, was jetzt folgte: Blumen- und Weinkaufzeremonie, bevor wir uns wieder zum Bus begaben und weiterfuhren, ganz hoch in den Norden, in die Provinz Overijssel, nach Bentelo, zum

Weingut Hof Van Twente

Wir wollten da schon immer einmal hin und hatten es nie geschafft. Unsere Mitstreiter im Weinbaumuseum, Tom und Melanie, hatten uns eine Weinprobe ausgerichtet mit Weinen aus Schleswig-Holstein und einer davon wurde in Bentelo ausgebaut, der Weg hierher ist kürzer als in deutsche Weinbaugebiete. Im letzten Jahr hatten wir einen Abstecher dorthin gemacht, waren zufällig beim jährlichen Hoffest dort gelandet und waren begeistert, deshalb konnten wir Euch das auf keinen Fall vorenthalten.

Die Chefin, Iris Visser, empfing uns mit einem Sekt auf der wunderschön angelegten Terrasse. Eigentlich sollte ihr Sohn Mart die Führung durchführen, weil er nach Studium in Oppenheim perfekt Deutsch kann, aber der war verhindert, weil unverhofft im Achterhoek die ersten Trauben gelesen wurden.

Das Weingut, das nördlichste in den Niederlanden, wurde im Jahr 2000 von Inge und Roelof Visser gegründet (am gleichen Tag übrigens, als eine gewisse Ehe in Deutschland geschlossen wurde, ohne die es auch die GenussSpechte nicht gäbe). Es waren anfangs ausschließlich PiWis.

Insgesamt bewirtschaftet man nun 8,5 ha.

Um das Gebäude herum stehen Souvignier Gris, Pinot Noir, Solaris und Regent. Weitere Rebsorten sind Johanniter, Pinotin (der wird demnächst entfernt, zu anfällig für die Kirschessigfliege), Satin Noir (ganz neue Rebsorte, natürlich auch aus Neustadt).

Nach dem Sekt führte uns Inge in die Weinberge. Hier sind ein Bewässerungssystem und ein Berieselungssystem installiert. Letzteres kann den Wein bei Frost in Wassernebel hüllen, so dass eine dünne Eisschicht um die Triebe diese schützt. In diesem Jahr musste man damit, mit Feuertöpfen und dem Blower aus Neuseeland, der damals beim Weinfest aufgebaut war zur Anschauung, die Reben schützen.
In der Blütezeit war es zu nass, so dass es sehr wenig Trauben geben wird. Trauben sind Windbefruchter und wenn es gießt wie aus Kübeln, bleiben viele Trauben unbefruchtet.

Beim Pinot Noir hat man auf lockerbeerige Clons gesetzt. Diese Rebsorte wird mit Kalk oder Lehm eingesprüht, damit die Kirschessigfliege denkt, es sei Weißwein und ihn verschont. Der Solaris ist fast reif und wird demnächst gelesen. Der Regent ist früher dran als üblich. Auch hier werden die Wetterverhältnisse immer chaotischer und stellen vor enorme Herausforderungen. Die Lesereihenfolge wird sein: Solaris, Regent, Souvignier Gris und Pinot Noir. Die Erntehelfer sind alle ehrenamtlich tätig, alles wird von Hand gelesen, gemütlich, mit der in den Niederlanden üblichen Anzahl von Kaffeepausen. Niederländer, normale zumindest, funktionieren nur, wenn man sie ca. alle 2 Stunden mit Kaffee befüllt. Es gibt eine Warteliste von 230 Personen! Sie müssen guten Kaffee und gutes Essen servieren hier.

Wie man sehen kann, wird groß gebaut. Eigentlich wollte man nicht wachsen, aber da der Sohn mit einsteigt, wird jetzt vergrößert. Daher gibt es auch kein Weinfest in diesem Jahr. Es ist schwierig, gleichzeitig zu bauen, die Anlagen umzuziehen und zu lesen und genau diese Konstellation hat man derzeit.
Da der Markt nach niederländischem Sekt fragt inzwischen, stellt man auch diesen jetzt her.

Während unserer Tour lief die pneumatische Presse – wir wurden also Zeugen der Erstpressung des neuen Jahrgangs 2024 in den Niederlanden!

Es werden ausschließlich Reinzuchthefen verwendet. Die momentane Kapazität liegt bei 200.000 l. In diesem Jahr werden es nicht mehr als 150.000 werden.
Bei den „Externen“, den Weinen, die man u.a. für die deutschen Winzer, herstellt, werden im Vorfeld die gewünschten Weinstile besprochen und dann entsprechend ausgebaut.
Die Barriques, auch die von den diversen Kleinwinzern, werden bald in den neuen Keller umziehen.

Die ersten Jahrgänge des noch unbekannten Weinguts wurden mit von Künstlern gestalteten Etiketten bestückt. Nach ein paar Jahren entschloss man sich, davon abzusehen, der Wein sollte fortan im Vordergrund stehen.

Zum Schluss der Kellerführung kamen wir auch an der Schatzkammer mit älteren Weinen sowie des (gut sortierten) Privatkellers vorbei.

Die verkosteten Weine waren:

Beim Empfang: 1. Sueterie Parel
Souvignier Gris (und etwas Muscaris)
Dieser Secco hat gerade bei der AWC Vienna Silber geholt! Ein wunderbar fruchtiger sommerlicher Secco der nach mehr schmeckt.

2. Sueterie Wit
Halbtrocken, Solaris, Souvignier Gris und Johanniter

3. Solaris
Teils im Stahl ausgebaut, teils im Barrique (Erstbelegung, auch Gärung im Barrique).
Vollmundig und fruchtig

4. Sueterie Rosé trocken
Pinotin und Cabernet Cortis.

5. Sueterie Rood
Pinotin, Regent und Ronde, ausschließlich im Edelstahl ausgebaut.
Intensives Aroma roter Früchte

6. Regent Barrique 2020
24 Monate im Barrique (Erstbelegung). Vanille, Röstnoten, intensive rebsortentypische Note.

Wir hinterließen einen Riesling für den privaten Weinkeller und trugen auch hier einige Flaschen fort.

Weiter ging es für das zweite Hotel unseres Aufenthaltes wieder gen Süden, nach Arnheim, ins Hotel Holiday Inn Express, bei dem es leider keinen Parkplatz für den Bus gab, aber Hendrik (it’s not a trick, it’s Hendrik) fand eine Lösung und eine Abstellmöglichkeit mit Bushaltestelle und begleitete unseren Fahrer.

Zum freien Abendessen landeten einige Teilnehmende am Rheinufer an einer Food Hall, bei der sich der Bestellvorgang als kompliziert erwies, aber das Essen war sehr lecker. Andere nutzten die Zeit für einen Bummel durch die Stadt.

3. Tag: Samstag, 31. August 2024

Nach einem Frühstücksbuffet, für das wir zwar mehr Zeit hatten, das aber nicht ganz so üppig daherkam wie das im ersten Hotel, starteten wir und fuhren das kurze Stück zum Nationalpark de Hoge Veluwe in Otterlo.
Unser Ziel war jedoch nicht der Park, heute stand der kulturelle Programmpunkt unserer Reise an: Der Besuch des

Kröller-Müller Museums.

Helene Müller, geboren 1869 im Ruhrgebiet als Tochter eines Industriellen, zog nach ihrer Heirat mit Anton Kröller, Teilhaber ihres Vaters und Sohn des Rotterdamer Büroleiters, in die Niederlande. Als leidenschaftlicher Jäger kaufte Kröller ab 1909 in Etappen ein Jagdgebiet, de Hoge Veluwe.

Der Park umfasst heute 5400 Hektar mit verschiedenen Landschaftstypen. Es gibt Wälder, Seen, Moore und Dünenlandschaften und Heide in allen Farbschattierungen.

Viele Tiere leben im Park, u.a. Rotwild, Rehe, Mufflons, Wildschweine und natürlich Kleintiere und Insekten. Man kann den Park mittels 1800 weißer kostenlos entleihbarer Fahrräder erkunden, das hatten wir heute aber nicht vor.

Helene hatte durch den Besuch der „Lehrstunden über Kunstgeschichte“ von Henricus Petrus Bremmer, einem Maler, Kunstpädagogen und Kunsthistoriker, ihre Leidenschaft für Kunst entdeckt. Mit dem Ankauf von 3 Bildern von Vincent van Gogh begann sie im Jahr 1909 ihre Kunstsammlung, die insgesamt aus über 4000 Zeichnungen, 275 Bildhauerarbeiten sowie mehreren Hunderten Gemälden besteht, fast 300 davon von Vincent. Des Weiteren enthält die Sammlung Werke anderer Impressionisten, Neo-Impressionisten, Realisten und auch viele Vertreter der abstrakten Kunst, u.a. zum Beispiel Piet Mondriaan, der eine gewisse Bedeutung im Hause Ruitenberg hat (gleiche Geburtsstadt wie viele Generationen von Ruitenbergs, nämlich Amersfoort – kleiner Besichtigungstipp: Das Geburtshaus von Mondriaan).

Erste Pläne für ein Museum hatte der Architekt Peter Behrens entworfen. Dies gefiel den Auftraggebern jedoch nicht, und auch weitere Entwürfe anderer Architekten wurden abgelehnt, bis die Wahl auf Hendry van de Velde fiel. 1921 wurde mit dem Bau begonnen. Durch die Rezession ging den Auftraggebern jedoch das Geld aus und das Gebäude ist nie wie geplant fertiggebaut worden. Lediglich das Jagdhaus Sint Hubertus wurde zwischen 1914 und 1920 erbaut.

1935 wurden der Park und das Jagdhaus in eine Stiftung überführt. Der Niederländische Staat erhielt die Kunstsammlung unter der Bedingung, dass innerhalb von 5 Jahren ein Museum erstellt werden müsse. 1937 bis 1938 entstand ein „Übergangsmuseum“, ein schlichtes Bauwerk, das in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts durch den Architekt Wilm G. Quist vollendet wurde.

Hendrik hatte für uns eine ca. einstündige Führung gebucht, die das Museum nur kurz für uns anreißen konnte. Danach hatten wir Zeit, selbst auf Entdeckungsreise zu gehen. Es ist klar: wenn man alles ergiebig kennenlernen möchte, auch den immens großen Skulpturengarten im Park, muss man wiederkommen.

Bei der Führung, die uns die wichtigsten und interessantesten Kunstwerke nahebrachte, erfuhren wir einiges Wissenswertes.

So hatte Helene z.B. verfügt, dass alle Bilder von Van Gogh einheitlich gerahmt werden sollten. Die Rahmen sind alle nach gleicher Machart gefertigt, das Holz wird nach den Farben und Helligkeit oder Dunkelheit der Bilder ausgewählt. Werden Bilder für andere Ausstellungen verliehen, so bekommt man sie dann meist in anderer Rahmung zurück.

Auch hier überreichte Hendrik die Hochheimer Blumen und der Aufschrei des Entzückens und die offensichtliche Freude und Überraschung unserer Museumsführerin hat uns alle sehr berührt. Auch, wenn für uns alle offensichtlich war, dass sie noch einige Monate gar keinen Wein trinken darf …

Bei der freien Entdeckungstour sorgte Matthias selbst für ein Kunstwerk: Als er einen der Räume betrat, wunderte er sich, warum zwei Jungs anfingen, zu lachen – bis er sein Poloshirt genauer betrachtete und zudem das Bild, vor dem er gerade stand. Mondriaan wird gerne als Inspiration genutzt.

Einige ließen sich noch im Museumscafé nieder, auch der Museumsshop durfte sich über Umsatz freuen.

Danach sollte es zur einzigen Weinprobe des Tages gehen, zum

Weingut Keulenhof in Elst.

Wir erinnern uns, wir waren bei der ganzen Tour bislang immer zu früh gewesen – diesmal nicht, im Gegenteil! Da wir selbst dieses Weingut noch nicht kannten, fiel es Hendrik auch erst auf, als wir in eine Einfahrt hineinfuhren, die uns bekannt vorkam und die Winzerin, völlig verblüfft, fragte: „Was machst du denn hier?“
Des Rätsels Lösung: Wir waren nicht im Keulenhof, sondern in Betuws Wijndomein! Das Weingut, das uns aufgrund einer Hochzeit nicht empfangen konnte, weshalb es uns den Keulenhof überhaupt empfohlen hatte, dessen Weine wir daher bei der Weck-Worscht-und-Woi Pause genossen hatten … Der Fehler war schnell gefunden: Unser Busfahrer hatte nie von seinem Chef den endgültigen Reiseplan bekommen für die Navigation – sondern den ursprünglichen, für die Preiskalkulation erstellten von Hendrik, bei dem Betuws noch dabei war.

Ärgerlich, denn wir kamen dadurch viel später als geplant in Elst an. Wodurch uns die Wanderung um die Weinparzellen erspart blieb und ehrlich gesagt, wir wissen alle, wie Reben aussehen; manche Gelenke begrüßten es, nicht weiter strapaziert zu werden nach der Lauferei im Museum.
Eine Kellerführung gab es auch nicht, diese kleine Weingut hat keinen.
Es ist ein so genannter Kleinst- oder Nebenerwerbsbetrieb. Winzer Arjan Stam erfreut sich seines Rentnerdaseins und kann seine ganze Zeit und Leidenschaft in den Wein stecken, wobei er schon vor Arbeitsende damit begonnen hat. Die Verarbeitung erfolgt dann bei Betuws, die Assemblage der getrennt ausgebauten Sorten verantwortet Arjan selbst.

Wir ließen uns also sofort an dem liebevoll gedeckten Tisch im Garten nieder, mit Blick auf Bilderbuchreben (besonders der rote stand wie eine Eins). Die Weine standen zum Anschauen in der Reihenfolge auf dem Tisch, ausgeschenkt wurden sie aus der parat stehenden Kühlbox.
Höfliches Interesse schlug nach der freundlichen Begrüßung und erst recht nach dem ersten Schluck der Probe um in absolute Begeisterung.

Gleich am Anfang wurden Teller mit (sehr kleinen) Häppchen verteilt. Wer jetzt nicht sofort darüber herfiel, war ganz klar im Vorteil, denn Arjan hatte zu jedem Wein ein passendes Häppchen kreiert.

Das Weingut besteht seit 2018. Die Familie hat diesen Hof in der 4. Generation. Er heißt deshalb Keulenhof, also nach der Stadt Köln benannt, weil Arjans Urgroßvater aufgrund damaliger Verbindungen den Zehnten in Deutschland zahlte.

Die Rebfläche ist nur einen Hektar groß, hat 4200 Reben, die ca. 4-5.000 Flaschen ergeben. Der Boden ist ca. 50 cm Flusston auf Löss.
Sein Ziel ist, sortentypische Weine zu machen, eine Rebsorte soll dominieren, er möchte Weine anbieten, die ein ganzes Menu begleiten können. Qualität entsteht nicht durch Zufall, sondern durch harte Arbeit, ist seine Meinung, und in seinem Weinberg sieht man, wie sauber und präzise er arbeitet. Das merkt man den Weinen auch an – ein kleines Weingut mit sehr hohem Qualitätsanspruch. Wir waren durch die Bank begeistert.
Mit dem Etikett wollte er auffallen und ein Erkennungsmerkmal haben, daher die auffallend orange Farbe und die Form wie eine Backsteinmauer. Die abgebildeten Symbole sind das Herz für Wein mit Liebe und Leidenschaft gemacht, die eckige Form des Herzens ergibt sich aus dem Zuschnitt seines Weinfeldes, wie man aus einer Drohnenaufnahme gut erkennen konnte, weiter Symbole sind der Korkenzieher, die Form dem Wappen des Hauses nachempfunden, sowie der Schmetterling für den Respekt der Natur.

Die Probe umfasste:

1. Parel van Elst, ein Secco aus Muscaris und Cabernet Cortis. Fruchtig, spritzig, sommerlich, durch den Muscaris duftig und blumig. Hierfür war die Olive auf Rundkeks gedacht.

2. Parel van Elst wit, Vilaris von Betuws und Muscaris vom Keulenhof, fruchtig, feinherb, und an dieser Stelle wurde es lustig.
Arjan erzählte, der Wein passe zu Fisch und Meeresfrüchten und zu Gevögelten … durch unseren ebenso krampfhaften wie erfolglosen Versuch, unser Lachen zu unterdrücken, hielt er inne, guckte verdutzt, grübelte, was er gesagt haben könnte – bis Hendrik ihn (aus Diskretionsgründen auf Niederländisch) über diesen sprachlichen Faux-Pas aufklärte. Geflügel heißt auf Niederländisch in der Tat „Gevogelte“, jedoch kann man nicht, wie er angenommen hatte, durch Ersatz des „o“ durch ein „ö“ das Wort eindeutschen.

3. Mussenberg (benannt nach dem Schloss, das hier einst stand und dessen Steine für den Bau der zweiten Scheune verwendet wurden)
Rebsorte Sauvignac (gekreuzt aus Sauvignon blc und Riesling), die Sorte ist seit 4 Jahren im Anbau, mit 2 g RZ ist das der trockenste Wein in seinem Sortiment.
Das interessante bei diesem Wein ist: Bei heißerem Sommer geht der Geschmack mehr Richtung Sauvignon Blanc, bei kühlerem Sommer mehr Richtung Riesling.

4. Mussec – der Name ist eine Anspielung auf den Elsass
Es handelt sich um einen trocken ausgebauten Muscaris. Bei Aromarebsorten erwarten viele einen süßen Wein, während der Elsass zeigt, dass diese Rebsorten auch hervorragende trockene Weine hervorbringen. Dieser gehört definitiv dazu.

5. Optimum Rosé aus 97% Cabernet Cortis und 3% Souvignier Gris
Sein Ziel war es, einen Wein zu machen, der an Südfrankreich erinnert. Ziel in jedem Fall erreicht.
An dieser Stelle wäre eigentlich die Probe zu Ende gewesen, aber die Weine waren so hervorragend, dass wir natürlich mega neugierig auf den Roten waren. Hendrik, der immer gut für uns sorgt, organisierte die Erweiterung.

6. Cabernet Cortis, genannt „Brique“
2022 hat man sich zum ersten Mal an Rotwein gewagt, es gab 600 Flaschen, die ein Jahr in amerikanischen und französischen Barriques lag. 300 Flaschen werden erst im nächsten Jahr verkauft, um zu erkunden, wie sich Zeit auf den Wein auswirkt.
Wir hatten also sehr großes Glück, dass wir ihn kosten durften. Der Wein war der beste niederländische Rotwein den ich in all diesen Jahren probieren durfte.

Fazit: Der „PiWi-Ton“, den diese Weine in den ersten Jahren noch hatte, ist bei diesem Weingut überhaupt nicht mehr zu erschmecken, es sind einfach nur geniale Weine.

Aufgrund unserer Begeisterung, und weil wir die Weinbergsführung verpasst hatten, mussten wir das Add-On nicht einmal bezahlen. Der Winzer freute sich natürlich über unseren Riesling und auch hier kauften wir eifrig ein, während ein Grüppchen niederländische „Best Agers“ (öhem) auf dem Rad eintrudelte, die für jetzt eine Weinprobe gebucht hatten.

Nach diesem wirklich beeindruckenden Erlebnis (wir müssen selbstverständlich auch hier ab jetzt regelmäßige Kontrollbesuche unternehmen :-)) ), kletterten wir wieder in den Bus und fuhren ins gelobte Land, will sagen, in die Provinz Zeeland.

Eigentlich hatten wir vorgehabt, noch ins Wasser zu hüpfen, aber angesichts der Uhrzeit und den etwas restriktiven Öffnungszeiten der beiden Strandpavillons vor unserem Hotel musste das leider unterbleiben. Dieses Hotel war das beste der Reise und verdient es, für einen längeren Aufenthalt erneut besucht zu werden.

Wir genossen den Abend bei Fisch (die meisten von uns) und nicht aus Trauben hergestellten Getränken mit Blick auf Strand und Sonnenuntergang.

4. Tag: Sonntag, 01. September 2024

Da es mit dem Sprung in die Wellen gestern Abend nicht geklappt hatte, stellten sich einige von uns den Wecker ganz früh. Um 7:15 waren die Wolters und die Ruitenbergs schon am Strand – um festzustellen, dass Wolfram noch schneller gewesen war! Dafür waren wir tiefer drin :-))

Von allen Hotels hatte Westduin das beste Frühstücksbuffet, inklusive einer gekühlten Orangenpresse, die frisch gepressten Saft auf Knopfdruck lieferte. Wie gut, dass wir heute so viel Zeit hatten, denn wir mussten nur ein Viertelstündchen fahren bis zu unserem ersten Ziel, die

Wijndomein De Boe in Koudekerke

Bruno Suter, der Winzer, den die Ruitenberg erst letztes Jahr auf Empfehlung von Johan van de Velde kennengelernt hatten, empfing uns und erzählte uns auf einem kleinen Rundgang die Geschichte seines Weinguts. Er hat in Frankreich, Deutschland, England und Niederlande (u.a. in Dreischor) Erfahrungen gesammelt.

Bruno hat diesen ehemaligen Obstbaubetrieb in 2020 gekauft und im Oktober die Bäume entfernt, dabei aber die Hecken aus den 40er bis 50er Jahren als Windschutz stehen lassen. Das Weingut ist umschlossen wie ein „Clos“ in Frankreich. Die ersten Reben pflanzte er im April 2021 an, im Oktober 2023 konnten die ersten Trauben gelesen werden. Es gibt Chardonnay, Auxerrois, Grauburgunder, Traminer, Muscaris, Souvignier Gris, Spätburgunder, Schwarzriesling (aka Müllerrebe, Pinot Meunier) und Trousseau, eine alte rote Rebsorte, die vorwiegend im Jura angebaut wird, wo sie herstammt, aber auch in Spanien und Portugals.

Ausgebaut hat er sie sortenrein in kleinen Tanks, um dann anschließend die Assemblagen vorzunehmen. Bei Jungweinen kann man noch nicht viele Aussagen treffen, erst in 5-8 Jahren wird man wissen, wo die Reise hingeht (für Junganlagen waren die Weine aber schon ganz schön lecker, davon später mehr)

Das Faszinierende an diesem Weingut ist, dass es zwei verschiedene Böden hat, was auf einem Infrarotfoto gut zu sehen ist: wie mit dem Lineal markiert, auf der einen Seite Sand aus einem alten Flussbett, auf der anderen Seite Ton. So kann man die Rebsorten gemäß ihrer Bodenvorlieben anpflanzen und später terroirbetonte Weine machen. Er hat jede Rebsorte auf beiden Böden sitzen.
Genau auf der Grenze ist eine Hecke. Er hat Bodenanalysen machen lassen, die ursprünglichen Obstbauern hatten diese Werkzeuge nicht und haben dennoch genau die Grenze getroffen.

Auch hier gab es im April 2024 Frost und trotz Einsatz von Feuertöpfen ca. 5% Verlust. Mitte Juni gab es während der Blütezeit zu viel Regen. Während bei den traditionellen Rebsorten dadurch 20-25% weniger Traubenansatz zu beobachten ist, ist der Verlust bei Muscaris ca. 65%. Die PiWis sind zwar weniger anfällig für Krankheiten, aber offenbar viel empfindlicher bei Regen in der Blüte, was zur Verrieselung führt.

Momentan ist nur jede zweite Zeile begrünt, um diesen jungen Reben nicht zu viel Konkurrenz um Nährstoffe zuzumuten.

Das große Haus, das man hinter den Hecken sieht, ist von 1753 und gehörte ursprünglich zur Anlage dazu und beherbergte eine Klinik. Der Park hat insgesamt 18 ha. Heute ist dort ein B&B. Der Name des Hauses lautete Hus de Boede (Boe = Holzbau), weshalb er das Weingut De Boe genannt hat.

Die erste Ernte vom letzten Jahr hat er bei Johan in Dreischor pressen lassen. Inzwischen hat er eine Holzpresse gekauft, die von der Funktion so ist, wie alte Pressen, aber natürlich niegelnagelneu und computergesteuert. Er findet das für die Größe seines Weinguts besser. Man habe zwar ca. 5-10% weniger Ausbeute, aber auch weniger Trub und daher weniger Filter nötig.
Der erste Wein wurde nur in Stahltanks verarbeitet, für dieses Jahr hat er ein neues und mehrere ältere Holzfässer gekauft.

In der Vinothek probierten wir die folgenden Weine:

1. Grauburgunder
Noten von Birne und Stachelbeere, nicht ganz trocken und unglaublich präsent – das ist eine Junganlage? Wow.

2. Muscaris trocken, Noten von Litschi und Holunder
Ja, jung, aber astrein, auch hier kann man sich auf das freuen, was die Reben hervorbringen werden, wenn sie der Grundschule entwachsen sind und als Teenager durchstarten.

3. Auxerrois und Chardonnay
Beide waren mengenmäßig zu wenig, um solo ausgebaut zu werden, aber da die Rebsorten ohnehin verwandt sind, eignen sie sich auch als Cuvée.

Fazit: Alle Achtung für eine erste Ernte. Er weiß, was er tut, die Anlagen sind tiptop in Schuss und das ist definitiv ein Winzer, den wir in die engere Beobachtung nehmen.

Auch er durfte sich natürlich über unser Mitbringsel freuen.

Aufgrund des knappen Bestandes konnten wir hier leider nichts kaufen.

Nach diesem schönen Morgenausflug ging es zum Highlight der Reise – nach Dreischor zum

Wijnhoeve de Kleine Schorre

Johan van de Velde begrüßte uns, das Team des Proeflokaals schenkte uns es einen handgerüttelten Sekt ein, den Brut de Zeelande aus 60% Weißburgunder, 30% Auxerrois, 10% Rivaner, 24 Monate auf der Hefe, 8 g RZ. Mit dem Glas in der Hand ging es zur kurzen Weinfeld / Kellerführung. Der Keller ist oberirdisch, hier ist man direkt auf Meereshöhe. Schorre bedeutet „grasbewachsener Streifen in der Gezeitenzone, wird nicht mehr täglich von der Flut überschwemmt“ (wie eine Salzwiese). Daher leitet sich auch der Name des Dorfes ab. Das Dorf ist übrigens sehenswert, es ist ein Ringdorf, d.h. um die Kirche herum befindet sich eine runde Straße mit Häusern, von der weitere Straßen abgehen.

Zur Geschichte des Weinguts: Die Familie hat ca. 50 ha Land und hat früher Kartoffeln und Rosenkohl angebaut. Als damit kein Geld mehr zu verdienen war, saß Johans Vater eines Tages beim Nachbarn und überlegte, was man sonst anbauen könnte. Die Sache mit dem Wein ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Schnapsidee gewesen – es soll sich den Gerüchten nach eine Flasche Genever rege in die Diskussion eingebracht haben.
Zeeland hat den wenigsten Frost und die meisten Sonnenstunden in den Niederlanden und immer wieder Wind, der die Reben trocknet. Warum also nicht?
Der Boden enthält viel Kalk und Muschelschalen, durch die Flutkatastrophe von 1953, bei der Zeeland komplett überflutet war, ist er auch recht salzig – was man in den ersten Jahrgängen, die noch nicht so tief wurzelten, auch stark schmecken konnte.

2001 wurde nach ausführlicher Bodenanalyse und mit Hilfe des luxemburgischen Weinguts Cep d’Or mit dem Umbau von Kartoffeln zu Wein begonnen. Man wählte traditionelle Rebsorten, damals fand man die PiWis noch nicht lecker genug, und da das Ziel von Anfang an war, Weine zu produzieren, die zu den Zeeländischen Spezialitäten, vor allem Fisch und Meeresfrüchten, passen sollten, fiel die Wahl auf Rivaner, Weißburgunder, Grauburgunder und Auxerrois.
Bei Cep d’Or ist Johan auch 3 Jahre in die Ausbildung gegangen. Als er bei der Bank um einen Kredit anfragte, um zu starten, wurde er ausgelacht. So beschaffte man sich Kapital über Crowdfunding und Rebstockpachten. Den ersten Ertrag bekamen die Aktionäre. Ein geschmackliches Highlight soll es nicht gewesen sein. Aber wir kennen das Weingut seit 2013 und es ist erstaunlich, welche Qualität man erreicht hat. Bei traditionellen Sorten werden 20% der Trauben entfernt, bei PiWis ca. 50% momentan.

Inzwischen sind weitere Rebsorten hinzugekommen, u.a. Gewürztraminer und Souvignier Gris, also doch eine PiWi, auch Cabernet Blanc, es sind insgesamt 14 ha. Die Reben kommen von Freytag und im letzten Jahr mussten aufgrund der Übermenge Tanks hinzugekauft werden. 2 weitere ha sollen noch hinzukommen. Langsam wird allerdings der Keller eng. Sein Tipp für Neuwinzer: Plane deinen Keller, und dann verdoppele ihn vor dem Bau.

In diesem Jahr gab es Frost, aber der hat nur den Junganlagen, die noch nicht tragen, zu schaffen gemacht. Der Cabernet Blanc ist allerdings stark verrieselt. Die Weinfelder sind alle von Hecken umrandet, um die Reben vor dem salzwasserhaltigen Wind zu schützen.

Die erste Presse wurde schon zu klein und gegen eine größere ausgetauscht. Auch von der Handlese mit freiwilligen Lesehelfern ist man inzwischen abgekommen. Johan hat sich für einen Vollernter entschieden, den man hinter dem Traktor herzieht, dafür hat er einen Arbeiter, der nach Metern bezahlt wird. Damit kann man schneller größere Mengen lesen, was im Zuge des Klimawandels und der Wetterkapriolen vernünftig ist. Der Vollernter schüttelt die reifen Trauben herunter, die grünen bleiben hängen. Allerdings bedeutet 1 Stunde fahren auch 2 Stunden Vollernter putzen …

Die Gärung erfolgt nur im Edelstahl, erst danach wird entschieden, welche Weine in Barriques vollendet werden. In der Regel läuft die Gärung bis Ende Januar, dann liegt der Wein noch auf der Hefe, wird im März filtriert, im April folgt die Assemblage, bei der auch Guus, der Pächter des Proeflokaals, gelernter Sommelier, dabei ist, und natürlich Paula und auch der Chef von Cep d’Or ist gerne dabei.
Inzwischen gibt es 8 Angestellte, Paula ist für die Außenwirtschaft zuständig.
Für die Füllung kommt ein Lohnfüller aus Trier, dann werden 96.000 Flaschen in 3 Tagen gefüllt.
KLM ist noch immer Abnehmer, seit über 10 Jahren kaufen sie Wein für die Business Class, ca. 30%. 30% gehen ab Hof weg, der Rest ist in Restaurants oder bei Weinhändlern.

Nach der Besichtigung lieferte Johan uns im Proeflokaal ab und nun folgte eine Weinprobe mit der ultimativen Form von Borrelhapjes: Es gab Austern, Garnelen, Pfahlmuscheln, Vongole, Miesmuscheln, geräucherten Aal, hausgebeizten Lachs, Schinken und Wurst, Käse, Oliven, Tapenaden, dazu das mit Meerwasser gewürzte Brot.

Die Probe umfasste (alle Jahrgang 2023):

1. Rivaner, frische grüne Apfel und Zitronentöne, passte toll zu den Austern (der Brut de Zeelande hätte noch besser gepasst, aber den hatten wir ja beim Spaziergang getrunken)

2. Auxerrois

3. Weißburgunder (genannt Blanc+)

4. Grauburgunder (Gris+)

5. Grauburgunder Barrique von 2022

6. Paulas Selection, der Gewürztraminer, es sind 1000 Stöcke insgesamt

Alle Weine sind assembliert und enthalten bis zu 15% einer der anderen Rebsorten zur Abrundung.

Als Johan begann, gab es noch keine geschützten Ursprungsbezeichnungen. Er war so clever, das Copyright-R in den Namen der Halbinsel zu setzen: Aus Schouwen-Duiveland machte er Schouwen-D®uiveland, so dass man die Herkunft des Weins sehen konnte.

Leider ging auch diese Weinprobe zu Ende und wir verabschiedeten uns mit den üblichen Ritualen – Hochheimer Riesling, Gästebuch, Weinkauf, Umarmungen.

Die Rückfahrt brachte ein paar Staus und Umwege. Bei der abendlichen Essenspause wurden nur Getränke und Eis gekauft, komisch, keiner hatte Hunger.

Wir kamen gegen 22 Uhr am Weinstand an.

Das war unsere erste Genussreise.

Weinprobe mit Weck, Worscht und Woi, Fahrtwind inklusive

GenussSpechte mit dem Planwagen unterwegs

Für Weinproben ist es eigentlich momentan entschieden zu heiß. Ein Leben ohne Weinproben ist aber langweilig. Vorstände Jutta und Ingo Hühn hatten eine zündende Idee, um Abhilfe zu schaffen: Sie organisierten eine Weinprobe mit frischer Luft in Gestalt von Fahrtwind. Nun ist der Fahrtwind, der bei einer Traktorfahrt erzeugt wird, zugegebenermaßen nicht mit dem eines Jetskis oder Rennrads zu vergleichen. Der Unterschied zur Temperatur am Treffpunkt – Weinprobierstand, wie könnte es anders sein? – sorgte indes sofort für kollektives Aufatmen.

Mit dem Planwagen von Udo Ejneberg und Daniel am Steuer ging es um 18:30 los auf eine gemütliche, gesellige Rundfahrt durch die Hochheimer Weinbergslagen. Zu Weck und Worscht gesellten sich Spundekäs und Brezeln. Die Fahrt führte an verschiedenen Weingütern und Lagen vorbei und zusätzlich zu den Weinen von Udo Ejneberg (Riesling trocken, feinherb, süß; Blanc de Noir und Weißburgunder) verkosteten die GenussSpechte, passenderweise genau beim Vorbeifahren am Weingut, zunächst das Weißweincuvée „Mélange“ vom Weingut Petry. In einem großen Bogen ging es anschließend zum Königin-Victoria-Denkmal, bei dem das Gruppenfoto entstand, und es ist klar, welcher Wein hier genossen wurde – Königin Victoriaberg Riesling Kabinett trocken, Weingut Joachim Flick.

Daniel erzählte bei jedem Stopp viel Wissenswertes über die Lagen und die Weingüter. Fast am Ende der Fahrt, auf Höhe der Kirche Peter und Paul, kam ein Sauvignon Blanc vom Weingut Mitter ins Glas und dazu interessante Details über den Einfluss von Maischestandzeit auf die Aromarichtung – grasig oder exotisch/fruchtig – der Rebsorte.

Trotz der inzwischen sehr heiteren Stimmung blieben die Mitfahrenden ganz leise, als es am Open Air Kino im Hummelpark vorbeiging – der Film hatte allerdings noch gar nicht begonnen.

„Das möchten wir im nächsten Jahr wieder machen“, hörte man beim Absteigen und Verabschieden.

Das lässt sich einrichten.

Einige ließen den Abend noch am Weinprobierstand ausklingen.

Genussreise nach Bremen vom 1. bis 3. März 2024

Reisebericht von Susanne Ruitenberg

Wenn Engel Reisen, heißt es in Bezug auf Reisewetter. In dieser Hinsicht hatten wir großes Glück. Blauer Himmel und strahlende Sonne begleiteten uns auf unserer ersten Genussreise nach Bremen, die Rosel Zahn organisiert hatte.
Moment – Bremen und Wein? Ja, dort wächst zwar (noch) keiner – das kann sich durch den Klimawandel jedoch in absehbarer Zukunft ändern.
Bremen und Wein gehören indes schon seit Jahrhunderten zusammen.

Die Anreise organisierten die Teilnehmenden selbst. Auto, Bahn, Camper, alles war dabei.
Das Hotel stellte das erste Highlight dar– ganz nah am Rathaus, schöne Zimmer, Blick auf das Glockenspiel der Böttcherstraße und erst das Frühstücksbuffet! Es lohnte sich, einen Tag früher anzureisen.

Am Freitag, den 1. März trafen wir alle pünktlich vor dem Bremer Rathaus ein. Auch die Bahnfahrer:innen, womit in diesen Zeiten nun wirklich niemand gerechnet hätte :-))
Claudia Staffeldt nahm uns dort für eine Kellerführung mit Weinprobe in Empfang. Mit einem Begrüßungssekt, wie es sich gehört.

Während wir alles erkundeten, erzählte Claudia Interessantes aus der Geschichte des Ratskellers.
Seit 1405 dient der Keller des Bremer Rathauses als Weinkeller, anfangs bekam man den Wein in Fässern geliefert und füllte selbst. Heute ist der Fasskeller ein Relikt vergangener Zeiten und die Fässer nur mit geschwefeltem Wasser gefüllt, damit sie nicht kaputtgehen.
Da das Ensemble seit 2004 Teil des UNESCO Weltkulturerbes ist, darf nur wenig daran verändert werden und die Arbeit in dem weit verzweigten Ensemble mit dem altmodischen Hochregallager ist eine ergonomische Herausforderung. So passt z.B. die normale Europalette nicht in den Aufzug, es fehlt haargenau 1 Zentimeter! Jede Weinkiste muss heruntergehoben und mit einem Wägelchen in die nächste Etage befördert werden. Besonders imponierten uns ein sehr alter Schrank mit unzähligen schmalen Schubladen, in dem Etiketten lagern, diverse museumsreif anmutende Geräte und der Kontrast zwischen den ganz alten Teilen des weit verzweigten Kellers mit der modern eingerichteten Probenecke ist sehenswert.

Eine trockene Kellerführung macht keinen rechten Spaß, deshalb gab es in regelmäßigen Abständen einen Boxenstopp. Zu jedem Wein reichte Claudia uns eine speziell dafür kreierte Praline aus der Werkstatt des Schokoladenkünstlers Nick van Heynigen. Dieser hat bei Hachez gelernt und sich selbständig gemacht. Hachez produziert nicht mehr in Bremen, ist daher als Bremer Geschenk ungeeignet. Nick hingegen ist hier und kreiert spezielle Pralinen für den Ratskeller, in Abstimmung zu den Weinen, die vorher ausgiebig verkostet werden. Auf Neudeutsch sagt man dazu win-win Situation. Klingt nach einem Traumjob. Ob er eine Sekretärin braucht?

Jeden Wein probierten wir zunächst für sich, bissen anschließend von der Praline ab und erkundeten, wie sich das Ensemble im Gaumen verändert, wenn man den Wein über die Schokolade laufen lässt. Wie sich die Aromen gegenseitig verstärken und herauskitzeln, war für alle ein Erlebnis. Claudia ließ uns dabei die Aromen der Schokolade sowie die Rebsorten der Weine erraten.

Die Probenfolge war:

Albertino trocken, Weingut Altes Zollhaus (Nahe) zu einer Himbeer-Marzipan Praline;

2022er Nußdorfer Herrenberg Sauvignon Blanc trocken, Weingut Lergenmüller (Pfalz) zu einem Täfelchen mit Orangenzesten;

2022er Forster Schnepfenflug Riesling halbtrocken, Forster Winzerverein (Pfalz) zu einer Olivenöl-Salz-Praline;

2022er 71/95 Cuvée Rosé trocken, Weingut Bernhard (Rheinhessen) zu einer Vollmilch-Cassis-Praline;

Rot und Wild Rotweincuvée trocken, Weingut Hirsch (Württemberg), zu einer Glühwein-Praline.

Besondere Ehrfurcht hatten wir vor der Schatzkammer. Dort lagern noch edelsüße Weine aus allen Jahrzehnten. Einst kam ein Kunde mit dem Privatjet angeflogen, um eine davon zu erwerben, erzählte uns Claudia. Obwohl er die gleiche Flasche bereits im Keller hatte. Ja, aber die war nicht für seine Gäste, die wollte er selbst trinken.

Am Ende des Rundgangs gesellte sich Karl-Josef Krötz, der Ratskellermeister a.D., zu uns. Er hatte für uns im letzten November eine Weinprobe mit besonderen Weinen und Geschichten aus dem Ratskeller durchgeführt, die für alle ein unvergessliches Erlebnis war. Als Highlight der heutigen Führung geleitete er uns selbst in den Apostelkeller mit den 12 Fässern – unter anderem ein Hochheimer Wein aus dem Jahr 1727 – und in den Rosekeller mit dem ältesten Rüdesheimer Wein von 1653.

Im Anschluss an die Kellerführung gingen wir durch einen geheimen Durchgang direkt in das Restaurant des Ratskellers zu einem gemütlichen Abendessen, inklusive Herrn und Frau Krötz. Er spendierte uns einen hervorragenden Spätburgunder aus einer Magnumflasche, den er zu seinem Ausstand geschenkt bekommen hatte. Sinnvolle Idee, eine Magnum zu zweit ist vielleicht auch etwas viel, sie zu teilen daher angebracht.

Einige der Teilnehmer:innen fanden sich am Ende des Abends an der Hotelbar wieder. 7 Seiten Cocktails auf der Karte! Klassiker wie „Singapore Sling“, aber auch noch nie gehörte wie „Take the Tram“. GenussSpechte sind neugierig, insbesondere im Hinblick auf Getränke.
Es wurde lustig, so viel kann an dieser Stelle verraten werden.

Der nächste Tag hatte ein volles Programm und wir mussten daher früh aufstehen, wenn wir das luxuriöse Frühstücksbuffet (Krabben! Lachs! Eier in allen Varianten! Käseplatte! Obstauswahl!) ausgiebig genießen wollten. Es bot sich an, die Krabben in allen möglichen Varianten auszuprobieren: Auf Rührei, auf Spiegelei, auf Butterbrot, auf Pumpernickel – Genussreise bezieht sich schließlich nicht nur auf Flüssiges.

Um 9h30 trafen wir uns zum Stadtrundgang auf den Treppen des Doms ein. Die Bremer Innenstadt hat den Vorteil, dass sich die wichtigsten Sehenswürdigkeiten in einem Quadrat mit 400 m Kantenlänge befinden, so dass auch diejenigen, die weniger gut zu Fuß sind, nicht darauf verzichten mussten, was diesem Reisebericht zugutekommt. Reiseführer Dr. Klostermann unterhielt uns mit Bremer Humor und kurzweiligen Anekdoten. Er führte uns an den berühmten Stadtmusikanten aus Bronze vorbei, zum großen Standbild von Roland, der Symbolfigur für Freiheit und Rechte der Stadt, durch die Böttcherstraße – mit einer kurzen Verweilzeit vor der Bremer Bonbonmanufaktur, bei der Klostermann, wie bei „Schülerführungen“ :-)) üblich, in den Laden huschte und jedem von uns eine Kostprobe der handgemachten Hartkaramellen reichte. In der Böttcherstraße hatte einst Ludwig Roselius seinen Firmensitz, der Gründer von Kaffee Hag und Erfinder des koffeinfreien Kaffees. Daran verdiente er zwei Mal – einerseits am Kaffee, andererseits am Koffein, das er an die Pharmaindustrie verkaufte (sehr clever). Roselius kaufte die gesamte Straße und ließ sie von 1923 bis 1931 komplett umbauen und künstlerisch gestalten. 1926 ließ er ein Museumshaus für die Künstlerin Paula Modersohn-Becker errichten, sie war damit die erste weibliche Künstlerin, der ein eigenes Museum gewidmet wurde.

Von dort gingen wir zum Schnoor, dem ältesten Bremer Viertel, in dem die kleinen, malerischen Häuser wie an einer Schnur aufgereiht stehen. Hier findet man, neben interessanten Läden, auch eine sehr vielfältige Gastronomie. In den 50er Jahren sollte das Viertel abgerissen werden. Zum Glück konnten engagierte Bremer das verhindern!

Nach dem Stadtrundgang gingen wir zurück zum Dom, zu einer Orgelführung nebst Vorspiel. Der Bremer Dom hat fünf Orgeln; wir kamen in den Genuss der Sauer-Orgel, die mit 100 Registern zu einer der größten im norddeutschen Raum zählt. Alles wurde uns genau erklärt, Tonfolgen mit verschiedenen Registern angespielt, damit man die Unterschiede erkennen kann. Es ist atemberaubend, wie der Organist mit vier Tastaturen sowie einer kompletten Tastatur als Fußpedale sich in alle Richtungen gleichzeitig bewegt, es mutet fast schon als Akrobatik an für Laien. Man hätte den Ausführungen stundenlang zuhören können. Im Anschluss folgte eine Führung durch den Dom selbst. Der erste Dom zu Bremen wurde 789 geweiht. Das Gebäude ist mehrfach zerstört worden und hat heute Teile aus verschiedenen Epochen, die sich zu einem harmonischen Ganzen zusammenfügen.

Am Abend folgte der Höhepunkt der Reise – ein erlesenes Menü mit Weinbegleitung im Senatszimmer des Bremer Ratskellers. Diesmal begrüßte Claudia Staffeldt uns gleich mit zwei Sekten, einem weißen und einem roten. Sie führte uns nicht nur durch das Menü, sondern saß mit am Tisch und nahm teil, was zu einer sehr geselligen und entspannten Atmosphäre führte.

Die Menüfolge:

Carpaccio von gebackenen Rüben mit mariniertem Fetakäse und Rucola-Pesto.
Hierzu gab es einen 2022er Oppenheimer Sackträger Riesling trocken, „Eiswette 2024“, Rheinhessen
sowie einen 2022er Johannisberger Riesling feinherb „Eiswette 2024“, Rheingau
*
Rahmsuppe aus Nordseekrabben mit Dillsahne,
dazu ein 2022er Rotling halbtrocken, Weingut Staatlicher Hofkeller, Franken

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Rosa gebratenes Roastbeef vom Wesermarsch-Rind mit kräftiger Rotweinsauce, grünen Bohnen und Kartoffelgratin,
dazu gab es einen 2021er Spätburgunder trocken, Edition „Ratskellermeisters Liebling“, Pfalz
sowie einen 2016er Lemberger trocken „Gipskeuper“, VDP Ortswein, Württemberg
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Lauwarmer Mandelkuchen mit Kirschragout und Bourbon-Vanilleeis,
dazu ein 2010er Wintricher Ohligsberg Riesling Spätlese von der Mosel
sowie – ein ganz besonderes Tröpfchen – ein
2018er Frech & Frey Trockenbeerenauslese aus Spätburgunder/Merlot/Dunkelfelder/St. Laurent aus der Pfalz.

Ein gelungener Abschluss dieser Genussreise und Hendrik bedankte sich bei Claudia Staffeldt sowie Rosel mit Blumen in flüssiger Form (wer ihn kennt, weiß, von welchem Weingut aus den Niederlanden diese kamen).

An der Bar war es leider durch die zum Rauchersalon offenstehende Tür etwas verqualmt. Aber man kann ja auch ein Getränk erwerben und mit aufs Zimmer nehmen …

Am nächsten Tag reisten die Bahnfahrer wieder ab, die Camper und die Autofahrer verlängerten noch. Wir genossen einen sonnigen Sonntag in Bremen. Und noch mehr Fisch.

Genuss- und Gaumenfreuden schließen das Weinjahr

GenussSpechte erschmecken die Wachau

(HWG)

Geselligkeit, Gemeinschaft, Genuss, das kann man als Motto über die bisherigen Veranstaltungen der erst in diesem Jahr gegründeten GenussSpechte setzen. Dabei kommt die Vertiefung von Weinwissen nicht zu kurz. Als Ausklang des Weinjahres veranstaltete der Verein am 17. November eine kulinarische Weinprobe [hier geht´s zur Probenliste mit allen Gaumenfreuden] mit Weinen aus der Wachau, vorgestellt von Sophie Denk. Sophie ist durch Sabine Wagner, ehemalige Hochheimer und Rheingauer Weinkönigin und Deutsche Weinprinzessin nach Deutschland gekommen, kennen gelernt haben sie sich beim gemeinsamen Masterstudiengang in Österreich. Viele der Probenteilnehmerinnen und Teilnehmer hatten Sophie beim Weinbattle Deutschland – Österreich im Weinbaumuseum, zusammen mit Sabine, erleben dürfen und wussten, das wird ein kurzweiliger Abend.

Die kulinarischen Highlights kamen von Kochfreund Roger Ullrich, der im Vorfeld die Weinliste mit sehr genauen Weinbeschreibungen bekommen und für jeden Wein passende Löffelhäppchen und kleine Tellergerichte gezaubert hatte.

Nach einer Begrüßung der Vereinsmitglieder und zahlreichen Gäste durch Vorstand Hendrik Ruitenberg wurde es zunächst prickelnd im Glas durch einen Sparkling WHITE brut, Muskateller Frizzante vom Weingut Donabaum „Strawanzer“.

Sophie hatte eine sehr informative Präsentation über die Wachau, ihre Böden, geographischen Besonderheiten, Sehenswürdigkeiten und Winzer vorbereitet, die sie mit Witz und Charme vortrug. Zufälligerweise kamen die Weine alle aus ihrem Heimatort – über eine weitere Wachauprobe „alles, außer dem Ort Spitz“ wird bereits nachgedacht.

In der Wachau, einem der kleinsten Anbaugebiete Österreichs, gibt es keine Anreicherung der Weine und Handlese ist Pflicht. Es wird vorwiegend Weißwein angebaut, Leitrebsorten sind Grüner Veltliner und Riesling, dazu kommen die Burgunder- und Aromarebsorten. Bedingt durch die Steillagen sind Terrassen angelegt und es gibt viele Trockenmauern. Kulinarische Pausen kann man im Heurigen bei kalten Speisen und im Buschenschank bei warmen Speisen genießen.

Das Besondere an der Wachau ist auch die Klassifizierung: Steinfeder für leichte, fruchtige Weine; Federspiel, für gehaltvollere Weine mit Alkoholwerten zwischen 11,5 bis 12,5 und Smaragd für die gehobenen ab 12,5 Alkohol.

Zum ersten Wein, einem kalmuck Pink Rosé 2022, servierte Roger einen Löffelbissen von Ziegenfrischkäse mit Speckchip und altem Balsamico. Roger ließ es sich nicht nehmen, jeden Gang persönlich anzusagen und zu erläutern, wie er ihn ausgewählt und zubereitet hatte. Dank vieler helfender Hände ging das Servieren und Abräumen flott und die Paarungen Wein und Speise steigerten sich von Gang zu Gang.

Zum Grünen Veltliner Federspiel vom Weingut Schöberl gab es geröstetes Graubrot mit einem Pesto von Kürbiskernöl – ein Gedicht, wie die Teilnehmenden einvernehmlich feststellten.

Gelber Muscateller ergänzte aufs Vortrefflichste die frisch-fruchtigen Aromen des Kürbis-Orangensüppchens mit Ingwer und Nussbutterschaum.

Das Saiblingsfilet auf karamellisiertem Fenchelgemüse wurde von einem Riesling und einem Grauburgunder begleitet, während der Hausgemachte Semmelknödel mit Morchelrahm gut zu Neuburger Smaragd und Weißburgunder Smaragd passte.

Neuburger ist eine Rebsorte, die es fast ausschließlich in der Wachau gibt und die eine natürliche Kreuzung aus Rotem Veltliner und Sylvaner ist, wahrscheinlich auch dort entstanden.

Das Schnitzelchen vom Kalbsfilet an schlotzigem Kartoffelsalat mit Salatgurke präsentierte sich mit einem Grünen Veltliner Smaragd.

Zum einzigen Rotwein schließlich servierte Roger als Gruß aus der Küche – der für gewöhnlich am Anfang eines Menüs steht – eine Schokomousse aus Valrhona Schokolade auf einem Löffelchen. Valrhona, im Rhônetal beheimatet, ist laut aller Profiköche die beste Schokolade der Welt. Kann man bestätigen.

Bemerkenswert ist, dass das Glöckchen trotz fortschreitenden Abends nur als Signal diente, dass Sophie jetzt weiterzusprechen gedachte. Die Aufmerksamkeit der Zuhörerinnen und Zuhörer ließ nie nach und der Geräuschpegel blieb moderat.

Und last but not least – was wäre die Wachau ohne die Marillen, denn auch diese werden dort angebaut und zu allerlei Leckerem verarbeitet. Zu einem Röllchen vom Palatschinken (kleiner Pfannkuchen) mit Marillenmarmelade, hausgemacht von Sophies Mutter, gab es natürlich zwei verschiedene Marillenschnäpse zur Auswahl, einen gereifteren, weichen und einen sehr jungen knackigen. Es ist nicht mehr genau festzustellen, wer im Publikum auf die Idee kam, den Refrain des Mariandl Liedes (aus dem Wachauer Landl) anzustimmen – Sophie verblüffte die Zuhörer mit einer astrein ton- und textsicher vorgetragenen Darbietung des Liedes – den Refrain sang das Publikum lauthals mit.

Begeisterter Applaus und als Dankeschön für Sophie einen niederländischen Wein, für Roger einen der Wachauer Weine, beschlossen den Abend.

Auch das Aufräumen war in der Gemeinschaft schnell erledigt und man darf gespannt sein, welche Weinentdeckungen im nächsten Jahr auf die GenussSpechte warten.

Weitere Informationen über den Verein findet man unter www.genussspechte.de, die Webseite des Hochheimer Weinclub – die GenussSpechte e.V. – für alle Weingenießerinnen und Weingenießer – ob Profis oder ambitionierte Laien.

Die etwas andere MARKTWEINPROBE

GenussSpechte entdecken den Bremer Ratskeller

(HWG)

Manche Weinproben benötigen Jahre des Vorlaufs und der Vorbereitung. Die Idee für diese entstand 2016 bei einem Treffen der Gemeinschaft der Deutschsprachigen Weinbruderschaften (GDW), abends in der Weinbar, ein Ort wie geschaffen Geistesblitze. Genauer gesagt bei Gesprächen zwischen den Ruitenbergs und Karl-Josef Krötz, der „Herr der Weine von der Weser“, Ratskellermeister des Bremer Ratskellers. Er ist nun im (Un)-Ruhestand und hat sich die Zeit nehmen können, eine Weinprobe außerhalb des Ratskellers – das war die erste – durchzuführen.

Ein Wehrmutstropfen – als einzige zeitliche Möglichkeit stand der Freitag, 3.11. zur Verfügung. Alle Hochheimerinnen und Hochheimer wissen, was das bedeutet: Marktfreitag. Daher „Die etwas andere Marktweinprobe“.

Als Austragungsort bot sich das Hochheimer Weinbaumuseum an.

Um 15 Uhr trafen sich die Vorstände, Eheleute Hühn und Ruitenberg mit weiteren helfenden Händen für die Vorbereitung: Tische stellen, Beamer aufbauen und testen, Tische dekorieren, Gläser eindecken. Vereinsmitglied Rosel Zahn hatte ihren Garten geplündert und eine dekorative, festlich-herbstliche Deko gezaubert.

Zusätzlich zu den Museumsgläsern wollte Hendrik Ruitenberg für die hochwertigen Weine des Abends größere Gläser haben. Aufgrund des Marktgeschehens – die Winzer benötigen ihre Gläser selbst – ging er fremd und besorgte sie auf der „Ebsch Seit“ in Mainz Hechtsheim, da auch ein Wein von dort kam (dazu später mehr).

Pünktlich um 19:00 Uhr begrüßte Ruitenberg die anwesenden Vereinsmitglieder und zahlreichen Gäste. Als Ehrengäste anwesend waren Dirk und Petra Westedt mit einer Delegation von Gästen aus der Partnerstadt Kölleda, Wolfgang Narjes, Ehrenpräsident des GDW, Dr. Franz Werner Michel vom Domdechant Werner’schen Weingut in Hochheim sowie Marcus Clauß vom Weingut Zehe-Clauß in Mainz Hechtsheim (ja, die Gläser waren von dort).

Wolfgang Narjes ergriff das Wort, dankt für die Einladung und betonte die Grundidee des GDW – Förderung der Weinkultur sowie Austausch über Wein mit Weinbruderschaften und Vereinen anderer Abaugebiete. Die GenussSpechte hätten mit ihrem fulminanten Start – erst im Januar 2023 gegründet und schon fast 30 Mitglieder und ein Jahr voller interessanter Veranstaltungen – bewiesen, dass sie das Handwerk verstünden.

Der erste Wein war nicht aus dem Ratskellerbestand. Herr Krötz hatte Hendrik Ruitenberg gebeten, jeweils einen Spätburgunder und einen Silvaner aus der hiesigen Umgebung zur Vorbereitung des Gaumens auszuwählen. Der Spätburgunder kam aus dem Weingut Bott in Mainz-Kostheim, womit sich ein Kreis schließt, ist Bott doch der Kellermeister und Betriebsleiter des Domdechant Werner’schen Weinguts, seit über 30 Jahren, wie Dr. Michel betonte.

Karl-Josef Krötz ist Winzer von der Mosel mit Abschluss in Geisenheim und war von 1989 bis Januar 2023 Ratskellermeister im Bremer Ratskeller.

Während die von Hendrik Ruitenberg nach Vorgaben von Herrn Krötz angefertigte Bildpräsentation gezeigt wurde, erklärte dieser, was es mit dem Ratskeller auf sich hatte.

Bremen war bereits im Mittelalter ein wichtiger Umschlageplatz für Wein. 1342 wurde ein „Stadtweinkeller“ urkundlich erwähnt. Dieser zog 1405 in das Kellergewölbe des neu gebauten Ratshauses ein – das köstliche Fundament des Ratshauses wird er genannt. So manch ein Beschluss wurde seitdem nicht oben in den Rathaussälen, sondern eher in den unteren Etagen gefasst. Gerne wird auch mal ein Botschafter oder Politiker zur Auflockerung bei einem Glas Wein dort abgegeben, bevor es in Verhandlungen geht.

Bestrebungen mancher Bremer Weinimporteure, auch ausländische Weine in den Bestand aufzunehmen und den Ratskeller als Marketinginstrument zu nutzen, konnte Krötz erfolgreich konterkarieren und sogar 2004 die Aufnahme in das UNESCO Welterbe erreichen – als Weinarchiv für ausschließlich deutsche Weine. Über 1250 verschiedene Weine – vom Schoppenwein zum Spitzenerzeugnis – befinden sich dort, u.a. über 250 Trockenbeerenauslesen in der Schatzkammer sowie alte und sehr alte Jahrgänge. Im Apostelkeller liegen Weine aus dem 18. Jahrhundert! Ein Hochheimer von 1727, ein Johannisberger von 1783 sowie Rüdesheimer von 1748 bis 1784. Im Rosekeller liegt das berühmte Rosefass, in dem ein Rüdesheimer Wein von 1653 lagert.

Im Ratskeller werden Weinproben und Führungen angeboten und in den Räumen des Gastronomiebetriebs kann man typische Gerichte wie Labskaus, aber auch erlesene Menüs mit Weinbegleitung genießen sowie alle Arten von Feiern durchführen. Die Priölken (Bremer Wort), kleine Separees, wurden für so manches Geschäftsessen und Abschluss von Deals genutzt. Bremer Kaufleute üben sich im Understatement. Eines der Mottos könnte lauten „du sollst nicht protzen“. Sie sind daher eher geneigt, Sterneköche bei sich daheim kochen zu lassen, mit entsprechenden Zutaten und Weinen, als in einem Sternerestaurant gesehen zu werden.

Während der Verkostung [hier ist die Probenliste] von Großen Gewächsen (GG) aus Spätburgunder, Lemberger und einem Cuvée aus Cabernet und Merlot erklärte Krötz den aufmerksamen Probenteilnehmenden, wie er Weine auszuwählen pflegte: Er besuchte Winzer, Weinmessen und Gebietsverkostungen und ließ sich Weine, die ihm gefielen, nach Bremen schicken. Dort verkostete er sie erst gekühlt und ließ sie anschließend bei Zimmertemperatur stehen. Nur Weine, die nach dieser Standzeit noch genießbar waren, also weder flach noch fehltönig, hatten die Chance, in den Bestand aufgenommen zu werden.

Zur Vorbereitung des Gaumens auf die zu verkosteten Weißweine hatte Krötz um einen Silvaner gebeten und Ruitenbergs Wahl fiel auf den 2023 Blauer Silvaner Trocken, Edition MC, vom Weingut Zehe-Clauß in Mainz Hechtsheim. Marcus Clauß stellte den Wein selbst vor. Blauer Silvaner müsste eigentlich eher Roter Silvaner heißen, geht doch das Farbenspiel der Beeren bei der Reife ins Rötliche. Der Wein hat eine feine Frucht und dezente Säure und ist so beliebt bei den Kunden, dass die Anbaufläche im Weingut noch erweitert wird. Auch Herr Krötz war von diesem Wein sehr angetan.

Anschließend kam ein barriquegereiftes Silvaner GG aus Franken zur Verkostung, ein Riesling GG von der Nahe, einer Scheurebe, die auch GG-Qualität hat, einer 2015er Weißburgunder Auslese aus dem Barrique – vanilletönig und sehr extraktreich. Daran schloss sich ein Bremer Senatswein von der Mosel an, das feinherbe 2022er Erdener Treppchen. Bei der Senatslese muss mindestens ein Mitglied des Bremer Senats anwesend sein. Bei Erdarbeiten hat man an diesem Weinberg zwei römische Keltern gefunden, von 150 bzw. 300 Jahren nach Christus und zum Besichtigen hergerichtet. Zum Abschluss wurde es süß – eine Riesling Beerenauslese vom Bopparder Hamm, sowie die letzte Flasche (und mit einem winzigen Dosierer maßgeschneidert serviert, so dass jeder etwas im Glas hatte) eines 2006er Erdener Treppchen Riesling Beerenauslese, Bremer Ratskeller, Erden, Mosel-Saar-Ruwer, aus dem Privatbestand von Herrn Krötz.

Nach dem Schlusswort dankte Ruitenberg mit zwei Flaschen niederländischer Beerenauslese – ja, gibt es – und die Teilnehmenden mit einem langanhaltenden Applaus für diese lehrreiche Weinprobe mit echten Raritäten im Glas.

Kulinarische Weinprobe

Die letzte Veranstaltung in diesem Jahr findet am Freitag, 17.11. ab 19:00 im Gemeindesaal der Ev. Kirche in Hochheim statt.

Diese Kulinarische Weinprobe wird von Sophie Denk geleitet.


Sophie Denk kommt aus der Wachau. Sie war eine Studienkollegin von Sabine Wagner (Hochheimerin – 2013/2014 Deutsche Weinprinzessin). Sophie lebt und arbeitet seit einiger Zeit in Deutschland. Bei der Veranstaltung „Weinbaumuseum am Abend“ am 24.11.2022 waren Sabine Wagner & Sophie Denk zuletzt zusammen in Hochheim aktiv: „Weine aus Deutschland und Österreich – Ein Länderkampf der besonderen Art“ war das Thema. Hier der Artikel aus der HZ:: http://kellerfunde.info/wp-content/uploads/2022/12/HZ_2022-12-02_L%C3%A4nderkampf.jpg

Sophie Denk stellt Weine aus ihrer Heimat der Wachau vor. Das passende Menü wird von unserem Kochfreund Roger Ulrich kredenzt.

Die 10 Weine, die Sophie mitbringt, spannen einen Bogen über die Weine der Wachau. Riesling, Weißburgunder, Grüner Veltliner und andere Rebsorten in den Qualitätsstufen Federspiel und Smaragd werden ausgeschenkt. Roger Ulrich reicht passende kleine Häppchen und Speisen zu den Weinen!

Freitag, 17.11. ab 19:00 Kulinarische Weinprobe im Gemeindesaal der Ev. Kirche Hochheim
Der Preis beträgt für Mitglieder 69,-€ / für Nichtmitglieder 74,-€ – Die Teilnehmerzahl ist begrenzt – Bittemitbringen
Bei Fragen zur Veranstaltung oder Interesse an einer Teilnahme an dieser besonderen Weinpeobe, freuen wir uns über eine Email an email@GenussSpechte.de

Wein erwandern – Wein erraten

Zwei sehr unterschiedliche Veranstaltungen der GenussSpechte

(HWG)

Es ist bei den GenussSpechten unüblich, in einem Monat gleich zwei Veranstaltungen durchzuführen. Volle Terminkalender und die nahende Lese führten zu diesem weinseligen September. Vom Format her hätten sie verschiedener kaum sein können.

Am Samstag, dem 9. September 2023 fanden sich 14 Teilnehmer*innen im Gutsausschank „Zum Woigiggel“ der Familie Velten zu einem Weinbergsspaziergang mit Weinprobe zusammen.

Die Veranstaltung begann, nach der Begrüßung durch Ingo Hühn und Ludwig Velten, mit einer kleinen Vesper und einem Glas Secco im Gutsausschank.

Gegen 19:45 Uhr ging es los. Ludwig Velten und Klaus Schmikl begleiteten den Weinbergsspaziergang. Jan Velten fuhr das Begleitfahrzeug von Station zu Station und brachte die gekühlten Weine und Zwischensnacks.

Bei der ersten Weinprobe, noch in der Neudorfgasse, wurde den Teilnehmenden ein Gelber Orleans gereicht. Jan Velten berichtete, dass vor einigen Jahren einmal die gesamten lesereifen Trauben des Weinbergs gestohlen wurden!

Weiter ging es, am Kriegerdenkmal in der Mainzer Straße entlang, in die Weinberge.

Wegen der einsetzenden Dunkelheit führte Ludwig Velten die Gruppe nicht, wie geplant, zu jedem einzelnen Weinberg, dessen Wein zur Verkostung kam. Es ging stattdessen den Herrnbachpfad entlang und zu vier weiteren Probestopps, unter anderem zum Küsterhaus und zum Kälberplatz.

Der heitere Ausklang dieses schönen, interessanten und erlebnisreichen Abends erfolgte im Gutsausschank.

Die GenussSpechte bedanken sich an dieser Stelle ganz besonders bei Ludwig Velten und Klaus Schmikl. Beide haben die Teilnehmenden an ihrem vielseitigen Wissen über Hochheim, die Weine und die Geschichten hinter den Toren teilhaben lassen und ihnen einen unvergesslichen Abend bereitet.

Vielen Dank auch an Familie Velten für ihre Gastfreundschaft und besonders an Jan, der trotz „voller Hütte“ die Boxenstopps versorgte.

Am Freitag, dem 15. September folgte die Masterclass-Weinprobe im Weinbaumuseum. Nach einer kurzen Begrüßung und Erläuterung von Hendrik Ruitenberg ging es los. Die Probe stand unter der Leitung von Arthur Fuchs, dem in Hochheim seit langem bekannten Weinexperten. Bei einer Blindverkostung von Rieslingen aus dem Rheingau, aus Rheinhessen und von der Nahe konnten die Teilnehmenden sich daran erproben, die Herkunft der Weine zu erschnüffeln und zu erschmecken. Es gab bei jedem der vier „Flights“ (Probengruppen) drei Weine, einer aus jedem beteiligten Anbaugebiet. Die Reihenfolge wechselte dabei jeweils. Arthur lieferte, neben vielen heiteren Weinsprüchen, nur Basisinformationen über die Weine wie Alkohol-, Restzucker- und Säurewerte. Die Teilnehmenden probierten und tauschten sich eifrig über die Weine aus. Wie sehr verraten der Duft und der Geschmack die Herkunft? Wer kann welche Früchte herausschmecken? Die Flights stiegen in ihrer Wertigkeit – von Kabinett trocken und feinherb zu Großen Gewächsen. Viele der Teilnehmenden lagen mit ihren Einschätzungen richtig. Wahrscheinlich hatten sie vorher heimlich geübt.

Wer Lust hatte, konnte sich daran versuchen, die Weine zu bewerten wie professionelle Verkoster – möglichst neutral, also ohne die eigenen Vorlieben in die Bewertung einfließen zu lassen.

Natürlich hat Arthur nach jedem Flight die Weine aufgedeckt und detailliert beschrieben, wobei manche Formulierungen der weinschreibenden Zunft, der Fachpresse entnommen, für Heiterkeit sorgten. Es war für alle, Anfänger wie Geübte, eine tolle Erfahrung, sich voll auf den Geruch und den Geschmack des Rieslings zu konzentrieren und die Unterschiede zu erkennen, ohne vom Flaschenetikett beeinflusst zu werden.

Als Dankeschön durfte der Probenleiter einen 2012er Hochheimer Riesling Alte Reben entgegennehmen.

Weinprobe in der Zehntscheune

Hervorragende Weinprobe in der Zehntscheune
GenussSpechte genießen Weine vom Domdechant Werner’schen Weingut (HWG)

Am Mittwoch, den 30. August, fanden sich die GenussSpechte in der Zehntscheune ein, für eine Weinprobe mit Weinen vom Domdechant Werner’schen Weingut, geleitet von Catharina Mauritz.

Nach der Begrüßung der Teilnehmenden durch Vorstand Hendrik Ruitenberg startete die Probe mit einem sommerlichen Rosé und einleitenden Worten von Catharina, die einen Überblick über die Historie des Weinguts und insbesondere der Zehntscheune gab. Dieses wunderschöne Gebäude aus Bruchsteinen diente der Lagerung der Naturalabgaben, als die Menschen noch den „Zehnten“ abliefern mussten. Heute ist es ein beliebter Veranstaltungsort, wird aber während der Lese aber auch für die Kelter genutzt.

Alle Gebäude des Weinguts stehen unter Einzeldenkmalschutz.

Das Weingut gibt es seit 1780, jetzt in 8. Generation, und es ist seit über 100 Jahren Mitglied im VDP, dem Verband der Prädikatsweingüter. Catharinas Großvater leitete es bis 1982, dann übernahm ihr Vater, Dr. Franz Michel.

Ihr ältester Sohn Ferdinand hat eine Winzerlehre absolviert und beginnt in Kürze mit dem Studium in Geisenheim, die nächste Generation wird also gut vorbereitet an den Start gehen und er wird der erste „echte“ Önologe der Familie sein. Über diese Nachricht freuten sich die Teilnehmenden sehr.

Nicht nur in Sachen Familie baut das Weingut auf Kontinuität. Besonderen Wert legt man auch auf einen guten Umgang mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Das sieht mach auch an der langen Betriebszugehörigkeit. So ist Michael Bott schon seit über 30 Jahren Kellermeister. Ute Fischer, die das Gutsbüro betreut und im Vertrieb arbeitet, ist mehr als 10 Jahre dabei. Sie nahm an der Probe teil und unterstützte Catharina beim Ausschenken.

Das Weingut baut fast ausschließlich Riesling an und ist insbesondere für die Auslesen bekannt, dazu später mehr.

Ca. 2% machen die Früh- und Spätburgunder aus, wie der eingangs erwähnte Rosé, bei dem die beiden Burgundersorten zusammen gelesen und vergoren wurden. 60% der Weine gehen in den Export.

Aufgrund des Klimawandels ist der Oechslegrad bei der Lese nicht mehr das ausschlaggebende Kriterium, führte Catharina weiter aus. Heute geht es darum, allen Wetterkapriolen zum Trotz, gesundes, vollreifes Lesegut hereinzuholen, bei einem Lesefenster, das immer kleiner wird, insbesondere hier mit praktisch einer einzigen Rebsorte. War es früher meist kalt und nass, so hat man heute eher das Problem, dass die Lese oft bei brütender Hitze stattfindet und die Gärung schon im Weinberg beginnt. Von daher setzt man beim Domdechant Werner’schen Weingut auf eine akribische Vorlese – Aussortieren aller „unerwünschten“ Beeren – und anschließende Lese mit dem Vollernter morgens um 4 Uhr, denn die Maschine benötigt kein Tageslicht dank der Scheinwerfer und so gelangt das Lesegut noch kühl auf die Kelter.

Das Weingut ist „Fair Choice“ zertifiziert. Das bedeutet, es wird kein Herbizid eingesetzt, Wert auf Nachhaltigkeit und soziale Standards gelegt. Von den Kolleginnen und Kollegen, die Öko-Weinbau betreiben, habe man sich vieles abgeschaut, wie Begrünung und gezielte Zwischeneinsaat. Das Problem bei einer Öko-Zertifizierung sei jedoch die fehlende Flexibilität, bei einem Mehltaubefall reagieren zu können.

Bei der Probe ging es weiter mit dem 2022 Hochheim Riesling trocken VDP Ortswein, der alles hat, was ein Riesling haben muss und zu jeder Gelegenheit passt.

Catharina erläuterte die VDP Qualitätspyramide – Gutswein -Ortswein – Erste Lage – Große Lage (bzw. RGG für Rheingauer Großes Gewächs). Dazu passend kam die Hochheimer Domdechaney Riesling trocken VDP Erste Lage als kleine Vertikalprobe – 2022 gegen 2019 – in zwei Gläser. An diesem Wein konnte man gut erkennen, dass die höherwertigen Weine eine Zutat benötigen, die heute oft vergessen wird – die Zeit. Zu jung genossen, haben sie noch „Ecken und Kanten“, sind wie ein ungestümer Teenager, während sich mit ein wenig mehr Reife die ganze Komplexität auf der Zunge zeigt.

An dieser Stelle fügte sich ein von Hendrik Ruitenberg zusätzlich mitgebrachter 2015er vorzüglich in die Probe ein. Diesem Wein hatte man extra viel Zeit zugestanden und ihn 2020 erst in den Verkauf gegeben. Eine gute Idee, der Wein ist grandios und entwickelt sich von Verkostung zu Verkostung nach oben weiter.

Die nächsten beiden Weine im Glas waren das Kirchenstück Riesling trocken Großes Gewächs, 2021 gegen 2019 und auch hier zeigte sich, dass der ältere der beiden viel facettenreicher daherkam.

Nach einem 2022 Hochheimer Riesling Kabinett – ein fruchtsüßer Wein, der aber wegen seiner frischen Säure nicht zu süß auf der Zunge daherkommt, sondern einfach nur Spaß macht (und darum bettelt, zu asiatischen Gerichten auf den Tisch zu kommen), folgte die Hochheimer Domdechaney Riesling Auslese.

Ausgewählt hatte Ruitenberg den 2009er.

Für die Auslesen ist das Weingut bekannt und es ist ein Erlebnis, bei den Verkostungen im Frühjahr und im Herbst die Vertikalprobe durch die vorhandenen Jahrgänge zu machen und sich seine Lieblinge gleich mitzunehmen. Der 2009er ist seit Jahren auf dem persönlichen Siegertreppchen. Das Jahr war warm, aber offenbar ohne Kapriolen, der Wein ist ein Gesamtkunstwerk. Die gebührende Ehrfurcht beim Verkosten ging kurzfristig ein wenig verloren, als eine Familie von Gartenschläfern durch eifriges Hin- und Herlaufen auf der Bruchsteinmauer, Verschwinden in Löchern sowie Wiederauftauchen an anderer Stelle die Aufmerksamkeit der Probenteilnehmenden auf sich zog.

Hier währe die Probe theoretisch zu Ende gewesen. Als „add on“ außer der Reihe hatte Hendrik Ruitenberg jedoch die 1971er Hochheimer Hölle Riesling Auslese mitgebracht, für die ein zusätzlicher Obolus zu entrichten war, für diejenigen, die ihn gerne probieren mochten.

Catharina erläuterte das Vorgehen bei diesem Wein: Als man sich entschlossen hatte, diesen Wein 2021, dann 50jährig, in den Verkauf zu nehmen, hatte man alle vorhandenen Flaschen aus dem Keller geholt, vorsichtig die Korken entfernt (keine leichte Aufgabe), den Flaschenhals mit Alkohol gereinigt, alle verkostet (bei dieser Aufgabe hätten sich mehrere GenussSpechte sofort als Freiwillige angeboten), einen aussortiert, einen „geopfert“, um die anderen wieder aufzufüllen, neu verkorkt und mit neuem Etikett versehen. Es ist logisch, dass dieser Wein einen gewissen Preis hat. Durch diese Maßnahmen ist der Käufer jedoch sicher, einen Hochgenuss zu erwerben.

Nach dieser wahrlich grandiosen Degustation in einem wunderschönen Rahmen mit einer Winzerin, die sachlich brilliant, emotional ehrlich und offen, sprachlich unglaublich und mit Herzblut exzellente Weine präsentierte (O-Ton einer Teilnehmerin) beendeten die GenussSpechte die Probe mit Applaus.
Als Dankeschön für den wundervollen Abend überreichte Hendrik Ruitenberg ein Weingeschenk an Catharine Mauritz.

Die etwas andere MARKTWEINPROBE

Der in der Weinwelt bekannte Bremer Ratskellermeister Karl-Josef Krötz (66) hat sich im Januar 2023 nach 33 Jahren als Bremer Ratskellermeister in den Ruhestand verabschiedet.
Karl-Josef Krötz kommt für eine besondere Weinprobe nach Hochheim am Main.
Auf Einladung von Hendrik Ruitenberg, im Vorstand vom Hochheimer Weinclub – die GenussSpechte e.V., wird er Weine präsentieren, die aus dem Bestand des Ratskellers stammen. Es werden 11 Weine von verschiedenen deutschen Weinanbaugebieten verkostet. Anhand von Anekddoten, die in Verbindung stehen zu den Weinen, lässt er die Teilnehmer teilhaben an seiner langjährigen Tätigkeit als „Herr der Weine von der Weser“.

Das „köstliche Fundament des Rathauses“ – diesen Spitznamen trägt der Bremer Ratskeller nicht ohne Grund. Die Gewölbe unterhalb des Liebfrauenkirchhofs und des Domshofs beherbergen nicht nur eine der traditionsreichsten Gastronomien Bremens, sondern auch das weltweit größte Sortiment ausschließlich deutscher Weine. Als Teil des Bremer Rathauses zählt der Ratskeller zum UNESCO-Weltkulturerbe und beeindruckt mit seiner über 600 Jahre alten Geschichte.

Bildlegende (in der Reihenfolge) :
Reihe 1: Die Bremer Stadtmusikanten, Bremer Rathaus, Handelskammer
Reihe 2: Schild der Ratskellerverwaltung, Eingang zur Weinhandlung, Weine in der Weinhandlung
Reihe 3: Treppe zur Gastronomie „Bremer Ratskeller“, Senats- & Kaiserzimmer, Skulptur der Bremer Stadtmusikanten im Senatszimmer
Reihe 4: Schatzkammer (3 Bilder)
Reihe 5: Gang vor der Schatzkammer, 2 Fässer im Apostelkeller – diese enthalten Rheinweine aus dem 18. Jahrhundert.

An der Stirnseite des Rosenkellers befindet sich das „Rosefass“, in dem der berühmte Rüdesheimer Wein von 1653 lagert.

Details zum Bremer Ratskeller

Früher wurden ausschließlich Weine von Rhein und Mosel im Ratskeller gelagert – heute umfasst das Sortiment deutsche Weine aus allen 13 Anbaugebieten. Von je her wacht der Ratskellermeister über die Bestände. Ein großer Teil der wertvollen Weine – mit Ausnahmen der alten Rose- und Apostelweine – ging in den Nachkriegswirren verloren. Heute werden in der Schatzkammer des Ratskellers wieder herausragende Flaschenweine aller Jahrgänge archiviert. Insgesamt eine Sammlung von unschätzbarem Wert.
Der BREMER RATSKELLER ist auch ein Weinhandel. Das Sortiment erstreckt sich über sämtliche Weinarten, Geschmacksrichtungen sowie Preisklassen und umfasst ausschließlich Weine aus den 13 deutschen Anbaugebieten. Neben ausgesuchten Weingutsweinen führen man überwiegend exklusive Eigenabfüllungen, die man im engen Kontakt zu den Winzern für den BREMER RATSKELLER an- und ausbauen lässt. Durch diesen Fokus bleiben man der Tradition des Hauses, aber auch dem Regionalitätsgedanken treu. Auf den Flaschen bürgt das Bremer Senatswappen für verbriefte Qualität die durch strenge Selektion noch auf die Spitze getrieben wird: Wie seine Amtsvorgänger (zuletzt Karl-Josef Krötz) verkostet Ratskellermeister Frederik Janus jährlich rund 3.000 Weine, von denen er nur die überzeugendsten für unser Sortiment auswählt.

Weiterführende Links, ausserhalb dieser Webseite:

Ratskellermeister Karl-Josef Kroetz – Vita

ehem. Ratskellermeister Karl-Josef Kroetz – Abschied

Bremer Ratskeller – Geschichte

Bremer Ratskeller – Gastronomie

Bremer Ratskeller – Weinhandel