Kleine Radtour nach Kostheim

Ursprünglich hatten wir geplant, mit den Rädern nach Kostheim zu fahren, an ein bis zwei Stellen im Weinberg Weine vom Weingut Schilling zu probieren – mit kleinem Vortrag des Winzers – anschließend im Weingut eine Weinprobe mit Vesperteller zu genießen und den Abend im Bacchus-Speicher ausklingen zu lassen. Leider hatten wir dafür zu wenig Anmeldungen. Wir mussten dennoch nicht komplett auf den Ausflug verzichten: Das Offene Wohnzimmer Kostheim hatte eine ähnliche Veranstaltung geplant: Sie wollten eine Wanderung machen, an zwei verschiedenen Treffpunkten Schilling-Wein probieren und ebenfalls im Bacchus-Speicher zum gemütlichen Teil übergehen. Was lag näher, als dass wir an diese Veranstaltung anknüpften, mit den Rädern anstatt zu Fuß?

Nun war es an dem Tag allerdings extrem heiß.

Aus den zwei Probenpunkten mit längerem Wanderweg wurde einer, mit Sitzbänken im Schatten, kühlem Wein und Brezel und interessanten Details über Weingut und Machart, vorgetragen von Ernst-Peter Schilling.

Nach dem Genuss eines Weissen Burgunder aus 2023 und einem vollmundigen Classic aus 2022 und viel Wasser gestärkt endete dieser sehr informative und genussvolle Teil des Nachmittags.

Die Wandergruppe begab sich die offenbar auf ziemlich direktem Weg zu Antonie und Andreas vom Weingut Bacchus Speicher, trafen sie doch kurz nach uns dort ein. Wir hatten darauf verzichtet, mit den Rädern noch eine Runde zu drehen und uns lieber schnell einen Schattenplatz in dem kleinen Wäldchen um den Speicher gesucht. Kaum saßen wir, standen die ersten Wein- und Wasserflaschen auf dem Tisch und in regelmäßigen Abständen sprang jemand auf und besorgte Nachschub. Gefühlt leerten wir pro Weinflasche mindestens 3-4 Wasserflaschen, und dass, obwohl wir – bis auf zwei Ausnahmen, aus Hattersheim und sogar Rodgau mit dem Rad gekommen (!!) kaum 3 Kilometer zurückgelegt hatten.

Zu viel Sport ist bei solch hochsommerlichen Temperaturen gar nicht gesund. Im Schatten war es allerdings herrlich und nachdem wir uns durch die Weine und die Speisekarte probiert hatten, gegen Abend, traten wir wieder den Heimweg an. Abteilung Hattersheim und Rodgau verabschiedeten sich von Abteilung Hochheim. Wir kamen ja am Weinprobierstand vorbei. Ganz zufällig. Grundsätzlich weigern sich Hochheimer Fahrräder bekanntlich, daran vorbeizufahren, so dass auch hier noch einige Wein- und viele Wasserflaschen zu einem gemütlichen Ausklang beitrugen Wir genossen Weine vom Weingut Rebenhof und die tollen Speisen vom Bootshaus Flörsheim und irgendwann wurde auch die Temperatur erträglich.

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben, wir werden in jedem Fall einen neuen Termin ansetzen für eine Weinprobe mit Ernst-Peter und Bettina im Weingut Schilling. Vielleicht nicht gerade im Hochsommer …

Wir wollen weiterhin Euch das Weingut Schilling näher bringem. Da passt es gut, dass das Weingut Schilling im Dezember 2025 eine öffentlich buchbare Probe anbietet:
Weinprobe „Birne“ am Sonntag 14.12. im Weingut Schilling in Kostheim
Dieses Jahr steht die Birne in Mittelpunkt. 
Was wohl kaum einer weiß, sie gehört zur Pflanzengattung, die zu den Kernobstgewächsen in der Familie der Rosengewächse gehört.
Schauen, wir mal, wie diese leckere Frucht uns im herzhaften oder süßen Zustand verzaubern kann.
Beginn 19:00 Uhr. Sekt zur Begrüßung mit einem mehrgängigen Menü, umrahmt von einer Weinprobe mit 4 Weinen.
Die Weinprobe ist so beliebt, dass die Termine am 5. und 7.12. bereits ausgebucht sind. Der 14.12. ist ein Zusatztermin, der uns auf Anfrage genannt wurde.

Wer Interesse hat meldet sich bitte per Email bis Samstag 5.7. an unter email(at)genussspechte.de

Wein, Wild und Gaumenfreuden

GenussSpechte lassen das Jahr ausklingen (HWG)

Wenn die Tage kürzer und kälter werden, macht man es sich gerne drinnen bei einem guten Glas Wein gemütlich. Auch das Bedürfnis nach leichten und kalten Gerichten geht spürbar zurück. Bei den GenussSpechten ist der Name Programm und schon im zweiten Jahr der jungen Vereinsgeschichte hat sich eine schöne und beliebte Tradition etabliert: Das ereignisreiche Proben- und Ausflugsjahr mit einer besonders genussvollen kulinarischen Weinprobe zu krönen; am 15. November war es soweit.

Die Idee zu Wein und Wild kam bereits im letzten Jahr auf und Vorstand Hendrik Ruitenberg suchte im Internet nach interessanten Quellen. Dabei stieß er auf Sommelier Hanns Fertsch vom Weinhandel Fertsch in Bad Nauheim. Dieser führt eine Vielzahl von hochinteressanten Themenweinproben durch – allerdings nur vor Ort. Er erklärte sich jedoch gerne bereit, eine Probe von mittelpreisigen bis gehobenen Weinen für die GenussSpechte zusammen zu stellen. Vorstand Hendrik Ruitenberg besorgte die Weine und, da man keine Zeit mehr zum Vorkosten hatte, bat er Herrn Fertsch darum, die beste Reihenfolge festzulegen.
Für das Catering zeichnete, wie schon im letzten Jahr, Roger Ullrich verantwortlich, der die Weinliste und genaue Beschreibungen der Weine hatte und ansonsten nur die Anweisung „Mach mal, wir lassen uns gerne überraschen“. Vorstände Jutta und Ingo Hühn dekorierten den Gemeindesaal festlich und kreativ unter Plünderung des eigenen Gartens und dank vieler helfender Hände war im Nu der Saal der evangelischen Kirche bereit für Mitglieder und Gäste.

Zum ersten Wein, einem Cabernet Sauvignon Unfiltered vom Weingut Peth Wetz aus Rheinhessen, reichte Ullrich einen Gruß aus der Küche in Form eines Crackers mit geräucherter Entenbrust.
Nach diesem Wein folgten zwei Weißweine, ein Chardonnay Unfiltered vom selben Weingut und ein Riesling Uhlen Roth Lay Großes Gewächs 2016 von Heymann-Löwenstein (Mosel). Dazu gesellte sich Feldsalat mit gewürzten Kichererbsen, roten Zwiebeln an einem Orangendressing und gratiniertem Ziegenkäse. Beide Weine passten gut, bei dem Riesling entfesselte sich regelrecht eine Geschmacksexplosion auf dem Gaumen.

Wie eine gut einstudierte Choreographie folgten den ganzen Abend lang: Ausschenken durch drei Freiwillige, Präsentation der Weingüter und Winzer an der Leinwand durch Ruitenberg, servieren der Teller und Löffelhappen durch viele Teilnehmende. Roger Ullrich ließ es sich nicht nehmen, jedes kleine Gericht und jeden Löffel zu erläutern und für die Interessierten ein wenig aus dem Nähkästchen der Zubereitung zu plaudern.
Zur Verkostung kamen vier Spätburgunder von der Ahr, aus Rheinhessen, der Pfalz und der Bourgogne (Frankreich), anschließend ein italienischer Nebbiolo aus dem Piemont, ein Cuvée aus Südafrika, ein Côte du Rhone und als Höhepunkt ein hervorragender (und etwas hochpreisiger) Shiraz aus Australien.
Dazu genossen die Teilnehmenden Steinpilzrisotto mit Speckchip, Rehrücken auf Rahmwirsing, hausgemachte Semmelknödel mit Wildragout und Dattel-Maronen Rotkraut und zum Schluss Zimtparfait mit Pflaumen im Portweinsud.

Auch beim Abräumen und Aufräumen halfen alle tatkräftig mit und neben lang anhaltendem Applaus gab es für Roger Ullrich und seine Helferin natürlich auch flüssige Blumen, ausnahmsweise nicht aus Hochheim.

Nachlese

Die zweite Genussreise unseres jungen Vereins führte uns, wie könnte es anders sein, in die Niederlande. Was wir dort erlebten, kann man auf der Homepage nachlesen. Aber Lesen ist eine trockene Angelegenheit. Was liegt näher, um schöne Erinnerungen zu wecken, als eine Weinprobe mit Fotoschau. So bekommen auch diejenigen, die nicht dabei sein konnten, einen Einblick und zugleich einen geschmacklichen Eindruck.

Da wir bei jeder Weinprobe auf unserer Genussreise in die Niederlande so leckere Häppchen serviert bekommen hatten, war uns gleich klar: wir müssen mehr anbieten als Brot und Käsewürfel!

Zum Glück sind wir kochbegeistert und darüber hinaus spontan und unkompliziert. Die Organisation der Veranstaltung lief über E-Mail und Signal-Chats und das Hin- und Herschicken von erst kürzlich im Internet entdeckten Rezepten.
Und weil unsere Vereinsmitglieder immer hilfsbereit sind, boten einige spontan an, früher zu kommen. Heike war uns in der Küche eine wertvolle Unterstützung und jeder und jede, die hereinkamen, fragten als erstes: „Was kann ich noch helfen?“
So macht Verein Spaß und daher an dieser Stelle:
DANKE an Euch alle.

Auf dem Teller hatten wir, nachempfunden der Häppchen vom Weingut Keulenhof (plus eigene Ergänzungen):

  • Kräutergouda
  • Pumpernickel mit Matjes
  • Krabben in Dillcreme auf Cracker
  • Olive und Frischkäse auf Cracker
  • Spießchen von mariniertem Schweinefleisch
  • Quiche mit grünem Spargel und Schinken
  • Spargel in Schinkenhülle mit Estragonöl

Dazu ein Schälchen mit einem herrlichen Kartoffelsalat mit Spargeln und Radieschen.

Als Dessert, zum süßen Wein, überraschte und Jutta mit einer Spargel-Panna Cotta mit Erdbeercoulis, ein absoluter Hochgenuss.

Ja, ihr habt richtig gelesen, vier Mal Spargel. Auf der Reise hatten uns alle Winzer vollmundig erklärt, wie hervorragend der gerade eingeschenkte Auxerrois zu Spargel passe. Leider bekommt man Ende August auch in den Niederlanden keinen mehr und das Ganze artete in einen Wettbewerb aus, wer fragt als erstes: „Und wo bleibt der Spargel?“

Glücklich die Teilnehmenden der Nachlese, die die Disziplin hatten, mit dem Verzehr des Spargels bis zum Auxerrois zu warten. Und ausgerechnet bei diesem Wein gab es eine Servierpanne! Die Etiketten von Apostelhoeve sind alle gleich und die Rebsorte nur mühsam zu lesen. So hatte der eine Tisch den Auxerrois, der andere den Viognier, der danach hätte ausgeschenkt werden sollen. Beim Wein danach wurde kurzerhand gewechselt.

Hendrik hatte zwei Präsentationen erstellt. Jedes Mal gab es witzige Anmerkungen aus dem Publikum, wenn er von einer zur anderen schaltete und man sein Desktopbild, die katholische Kirche von Hochheim, sah. Man wähnte sie bereits in den Niederlanden nachgebaut …

Neben den vielen Fotos zeigte Hendrik Informationen über das Weinanbauland Niederlande, die einzelnen Weingüter, die Winzerfamilien sowie Steckbriefe der verkosteten Rebsorten.

Wir probierten die folgenden Weine:

  • 2022 Parel van Elst Rosé, Wijngaard Keulenhof, Elst, BGA Gelderland, ein fruchtiger Secco (Cabernet Cortis und Muscaris)
  • 2023 Colonjes Circulé Secco Rosé, Biol. wijnhoeve De Colonjes, Groesbeek, BGA Gelderland (Pinotin)
  • 2022 Bergdorpje Rosé , Wijndomein St. Martinus, Vijlen, BGA Limburg (Cabernet Cortis, Regent, Dornfelder & etwas Cabernet Cantor)
  • 2023 LingeWit | Blanc de Noir, Betuws Wijndomein, Erichem, BGA Gelderland (Pinotin, Cabernet Cortis)
  • 2023 Colonjes Circulé Wit, Biol. wijnhoeve De Colonjes, Groesbeek, BGA Gelderland (Sauvignac, Helios, Cabernet blanc, Muscaris)
  • 2023 Mussec, Wijngaard Keulenhof, Elst, BGA Gelderland (Muscaris)
  • 2023 Schouwen-Druivenland Gris, Wijnhoeve de Kleine Schorre, Dreischor, BGA Zeeland (Grauburgunder)
  • 2023 Schouwen-Druivenland Souvignier Gris, Wijnhoeve de Kleine Schorre, Dreischor, BGA Zeeland
  • 2022 Auxerrois, Wijngaard Apostelhoeve, Maastricht, BOB Mergelland
  • 2022 Viognier, Wijngaard Apostelhoeve, Maastricht, BGA Limburg
  • 2023 Twentewijn- Solaris in nieuwe eiken Barrique gerijpt, Hof van Twente, Bentelo, BGA Overijssel (Solaris aus dem Barrique)
  • 2023 Twentewijn- Sueterie Rood, Hof van Twente, Bentelo, BGA Overijssel (Pinotin, Regent und Rondo)
  • 2023 7 zonden, Wijndomein St. Martinus, Vijlen, BGA Limburg  Cabernet Cortis, Cabernet Cantor aus den Jg. 2019, 2020 & 2021)
  • 2022 Solaris Late Oogst, Hoeve Nekum, Maastricht, BGA Limburg (Süßwein aus später Lese)

Die Stimmung war heiter bis ausgelassen und gelegentlich hatte Hendrik Schwierigkeiten, uns wieder zu disziplinieren, um seinen interessanten Vortrag weiterzuführen.

Schon während der Weinprobe hatten fleißige Hände damit begonnen, nicht mehr benötigte Teller und Bestecke abzuräumen und die erste Maschine anzuwerfen, so dass auch das Aufräumen am Ende schnell erledigt war.

Jemand äußerte den Wunsch, alle paar Jahre in die Niederlande zu fahren, um den Fortschritt der einzelnen Betriebe zu überprüfen. Keine schlechte Idee! Da ist Bruno von De Boe, der gerade erst gestartet hat, und Gilbert und Robin, die Söhne von Mathieu Hulst vom Apostelhoeve, sie sprühen vor Kreativität und Ideen, Adam aus Groesbeek und Johan aus Zeeland sind inzwischen zu Freunden geworden, da fährt man gerne wieder einmal hin.

Die Niederlande sind immer eine Reise wert.

Tagesausflug nach Essenheim zum Weingut Wagner

Manchmal fügt es sich, dass Termine dicht hintereinanderliegen, besonders, wenn sie einen langen Vorlauf haben. Das Wochenende an der Bergstraße ist gerade einmal zwei Wochen her, dennoch waren wir schon wieder auf Achse. Jutta hatte die Idee für diese Veranstaltung vor fast zwei Jahren, und auch die Organisation übernommen Bei der Planung ist man natürlich immer abhängig von den Terminkalendern der Winzer. Wenn der Winzer darüber hinaus ein gefragter Autor ist und Lesungen in der ganzen Republik anbietet, wird die Terminfindung nicht gerade leichter.

Wir trafen uns mit knapp 20 Personen und einer ausgeklügelten Logistik mit Gruppenkarten, Deutschlandticket, vorher an die Orga gemeldeten Einstiegshaltestellen im Bus 68, der sogar pünktlich war. Die Wartezeit am Hauptbahnhof Mainz konnte überbrückt werden mit 1. der Suche nach Bussteig „O“ und 2. einer Betriebsmittelzufuhr in Form von Brezeln oder Erzeugnissen der amerikanischen Systemgastronomie und verging wie im Flug.

Der Bus 654 zuckelt gemütlich durch Klein-Winternheim und Ober-Olm auf seinem Weg nach Essenheim und es ist sehr schön dort, so weit man das aus dem Busfenster erkennen kann. Ob es hier auch interessante Weingüter zu erkunden gibt?
Im Weingut Wagner angekommen, begrüßte uns Andreas Wagner mit einem trockenen Silvaner und einer Brezel zur Stärkung, bevor wir auf die Weinbergwanderung loszogen, zeitgleich übrigens mit seiner Frau und einer anderen Gruppe in die entgegengesetzte Richtung.
Andreas schleppte einen Rucksack mit Weinen und ein Klemmbrett mit Textauszügen seiner Romane.

Zunächst gab es Eckdaten zum Familienweingut: 1692 erwarben die Vorfahren erste Weinberge in Essenheim. Heute sind 30 ha im Anbau, es werden ca. 240.000 Flaschen pro Jahr erzeugt. Der Abverkauf ist zu 95% an Privatkunden, etwas Gastronomie, keine Händler. Kunden sind in ganz Deutschland verteilt, viele kommen regelmäßig aus dem näheren und weiteren Umland und laden das Auto randvoll. Früher ein Mischbetrieb, wie so viele, hat man sich inzwischen ganz dem Wein gewidmet und auf biologischen Weinbau umgestellt. Die drei Brüder haben das Weingut vor über 20 Jahren übernommen, der Vater, 82, ist allerdings noch immer sehr aktiv – sei es im Weinberg beim Ausbringen von Spritzmitteln (mit Tracking-Handy …), sei es in der Straußwirtschaft mit dem Schleppen von schwer beladenen Tabletts.
Gelesen wird von Hand und mit dem Vollernter, je nach Reifegrad, Wetter und gebotener Eile.

Der erste Haltepunkt der Wanderung auf einer beschaulichen Wiese hinter dem Haus bescherte uns eine Textstelle aus dem Roman „Hergottsacker“, nämlich der Leichenfund durch den Hund auf einem Spaziergang. Dazu erklärte Andreas, wie die Idee zu dieser Szene zustande kam. Beim Ausbau der Freitreppe der Kirche fanden Bauarbeiter einst menschliche Knochen – an einem Freitagnachmittag. Um nicht den Feierabend zu verlieren, packten sie die Erde und Knochen kurzerhand auf den Bauwagen und kippten sie auf den Erdhügel mit den anderen Erdresten vom Aushub, irgendwo zwischen den Weinbergen. Just am nächsten Montag trug es sich zu, dass eine Kitagruppe eine kleine Wanderung unternahm. Als ein kleiner Junge des Abends mit menschlichen Gebeinen auf seiner kleinen Blechtrommel herumtrommelte, kam die Sache ans Licht. Es waren indes Knochen aus dem 18. Jahrhundert. Dieses kuriose Ereignis hatte Andreas in seinem Notizbuch notiert für eine spätere Verwendung. Es ist immer interessant, wie Autoren inspiriert werden (vor allem, wenn man sich schon selbst an Belletristik versucht hat, wie Eure Chronistin).

Weiter ging es zu einer Stelle mit einem Wäldchen auf der einen Seite des Weges und einem herrlichen Ausblick auf die Weinhügel auf der anderen Seite. Ganze 2 Rebzeilen hat Familie Wagner an dieser Stelle, zu erkennen am rot eingefärbten

Stickel. Dass diese zwei Reihen biologisch sind, sah man auf den ersten Blick – sattes Grün der Blätter und auf dem Boden. Die herbizidgetränkten Reihen rechts und links sahen weniger glücklich aus. Zum Glück sind die konventionellen Winzer so vernünftig, nicht bei starkem Wind zu spritzen, zudem haben sie heutzutage Maschinen mit den Spritztunneln, so dass es so gut wie keine Verunreinigung gibt.
An dieser Stelle verkosteten wir einen Rosé, die Drei Jungs, einem Cuvée aus Cabernet Sauvignon und Merlot. Früher hatte man, um die Rotweine kräftiger ausbauen zu können, eine Vorlese gemacht und die Trauben reduziert, indem man Überzählige auf den Boden warf. Nachhaltig ist das allerdings nicht und passt nicht zum Anspruch eines Biobetriebs. Daher ist man dazu übergegangen, eine Vorlese zu machen, aus der man Rosé erzeugt. Das ist arbeitsintensiv und verlangt Können, denn man muss entscheiden, welche Trauben man hängen lässt und welche man liest. Die eigentliche Rotweinlese geht dann erheblich schneller, da wird nur noch faules oder beschädigtes Traubengut entfernt.
Der Rosé ist sehr gelungen, fruchtig, sommerlich, trocken. Auf dem Etikett ist ein altes Foto von drei Jungen im Weinberg abgebildet, aus dem Familienalbum. Als Textstelle, von diesem dichten waldähnlichen Bewuchs hinter dem Weg inspiriert, folgte ein Auszug aus einem der älteren Romane – der Rüben-Rudi, ein älterer, dem Alkohol stark zugeneigter ehemaliger Winzer, der in seiner Freizeit Easy Rider Fantasien mit dem Moped auslebt – und dabei eine unschöne Begegnung mit einem gespannten Draht hat. Was Andreas Wagner auszeichnet, ist, dass er gruselige Begebenheiten mit besonderem Sprachwitz und ironischen Formulierungen schildert, die beim Lesen – oder Vorgelesenbekommen – sehr großen Spaß machen.

Den Rotwein, einen reinen Merlot, probierten wir an einer Wegkreuzung zwischen den Weinbergen. Der Wein bekommt ausreichend Reifezeit, erst im Stahltank, dann in gebrauchten Barriques – man möchte einen Austausch mit der Luft, keinen übermäßigen Holzeintrag. Nachdem die Gläser gespült waren, schloss sich ein Grauburgunder an.

Als Lesung gab es einen Auszug, der besonders zum Kennenlernen eines Winzer-cum-Detektivs aus der Feder von Andreas geeignet war.
Seine ersten Romane hatten einen nach Rheinhessen versetzten Polizist aus Dortmund als Hauptfigur. Irgendwann jedoch stand dem Autor der Sinn nach neuem Personal und so ersann er sich einen liebenswerten, etwas skurrilen Winzer, der als eine Art Miss Marple in männlicher, rheinhessischer Version konzipiert ist – Kurt-OttoHattemer. Wir wissen alle, dass es einen Winzer mit diesem Nachnamen in Gau-Algesheim gibt, der wurde natürlich um Erlaubnis gefragt.
Kurt-Otto Hattemer jedenfalls ist ein Genießer und insbesondere „Bixebratworscht“ hat es ihm angetan, Bratwurst in Dosen. Seine Gattin, eine Studienrätin, lässt sich gelegentlich von Kochsendungen, aber auch batiktuchbehangenen Kolleginnen aus dem Lehrerzimmer zu neuen Kreationen inspirieren. Gegen Geschnetzeltem aus Lupinenbratlingen mit wenig animierender Konsistenz hilft da nur ein geheimer Vorratan Wurstdosen. Herrlich die Szene, wie das Versteck in der Weinpresse bei einer nächtlichen Heißhungerattacke auffliegt.
Andreas berichtet auch an dieser Stelle von kuriosen Reaktionen einiger Besucher einer Lesung in Berlin, bei der sich die Buchhändlerinnen alle Mühe gegeben hatten, Bixebratworscht zu besorgen – zum Beispiel, wie man denn die Bratwurst in die Dose bekäme und wie man sie braten solle …

Nach der Rückkehr ins Weingut folgte eine kurze Kellerführung mit einem Riesling von einem sehr kalkhaltigen Boden. Kalk hat den Vorteil, die Säure gut abzupuffern, und sorgt für sehr gut trinkbare, aromatische, aber auch weiche Rieslinge.
Nach dem üblichen Abschiesritual – Gästebuch, Hochheimer Blumen (vom Weingut Schäfer), Applaus und Dank begaben wir uns an unseren reservierten Tisch im Hof der Straußwirtschaft, unter dem Dach, zum Glück, denn jetzt setzte der langersehnte Regen ein. Perfektes Timing! Wir ließen den Abend bei leckerem Essen und leckerenWeinen ausklingen, ehe wir um 18:55 Uhr den Heimweg antraten (und dabei für Stimmung im Bus sorgten).
Eine sehr gelungene Veranstaltung!

GenussSpechte on Tour an die hessische Bergstraße

Zweitägige GenussTour (von Susanne Ruitenberg)

Schorsch hatte schon lange vorgehabt, uns die hessische Bergstraße vorzustellen, vor allem, weil Gigi von da stammte. Im letzten Jahr hat er sich (endlich) getraut und uns eine wunderbare Genussreise zusammengestellt. Die Weine vom zweitkleinsten bestimmten Anbaugebiet Deutschlands sind einen Abstecher wert!

Für die Logistik bekam er Unterstützung durch den Vorstand und selbst die Nachbuchung der Warteliste hat noch geklappt.

Am Samstag, dem 10. Mai 2025 fanden sich 24 gutgelaunte GenussSpechte pünktlich am Weinprobierstand ein. Auch der Bus kam zur rechten Zeit, ein 30-Sitzer, wie gemacht für die Gruppengröße. Das  Gepäckfach wirkte großzügig. Bei der Hinreise war es nur mäßig gefüllt durch unser leichtes Gepäck – bei der Rückreise hatte der Bus etwas mehr zu tragen (davon erzähle ich später)

Nach einer angenehm kurzen und staufreien Fahrt erreichten wir überpünktlich – eher zu früh – das Weingut Hanno Rothweiler in Bensheim. Hanno selbst war im Urlaub, sein langjähriger Freund Ewald Hess empfing uns mit einem erfrischenden Glas Prickelndem in Pink.

Das Weingut bewirtschaftet rund 7 ha, fast alle Flächen sind gepachtet. Die Vermarktung erfolgt viel über Direktverkauf, dazu noch Lebensmitteleinzelhandel, vor allem Edeka in der Umgebung, ein Supermarkt bei Karlsruhe und viel Versand.

Auffallend an diesem Weingut sind die Wortspielereien, so heißt das Cuvée aus rotem und weißem Riesling „Gewinngemeinschaft“, der Shiraz Rosé läuft unter „Blush“, ein Grauburgunder macht mit „The Taste of Grey“ auf sich aufmerksam. Dazu gesellen sich äußerst witzige Graphiken, als Poster an der Wand und im Weinkatalog, mit allerlei Getier – so eine „Leseratte“ mit Rebschere und Schubkarren, der „Bärlot“ ist ein im Barriquekeller im Fass badender Bär mit Rotweinglas (und Quietsche-Entchen“ und der Tiger von Eschnapspur begleitet die Auswahl an Hochprozentigem.

Die Weinprobe mit Käseplatte führte Hess mit Witz und Wissen so kurzweilig durch, dass man kaum die Zeit vergehen spürte und am Ende lief sie uns fast ein wenig davon.

Wir probierten (Anmerkung, die Verkostungsnotizen sind subjektiv, da von Eurer Chronistin):

1. 2023 Cuvée aus rotem und weißen Riesling, fruchtig, sommerlich, ansprechend.

Lange hat man gerätselt, welches Farbspiel aus welchem mutiert ist, erläuterte Hess. Es ist jedoch so, dass in Feldern von weißem Riesling vereinzelt roter Riesling auftaucht, so dass offenbar der rote aus dem weißen mutiert ist. Roter Riesling hat eine rötliche Farbe in der Beerenhaut. Dieses Cuvée kam so zustande: Der weiße Riesling entpuppte sich nach der Gärung als durchgegoren bis zum Anschlag, die Hefe war offenbar sehr hungrig. Der rote Riesling präsentierte sich weicher, mit mehr Restzucker. Durch die Vermählung mit dem roten Riesling entstand ein ausbalancierter, ansprechender Wein.

2. 2024 Auxerrois

Frisch, rebsortentypisches Aroma und es blieb nicht aus, dass sofort jemand der Teilnehmenden rief „und wo ist der Spargel?“ – zur Erläuterung für alle, die den Reisebericht unserer Reise in die Niederlande nicht mehr auf dem Schirm haben: Dort probierten wir einige Auxerrois. Jedes Mal wurde uns wortreich erklärt, wie hervorragend diese Rebsorte zu Spargel passe. Nun fand die Reise in die Niederlande Ende August statt, weit weg von der Spargelsaison. Natürlich wurde es ein Running Gag auf der Reise, bei der bloßen Erwähnung dieser Rebsorte nach der Königin der Gemüse zu fragen, beinahe war es ein Wettbewerb, wer die Frage als erstes stellte. Nachdem wir Ewald Hess darüber aufgeklärt hatten, konnte es mit der Probe weitergehen.

Angesprochen auf den Klimawandel, erläuterte Hess, dass die Weine ab 2022 spürbar schlanker werden und weniger zuckerfreien Extrakt haben. Durch die Dürreperioden und Starkregen zum falschen Zeitpunkt werde das Weinmachen immer schwieriger. Vereinzelt werden Bewässerungsanlagen installiert; bei steilen Hängen muss man das Wasser teilweise im Tank hochfahren.

Der Ertrag in der Bergstraße bleibt unter der erlaubten Menge Hektoliter pro Hektar.

3. 2024 Gelber Muskateller

Wundervolles Aroma, jedoch trocken ausgebaut, animierend, schmeckt nach mehr.

4. Shiraz Rosé

Eine maulvoll, würde man bei uns in der Gegend sagen. Schöne Frucht, ohne ins Erdbeerige zu gehen, passt zu Barbecue, Aperitif und generell zum Sommer.

Bis zum Zweiten Weltkrieg gab es sogar Shiraz an der Bergstraße, dann verschwand er von der Bildfläche. Hanno hat ihn wieder eingeführt.

5. 2022 Zinfandel

Weich, viel rote Frucht, sehr vollmundig.

Ursprünglich kam die Rebsorte aus Kroatien und hieß Crljenak Kaštelanski bzw. Tribidarg.

Die Italiener kennen ihn als Primitivo und diesen Namen haben sie schützen lassen. Wobei der Name nichts mit primitiv zu tun hat, sondern abgeleitet ist von Prima Tivo, als erster reifend.

Amerikaner haben einst Reben aus Österreich geordert, Zierfandler, jedoch gab es eine Verwechslung und so bekam der falsche Wein das falsche Etikett und der Name Zinfandel entstand. Witzigerweise werden in Amerika nun Zinfandel und Primitivo angeboten, obwohl die Rebsorten tatsächlich identisch sind.

Dieses Exemplar hat eine Maischegärung von 10-20 Tagen bei regelmäßiger Batonnage hinter sich.

6. Syrah Barrique

Dieser Wein lag ein Jahr in neuen Barriques, die Holznote ist perfekt eingebunden, den Wein kann man aber auch noch lange genießen. Syrah wird weltweit auf 200.000 ha angebaut. Er ist vermutlich ein Enkel oder Urenkel von Pinot Noir.

Am Ende der Weinprobe dankte Schorsch mit einem Wein aus dem Weingut Schäfer „nicht verwandt und nicht verschwägert“, aber natürlich mussten die Hochheimer Blumen auf dieser Reise von Schäfer kommen. Den Spruch hörten wir auf dieser Reise noch so manches Mal und ganz am Ende kam auch die Erklärung hierzu.

Um 12:15 Uhr fuhren wir weiter ins Viniversum Heppenheim und stärkten uns mit einem gut gefüllten Odenwälder Vesperteller mit Wurst, Käse, Radieschen, Butter und Brot.

Gestärkt widmeten wir uns nach kurzer Busfahrt dem nächsten Programmpunkt: Einer Führung durch die Rebveredelung Antes mit der Chefin Anja Antes-Breit. Viele von uns kennen Ferdi Staab in Hochheim, der nicht mehr aktiv ist, und wir haben sicher schon beim Spaziergang früher hinter dem Sportplatz die Felder mit den Jungrebenstecklingen im 6 cm Abstand gesehen.

Hier konnten wir gleich mehrere Bearbeitungsschritte live mit verfolgen.

Wer schon einmal im Weinbaumuseum war, hat sicher mit den toten Zweigen und der Schneidemaschine herumgespielt und sich am Omegaschnitt versucht – und die ausgestanzten Enden der Zweige ineinandergefriemelt wie zwei Puzzleteile.

Nachdem die Reblaus im vorvorigen Jahrhundert ihren Vernichtungsfeldzug beendet hatte, kam man auf die Idee, von den resistenten amerikanischen Reben (die keine wohlschmeckenden Weine hervorbringen), nur Stamm und Wurzeln als „Unterlagsrebe“ zu verwenden und die Edelreiser der erwünschten Rebsorten aufzupfropfen. Diese Stelle wird mit Paraffin umhüllt. Früher reichte ein Paraffin mit einem Schmelzpunkt von 50°C. Bedingt durch den Klimawandel genügt das nicht mehr, so dass jetzt mit Paraffinen aus südlicheren Gegenden sowie mit reflektierendem Paraffin experimentiert wird. Experimente können allerdings nur in Kleinstmengen stattfinden.

Auf dem Hof fielen Boxen mit dicken Zweigen auf (nein, keine Spargel, wie sofort jemand fragte, die wären arg holzig gewesen).

Der Ablauf ist wie folgt: Im Dezember und Januar werden die Edelreiser von den Stöcken geschnitten, ein Auge bleibt stehen. Die Unterlage wird behandelt, so dass sie nicht austreibt. Nach dem Verbinden und dem Paraffinieren kommen die Stecklinge zunächst ins Kühlhaus. Das hat 2°C, wie wir feststellen konnten. Zum Vortreiben kommen sie dann in Torf und in eine sehr warme Halle, aus der die Chronistin recht schnell wieder geflohen ist. Anschließend werden sie aus dem Torfboden herausgepult, gewässert und auf Feld eingeschult. Dazu kommt eine Folie auf den Boden, in die in regelmäßigen Abständen Löcher gestanzt werden. Heute mit Maschinen. Früher gab es dazu ein einfaches handbetriebenes Gerät, ähnlich einem Nudelrad, ein solches kann ebenfalls im Weinbaumuseum bewundert werden. Ausgeschult werden sie im November und warten dann im Kühlhaus auf ihren Versand, der von März bis Mai erfolgt.

Es darf auf keinen Fall etwas verwechselt werden. Fällt ein Eimer mit Stecklingen zu Boden, werden sie nicht mehr verwendet.

Momentan ist man bei einem PIWI-Anteil von 50%, besonders der Souvignier Gris ist sehr gefragt und hat den Riesling in der Nachfrage übertroffen.

Natürlich lief der Rundgang nicht trocken ab, wir hatten die Gelegenheit, eine Auswahl an Weinen, sogar einen alkoholfreien, der Geschmack hatte, zu probieren.

Nachdem wir uns von Anja Antes-Breit ebenfalls mit Hochheimer Blumen (von Schäfer, „nicht verwandt und nicht verschwägert“) verabschiedet hatten, trafen wir wieder im Viniversum Heppenheim ein zu einer PIWI-Weinprobe mit Reinhard Antes, Anjas Vater.

Die Bergsträßer Winzergenossenschaft wurde 1904 gegründet und erlebte in den 50er Jahren einen regelrechten Boom. Aktuell hat man Lagen an der hessischen Bergstraße sowie in Baden.

Die beeindruckende Vinothek wurde 2014 in Betrieb genommen.

Zum Einstieg probierten wir zunächst keine PIWI, sondern einen Sekt aus Goldmuskateller. Bedingt durch den Klimawandel löst diese Rebsorte langsam den Muskateller ab für Sekt, denn er reift schneller und bringt weniger Mostgewicht mit, denn für die Sektherstellung darf der Wein nicht schon zu viel Stoff haben, wie wir alle wissen.

Der PIWI-Anteil an der Hessischen Bergstraße beträgt 7%, im Rheingau zum Vergleich liegt er bei 0,5%.

Die erwünschten Resistenzgene sind auf den verschiedensten Chromosomen angesiedelt und man braucht endlos viele Kreuzungsversuche, bis man die gewünschten Eigenschaften in einem Nachkömmling vereint, (1 Million Kreuzungen für eine praxistaugliche Rebsorte), weshalb es rund 20 Jahre dauert, um eine neue Rebsorte zu entwickeln. Daher läuft auf neue Sorten ein Patentschutz und man zahlt eine Lizenzgebühr pro Steckling.

In Australien ist es bereits erlaubt, die gewünschten Gene mittels Genschere (crispr) zu extrahieren und auf andere Chromosomen umzusiedeln, was eine erhebliche Zeitersparnis bedeutet.

Die Weinprobe umfasste:

1. 2022er Regent

Die Rebsorte stammt bereits aus den 90er Jahren, aus der 3. PIWI- Generation – kam allerdings unglücklich zum Ende des Rotweinbooms auf den Markt, so dass er sich nie richtig durchsetzen konnte. Inzwischen gibt es bereits Nachkommen von dieser Rebsorte.

Regent passt hervorragend zu Wildgerichten.

2. 2022er wine4future, ein Rotweincuvée aus Carillon, Calardis royale, Cabernet Cortis, im Eichenfass gereift.

3. Souvignier Gris Orange

Erster Versuch eines Orange-Weins. Fehlerfrei, allerdings noch etwas verhalten; die Anlage ist noch jung. Mit etwas älterer Anlage und noch etwas längerer Maischegärung wird das sicher ein spannender Wein. Er wurde in neuem Holz gelagert.

Souvignier Gris ist derzeit eine sehr beliebte Rebsorte. Sie ist robust, vor allem in der Beerenhaut, daher weniger anfällig für Kirschessigfliegen. Vor allem bleibt sie stabil am Stock hängen und ist daher auch für Eiswein geeignet. Bei Riesling hat man zunehmend das Problem, dass er lange vor dem Frost abfällt und nur noch aus der Plastikhülle herausgeklaubt werden kann.

4. 2022er Souvignier Gris Spätlese trocken

Der Name entstand beim Kaffeetrinken, jemand in Freiburg hatte die Idee, sie „Souvenir von Freiburg“ zu nennen.

Die Trockentoleranz bei PIWIs steuert man übrigens über die Auswahl der Unterlagsrebe.

5. 2023er Muscaris Auslese

Man ahnt es: der Muscaris ist die PIWI-Variante des Muscatellers. Die Rebsorte ist sehr gelungen und diese Auslese war es auch. Leider war, denn sie ist nicht mehr zu bekommen (bzw. nur Restflaschen im Archiv, wenn man artig bitte bitte sagt).

6 2022er Heppenheimer Stemmler Souvignier Gris Eiswein

Orangenschale auf Rosine, so war mein erster Eindruck. Die Eisweine aus dem SG sind nicht vergleichbar mit Riesling, sie haben eine ganz eigene Aromatik. Mir gefällt sie.

Man ahnt es – auch diese Weinprobe ging leider zu Ende, es gab Hochheimer Blumen („nicht verwand und nicht verschwägert“) und wir fuhren ins Hotel Poststuben in Bensheim, verabschiedeten unseren Busfahrer. Der Bus hatte die ersten Weinkartons in seinem Kellergewölbe. Nach Einchecken und Frischmachen freuten wir uns auf das Abendessen: Gemischter Salat mit Croûtons (die fehlten, dazu später mehr), als Hauptspeise entweder Winzersteak mit Röstzwiebeln und Bratkartoffeln oder Hecht auf Ratatouille mit Reis und Kokossauce (mediterran – asiatisch??) und Panna Cotta mit Beeren.

Am Ende gab es einen kleinen Schreckmoment, als die Bedienungen die Menüs kassieren wollten. Es gab wohl eine Miskommunikation. Wir hatten eine Rechnung erwartet, die nie kam. Das Hotel war der Meinung, wir würden vor Ort zahlen. Hendrik konnte das durch ein Telefonat mit der Besitzerin und einer nächtlichen Mail klären: wir zahlen per Überweisung und jeder musste nur seine Getränke zahlen.

Wir erinnern uns an die vergessenen Croûtons: Schlagfertig machte Sieglinde die Bedienungen darauf aufmerksam und befand, das sei doch einen Digestiv aufs Haus wert – sie hatte Erfolg und wir durften uns alle an einem Kirschlikör erfreuen.

Damit endete Tag eins an der Bergstraße.

Am nächsten Tag erschienen viele bereits um 8:00 Uhr zum Frühstück, obwohl der Start erst für 10:00 Uhr geplant war. Wenn man schon mal ein leckeres Büffet hat – davon muss man doch ausgiebig profitieren! Und lecker war es in der Tat, knusprige Brötchen, Rühreier, gekochte Eier, Wurst- Schinken – Käseauswahl, Müsli, Obst, Joghurt, und und und. Einzig der Kaffee hätte gerne etwas stärker sein dürfen, aber wenigstens geizten sie nicht und man bekam nachgeliefert.

Nach einer kurzen Fahrt trafen wir uns mit Winzermeisterin und Tausendsassa Christa Guth. Sie war in den 80ern Gebietsweinkönigin der hessischen Bergstraße und hat sich selbständig gemacht für Weinproben, Weinlagenwanderungen, Weinevents aller Art, arbeitet außerdem als Weinberaterin und Sommelière bei Edeka Bensheim.

Ihr Ehemann Gerald war auch mit von der Partie und die T-Shirts mit „CG Wein“ passen sowohl als Initialen für Christa Guth als auch für Christa und Gerald. Gerald hatte den Wein, die Gläser und das Wasser (und Hendrik schummelte etwas für später in den Kofferraum, damit er es nicht schleppen musste. Ihr könnt Euch sicher denken, was das war.)

Es ging vorbei an mehreren Monopollagen der Staatsdomaine und Hauptattraktion dieser kleinen Lagenwanderung war das Fürstenlager Bensheim-Auerbach aus dem späten 18. Jahrhundert, die Sommerresidenz des Hauses Hessen-Darmstadt. Hier traf man sich im Sommer mit sämtlichen Cousins und Cousinen, es gab eigene Schlösser für die kleinen Prinzen und die kleinen Prinzessinnen.

Die Residenz liegt in einer wunderschönen Parkanlage, die sich vortrefflich für kulturelle Veranstaltungen aller Art eignet. Insbesondere von dem kleinen Tempelchen, das ein wenig aussieht wie das vom Neroberg in klein, hat man eine vortreffliche Akustik und Sänger, besonders Opernsänger, können von hier das gesamte Tal beschallen. Der Park ist eintrittsfrei für jeden zugänglich.

Am 1. Mai findet hier immer die große Weinlagenwanderung statt, organisiert von den Jungwinzern, die inzwischen allerdings nicht mehr jung sind. Namen wie „Generation Riesling“ oder Ähnliche sind laut Christa in dieser Hinsicht praktischer. Anfangs waren es ein paar hundert Menschen, und man hatte dennoch zu wenig von allem. Im nächsten Jahr plante man vorsichtshalber mit tausend Wanderfreudigen, es waren fast 2000. Inzwischen sind es um die 40.000.

An jedem Haltepunkt gab es Weine aus den umliegenden Lagen von verschiedenen Winzern. Christa Guth hat ein immenses Wissen und eine mitreißende Begeisterung und es gibt keine Frage, die sie nicht beantworten könnte.

Besonders schön gefiel uns dieser Aussichtsplatz mit den Sitzbänken und der Linde, so dass der Spaziergang etwas kürzer und die Verweildauer an diesem wunderbaren Ort länger als geplant ausfielen. Der Ausblick auf das ganze Tal, im frühlingshaften frischen Grün, ist eine Erholung für das Auge und die Seele.

Am Ende der Tour beim Abschied holte Hendrik die eingeschmuggelte Flasche Hochheimer Blumen wieder aus dem Auto und nach der Abschiedszeremonie („nicht verwandt und nicht verschwägert …“) machten wir uns auf nach Groß-Umstadt.

Wir kamen wieder etwas zu früh an. Das war sehr gut für die italienische Eisdiele ca. 100 Meter die Straße rauf. Erstens konnte man da die Örtlichkeiten aufsuchen (da war ja der Kaffee am Morgen und dann der Wein und das Wasser …) und außerdem passt ein kleines Eis immer in die Ritzen, auch, wenn man eigentlich zum Mittagessen verplant ist.

Gegen 14:00 Uhr enterten wir die Odenwälder Winzergenossenschaft Vinum Autmundis und Jana Petermann-Rappel nahm uns in Empfang für eine Weinprobe mit Mittagessen, vom Caterer „Herz und Hopfen Gastro GmbH“ – bei der Buchung hatte er noch einen anderen Namen, aber Namen sind zweitranging, wenn das Essen gut ist.

Beim Tisch fehlten die 4 nachgebuchten Plätze, während das Essen korrekt für 24 Personen angerichtet war. Die GenussSpechte sind zum Glück unkompliziert und sofort packten einige mit an, um den Tisch zu verlängern.

Als ersten Gang gab es einen Salat mit grünem Spargel (endlich!) Und Beeren. Dazu servierte uns Jana im linken Glas einen Perlwein, der aus verschiedenen weißen Rebsorten hergestellt wird. Welche und wie die Anteile sind, ist das Geheimnis des Kellermeisters und nicht einmal der Vorstand der Winzergenossenschaft, der Jana angehört (als erste und einzige Frau), ist eingeweiht. Da der Begriff Prosecco geschützt ist, kam man für diesen Wein auf den witzigen Namen „SZischt“.

Die Genossenschaft wurde 1959 von 8 Männern gegründet. Heute sind es um die 90 Mitglieder, viele davon im Nebenerwerb und mit kleinen Flächen, insgesamt hat man 75 ha. Die Kontrolle sowohl über das Jahr als auch bei der Anlieferung der Reben ist streng, nur so könne man eine gute Qualität gewährleisten.

Groß-Umstadt ist eine Weininsel von ca. 100 ha., davon 25% Bio und 75% konventionell. Auch neue Rebsorten sind hier im Anbau. Groß-Umstadt wurde dem bestimmten Anbaugebiet hessische Bergstraße zugeordnet, obwohl Franken räumlich näher liegt.

Im rechten Glas gab es einen grünen Silvaner halbtrocken und beide Weine passten sehr gut zu dem Salatdressing. Food-Pairing mit Salat und Wein ist durch den Essig nicht einfach, hier war es sehr gelungen.

Der Hauptgang bestand aus Hähnchengeschnetzelten mit einer cremigen, lecker gewürzten Sauce und, getrennt davon, Pilzen in Rahmsauce, dazu Reis, dieser perfekt körnig, was nicht jeder so hinbekommt. Aufgrund der Umfirmierung des Caterers konnte kein Bedienpersonal gestellt werden, aber erstens ist Selbstbedienung nicht verkehrt, so konnte man ausprobieren, ob die Saucen getrennt oder gemischt besser schmecken, und zweitens hätte das eher Unruhe hineingebracht und von der Weinprobe abgelenkt. Beim Einschenken halfen spontan manche von uns einfach mit. Ich sagte ja, unkompliziert und stets hilfsbereit und deshalb macht es Eurer Chronistin viel Spaß, mit Euch zu reisen.

Zum Hauptgang hatten wir im linken Glas einen Cabernet Blanc (bio) und im rechten einen Grauburgunder trocken, beide aus der Lage Umstädter Herrnberg. Jana erläuterte uns, dass sie versucht hatte, zu jedem Gang einen Wein auszuwählen, der als Erstes in den Sinn komme und einen, an den man nicht gleich auf dem Radar habe. Grauer Burgunder zu Cremesauße, das hätte jeder sofort angekreuzt. Der Cabernet Blanc, der in seiner Aromatik in Richtung Sauvignon Blanc geht, passte anders, aber nicht weniger gut.

Die Nachspeise bestand aus einer feinen Käse-Oliven Variation mit Feigensenf und Grissini, im Glas fix und fertig im Kühlschrank. Dazu reichte Jana uns eine Umstädter Herrnberg Gewürztraminer lieblich und einen Umstädter Stachelberg Weißer Burgunder Lieblich. Beides hervorragende Weine, beide passten sehr gut, hier entschied eher der persönliche Geschmack der Teilnehmenden über die Präferenz. Das Schöne an Menüs mit zwei Weinen pro Gang ist gerade, dass man experimentieren kann – wie schmeckt der Wein, wenn man ihn zunächst „einfach so“ probiert, wie verändert sich das Empfinden, wenn man zuvor von dem Essen genommen hat, wie verhält es sich, wenn man beides gleichzeitig in den Mund nimmt.

Jana schien von uns sehr angetan gewesen zu sein, sie lobte unsere Aufmerksamkeit, die interessierten Fragen und die Mithilfe. Wenn sie uns nicht gebremst hätte, hätten wir noch den Tisch am Ende abgeräumt, wie bei unseren eigenen Proben.

Auch hier verabschiedeten wir uns mit Applaus und Hochheimer Blumen und enterten zunächst die Vinothek.

Pünktlich traten wir die Rückfahrt an, nicht, ohne uns bei unserem Busfahrer für den guten Service mit einem Obolus und einer eigenen Flasche Schäfer-Wein zu bedanken.

Auf der Rückfahrt gab es noch Schlussworte von Schorsch, der froh war, wie toll alles geklappt hatte, und dass wir so viel Spaß und Genuss in Gigis Heimat hatten, es war, als wäre sie dabei gewesen (war sie auch für alle, die sie kannten). Außerdem erklärte er uns, warum er bei jedem Wein „nicht verwandt und nicht verschwägert“ betont hatte – das ist aus seiner Zeit als Richter. Wird ein Zeuge oder eine Zeugin befragt, so muss man sicherstellen, dass die Person nicht verwandt und nicht verschwägert mit dem Angeklagten sind.

Für Schorsch hatte Hendrik noch eine kleine Überraschung – einen RGG, natürlich auch von Schäfer, als Dank für Idee und Orga.

Die Nachprobe mit Fotoshow ist auch gesichert, fotografiert wurde rechts und links und überall und wir haben genug Wein eingekauft.

Pünktlich, genau zum avisierten Zeitpunkt, erreichten wir den Weinprobierstand, entluden Gepäck und Weinkisten und sortierten und. Die meisten fuhren nur schnell Auto, Gepäck und Wein heim und kamen mit dem Fahrrad zurück, so dass es noch einen gemütlichen Ausklang mit Weinen von Peter Flick gab.

Tour de France in Weiß

GenussSpechte genießen Wein und Käse im Weinbaumuseum (hwg)


Diese Probe war letztes Jahr im Juli zum Start der Tour de France geplant und musste verschoben werden. Das berühmte Radrennen ist zwar noch ein paar Monate in der Zukunft, die GenussSpechte tourten indes schon jetzt durch die französischen Anbaugebiete. Für die Weinauswahl zeichnete Arthur Fuchs verantwortlich, wie bei den anderen Masterclass-Verkostungen.

Zusätzlich zu den Weinen hatte der Vorstand der GenussSpechte eine Auswahl an französischen Käsespezialitäten besorgt. Nach einer kurzen Begrüßung der Anwesenden durch Hendrik Ruitenberg und der namentlichen Vorstellung der Käseauswahl startete die Verkostung mit einem ersten Flight von drei Weinen aus dem Elsass. Auf eine Blindverkostung, wie sonst bei den Masterclass-Veranstaltungen üblich, wurde diesmal verzichtet. Als Einstieg kamen ein trockener Muscat, ein Riesling Grand Cru (großes Gewächs) und ein halbtrockener Gewürztraminer in die drei bereitgestellten Gläser. Während Arthur Fuchs Wissenswertes über das Elsass, seine Rebsorten, Böden und Eigenheiten berichtete, probierten die Teilnehmenden, welche Weine zu welchen Käsesorten am besten passten. Besonders gelungen war natürlich die Kombination Gewürztraminer zu Munsterkäse, ein Klassiker.

Das nächste Flight führte an die Loire, bekannt für ihre vielen Schlösser – und ihre phantastischen Sauvignon Blanc. Diese kamen aus Verdigny, aus Sancerre und einer aus Pouilly-Sur-Loire. Dieser trug die Bezeichnung Pouilly-Fumé, was so viel bedeutet wie „geräuchert“ und auf die aromagebenden Feuersteine im Boden hinweist. Die Sauvignons aus diesem Anbaugebiet sind weit weniger grüntönig-grasig als man das vonÜberseeweinen gewöhnt ist und haben eine andere Tiefe und Komplexität.

Nach den ersten sechs Weinen durfte kommentiert und Favoriten benannt werden, bevor es weiter ging ins Burgund.
Im Burgund werden fast ausschließlich Chardonnay und Spätburgunder angebaut.
Dargebracht wurden ein Chablis aus Montallery und zwei Chardonnay aus Beaune, wobei einer davon die besondere Appelation Pouilly-Fuissé für seine Herkunft aus dem Mâconnais trug. Hier passten insbesondere die beiden Comté-Käse, der ältere und der jüngere.

Das letzte Flight war ganz den Süßweinen gewidmet – leider fehlte hierzu ein passender Schimmelkäse, der noch besser
gepasst hätte als die vorhandenen Sorten, aber leider an dem Tag im Laden nicht verfügbar.
Der Gewürztraminer Grand Cru aus dem Elsass ist durchaus schon in mancherlei Verkostung bei den Teilnehmenden vorgekommen – ein Hochgenuss dieses Exemplar.
Mit Wein Nr. 11 betraten alle Neuland. Es handelte sich um einen Jurançon Pavillon Royal Doux aus dem Südwesten
Frankreichs aus den Rebsorten Gros Manseng und Petit Manseng. Von der Aromatik erinnerte er etwas an eine gehobene Riesling Auslese, um eine Vergleichsbasis zu benennen.
Für den krönenden Abschluss machten die Teilnehmenden noch einen Abstecher nach Bordeaux, der vielleicht bekanntesten Weinstadt, für einen Sauternes aus dem Jahr 2020, goldgelb wie Honig im Glas.
Als Dankeschön überreichte Ruitenberg dem Probenleiter einen Wein vom Fuß des Mont Ventoux, in der Nähe der Hochheimer Partnerstadt Le Pontet.
Der Applaus war noch nicht ganz verklungen, da fragten die ersten Teilnehmenden, wann denn die Tour de France in Rot stattfinden könne …

Gute Laune, Genuss und ein gelungener Abend

GenussSpechte im Weingut Baison

Warum in die Ferne schweifen, wenn der Genuss zwei Straßen weiter zu finden ist? Das dachte sich der Vorstand der GenussSpechte und so führte die erste Weinprobe des neuen Jahres in die Delkenheimer Straße, zum Weingut Baison zu einer Weinprobe mit „Spundekäs‘ und Brezelchen“ (davon später mehr).

Schon im Vorraum hieß ein liebevoll handbeschriftetes Täfelchen die GenussSpechte zur Probe willkommen und der Sekt, ein Baison Brut mit 5 Jahre Hefelagerung, sorgte schnell für gute Stimmung.

Der Probenraum ist so groß nicht, es fand dennoch jeder und jede einen Platz und Heinrich Baison und Freundin Nadja moderierten zusammen die Probe.

Die angesagten Spundekäs-und-Brezelchen entpuppten sich als üppig belegter Vesperteller, mit Wurstwaren aus eigener Schlachtung, Gürkchen, Käsewürfel, hartgekochten Eiern, Tomätchen, den Spundekäs‘, natürlich, dazu Brot und Wasser satt und Nachschläge gab es von allem.

Die Probenfolge begann mit dem Literwein, dem Jean-Baptist trocken, der nach einem schauspielernden Ahnen benannt ist. Als Hamlet feierte der einst einen großen Erfolg.

Beliebt, besonders im Sommer, ist der Enrico aus Kerner. Der Sommer beginnt erst in einigen Monaten, der Wein, indes, schmeckt zu jeder Jahreszeit. Neuer im Programm ist der Weiße Burgunder vom Flörsheimer Herrnberg, dargeboten als Spätlese feinherb.

Etwas unglücklich in der Reihenfolge kam als nächstes der „H1“ Q.b.A. trocken, der in der Karte als „Naturwein furztrocken“ geführt wird. Schnell fassten die Teilnehmenden den Entschluss, diesen Wein auf dem Hoffest im April erneut zu probieren, in umgekehrter Reihenfolge.

Wie im Allgemeinen bei Weinproben üblich, stieg der Geräuschpegel von Wein zu Wein an. Der Vorstand hatte in weiser Voraussicht das Glöckchen mitgenommen. Heinrich und Nadja hatten großes Vergnügen daran, mit Schwung wieder für Ruhe zu sorgen – die GenussSpechte sind auf die Glocke fast so gut trainiert wie der berühmte Pawlowsche Hund und hörten nach jedem Geläut wieder andächtig zu.

Probiert wurden noch Hochheimer Hölle Kabinett trocken, die Handlese (die eine Goldene Preismünze hat und 22 Stunden mit Trockeneis auf der Kelter war), der Classic, die 2022er trockene Spätlese Alte Rebe aus dem Flörsheimer Herrnberg, der Spätburgunder Rosé und der 2020er Spätburgunder mit einem Jahr Fassreife.

Zwischendrin durfte, wer wollte, zu einer kurzen Kellerführung mitgehen. Es hieß, nehmt die Gläser mit. Das ließen sich die GenussSpechte nicht zwei Mal sagen und in der Schatzkammer durfte etwas ausgesucht werden. Per Zufall fiel die Wahl auf einen 1997er Riesling Kirchenstück Spätlese halbtrocken. Der Korken verschwand erst einmal in der Flasche, doch Hendrik Ruitenberg geht bekanntlich nie ohne Kellnermesser aus dem Haus und mit vereinten Kräften konnte der Wein befreit werden. Es lohnte sich! Fast 30 Jahre alt und ein Hochgenuss. Danach folgte noch ein Riesling aus 2010, schon mit Schraubverschluss, der noch eine herrliche Frische mitbrachte.

Im Fasskeller bewunderten die Teilnehmenden besonders das alte Holzfass, das Gesellenstück von Otto Baison, mit dem kunstvoll geschnitzten Zierboden. Genutzt wird es nicht mehr, aber es ist prächtig anzusehen.

Hinauf ging es über eine andere Treppe als hinunter und bedingt durch die Verwinkelungen kam man – Überraschung! -in einem anderen Gebäudeteil heraus. Diese alten Keller sind immer wieder spannend.

Wieder im Probenraum, hatte Hendrik Ruitenberg eine kleine Überraschung für alle dabei: einen 2005er Spätburgunder aus dem Reichestal, einen seiner berühmten Kellerfunde, der im Weingut schon lange ausverkauft ist. Der Wein zeigte wieder einmal, wie gut die Zutat Zeit zum Genuss beitragen kann.

Zum Schluss spendierten Heinrich und Nadja noch verschiedene Digestifs, unter anderem den berüchtigten Knoblauchschnaps von Heinz Baison, aber auch diverse Trester und Weinliköre.

Als Dankeschön überreichte Hendrik – nein, keine Hochheimer Blumen, sondern zwei Weine aus den Niederlanden, vom Weingut De Kleine Schorre in Zeeland den Auxerrois (soll besonders gut zu Spargel passen) und den Weißburgunder/Grauburgunder aus dem Barrique.

Die Teilnehmenden dankten mit Applaus für diese wunderbare Weinprobe und intern ist man schon am planen, wann man sich auf dem Hoffest treffen wird.
NACHTRAG: Das „Frühlingserwachen“ genannte Hoffest findet vom 11. bis 13. April statt. Mit dem Fest möchte die Familie Baison zwei besondere Ereignisse feiern: 300 Jahre Baison in Hochheim und die Betriebsübergabe von Heinz an Heinrich Baison.
Der Abend wurde mit dem Hochheimer Lied beendet. Heinrich Baison hatte die Originalfassung des Hochheimer Lied gesungen von Helmi Hofmann mit allen vier Strophen abgespielt und alle sangen voller Inbrunst mit. Danach machten sich alle beschwingt auf den Heimweg.

Genussreise in die Niederlande vom 29.8. bis 1.9.2024

Reisebericht von Susanne Ruitenberg

Eine Weinreise in die Niederlande?, so wurden wir ungläubig gefragt. Die Niederlande stehen eher für Käse, Bier und Süßigkeiten.
Aber es gab Wein in den Niederlanden, die Römer hatten ihn gebracht, bis zum 16. Jahrhundert. Dann kam der 80jährige Erbfolgekrieg und die kleine Eiszeit und die letzten verbliebenen Reben wurden nach dem zweiten Weltkrieg gerodet, um Kartoffeln anzubauen.

1970 begann die Weingeschichte der Neuzeit mit dem Weingut Apostelhoeve. Inzwischen gibt es ca. 200 Winzer, die ca. 300 Hektar bewirtschaften (etwas mehr als Hochheim). Viele davon sind Kleinstbetriebe im Nebenerwerb, aber es gibt auch größere, die sich langsam, aber sicher einen Namen gemacht haben. Auch gibt es inzwischen geschützte Herkunftsbezeichnungen, Beschermde Geografische Aanduiding (BGA) für die Landweine und Beschermde Oorsprongbenaming (BOB) (wie QBA).

Genau 10 Jahre nach der ersten Niederlande-Reise in einer anderen Konstellation plante Hendrik für uns einen viertägigen Ausflug in die unbekannte Weinwelt des kleinen Nachbarlandes.

1. Tag: Donnerstag, 28. August 2024

Überpünktlich fanden sich alle 17 Mitreisende am Weinprobierstand – wo sonst? – ein. Um 7 Uhr sollte die Fahrt losgehen. Außer Hendrik, Susanne und Wolfram (und die Wolters, die eine Minireise mit den Ruitenbergs gemacht hatten) waren die Teilnehmenden noch nicht viel mit Niederländischem Wein in Berührung gekommen – von den diversen Kostproben im Museum abgesehen.

Der Bus kam pünktlich zum Treffpunkt, ein wirklich kleiner 20er Bus (mit beunruhigend kleinem Gepäckraum). Heinz, unser Busfahrer, lud unsere Koffer und Hendriks diverse Kisten ein und los ging es.

Eines der Weingüter, das wir gerne besucht hätten, hatte eine Hochzeitsfeier. Aber auf den Wein wollten wir nicht verzichten und so erwarben wir ihn für die traditionelle „Weck Worscht und Woi“ Pause, die gegen 9 Uhr an einer Raststätte begangen wurde, mit Mainzer Fleischwurst, Hochemer Brötchen und 3 Weinen von Betuws Wijndomein: Aus der Weißweinlinie LingeWit das Cuvée, den Johanniter und den Sauvi. Lecker, wenn sie auch etwas kühler hätten sein können.

Gestärkt ging die Reise weiter und weil Hendrik mit ausreichend Sicherheitspuffern für Staus geplant hatte, diese aber (zum Glück) ausblieben, kamen wir viel zu früh bei unserem ersten Ziel an:

Das Weingut St. Martinus in Vijlen.

Spontan und flexibel, wie die Niederländer sind, ließen sie uns sofort herein und zur Tat schreiten. Der Mitarbeiter, der uns herumführen sollte, stellte sich als Michel vor und los ging es mit einer kurzen Einführung in die Geschichte des Weinguts.
Das Weingut, das nach der höchstgelegenen Kirche der Niederlande benannt ist, wurde in den 1980ern von Hans Beurskens gegründet. Sohn Stan, Ende 40 inzwischen, hat in Geisenheim und Stellenbosch seine Ausbildung absolviert und ist 10 Jahre in der Weinwelt unterwegs gewesen: Australien, Neuseeland, Argentinien, Chile …

Inzwischen ist es mit 32 ha das größte der Niederlande. Angebaut werden mehrheitlich PiWis und es sind, zusammen mit dem Versuchsanbau, ca. 170 Rebsorten. Verschiedene Weingüter der Umgebung wurden erst jahrelang begleitet und bei Betriebsaufgabe der Eigentümer übernommen. Stan ist viel als Berater für andere Weingüter unterwegs, 70 in den Niederlanden, über 100 weltweit.
Das Gebäude war bei unserer ersten Reise 2014 niegelnagelneu und für 10 ha ausgelegt. Inzwischen ist es längst zu klein, muss erweitert werden und ist viel bunter, als wir es in Erinnerung hatten. Weiße Wände sind auch unpraktisch auf die Dauer, vor allem, wenn man mit Rotwein hantiert.

Man legt Wert auf Nachhaltigkeit. Das neue Gebäude soll 80% autark sein, mit Energiegewinnung, ausschließlich LED-Beleuchtung und Wasser-Recycling.

Durch Frostschäden werden in diesem Jahr ca. 100.000 Flaschen fehlen und die Lese wird später, wohl im Oktober, erwartet. Gelesen wird von Hand, die Lesehelfer sind zwischen 17 und 83 Jahre alt und kommen aus 11 Ländern. Für Notfälle und schnelles Eingreifen gibt es eine Lesemaschine.

Produziert werden in der Regel um die 150.000 Flaschen im Jahr, Verkauf hauptsächlich ab Hof, auch einige Restaurants sind Abnehmer.

Es werden Charity-Projekte in Afrika sowie Krebshilfe-Projekte unterstützt.

Bei der Führung bekamen wir die Keller zu sehen:

1. Untergeschoss: Traubenverarbeitung, also Presse und Sortiertisch, momentan wird hier alles für die Lese vorbereitet.

2. Untergeschoss: Stahltanks, Tonneaux und Barriques aus der Bourgogne, nach der zweiten Belegung gehen sie an andere Weingüter oder in die Whiskyherstellung. Auch Craft Beer Brauereien nutzen sie gerne. Oder kreative Möbelhersteller.
Die Weine werden getrennt ausgebaut und die Cuvées danach assembliert, wie in Frankreich.

3. Untergeschoss: Hier ist das Labor von Philipp, der uns an einem Zitronenmelissenextrakt schnuppern ließ. Er erforscht Planzenextrakte, die bei der Weinherstellung nützlich sein könnten. Das Melissenextrakt soll die Sulfite im Wein ersetzen und die Oxidation verhindern. Auch im Kartoffelanbau kann man es einsetzen.

Anschließend ging es zur Weinprobe mit „Borrelhapjes“, das sind Kleinigkeiten, die man zu Bier oder Wein genießen kann. Bei St. Martinus legt man Wert darauf, dass alles aus lokaler Produktion kommt. Einige Produkte waren mit Martinusweinen affiniert.

Die meisten Weine werden als Cuvées angeboten, oft auch aus verschiedenen Jahrgängen.
Neuestes Experiment ist es, Sekte in der Oosterschelde zu versenken. Dort sind die Gezeiten nicht so ausgeprägt wie in der offenen See, aber die Temperatur gleichmäßig.

Die Farbe der Etiketten zeigen die Qualitätsstufe an: Es gibt die „Dorpswijne“ für den Einstieg, die nach Familienmitgliedern benannten Weine und die Top-Edition mit längerer Lagerung (5 Jahre) tragen schwarze Etiketten.

Die Probenfolge:
1. 2021 Johanniter Funkelwien, traditionelle Flaschengärung
2. 3 Deugden, ein Cuvée aus Grauburgunder, Souvignier Gris, und Chardonnay, Barriqueausbau.
3. Berddorpje Rosé aus Cabernet Cortis, Regent und Dornfelder
4. Rotwein 7 Zonden (Sünden), Cabernet Cortis und Cabernet Cantor, ausgebaut in französischem Holz

Nach dem üblichen Abschiedszeremoniell – Hendrik überreicht die Hochheimer Blumen, Riesling vom Weingut im Weinegg und Susanne rennt den Protagonisten mit dem Gästebuchblatt hinterher – ging es weiter nach Maastricht zum

Weingut Apoestelhoeve

Durch den Frühstart bei Martinus waren wir auch hier zu früh und hatten Zeit, ausgiebig zu fotografieren, bevor wir uns auf der herrlichen Terrasse niederließen. Julka Hulst war noch mit Gästen beschäftigt, aber Hendrik, fürsorglich wie er ist, organisierte uns einen herrlichen, kühlen Müller-Thurgau und so wartete es sich gut.

Bald gesellte sich Mathieu Hulst zu uns und die Vorstellung des Weinguts konnte beginnen.
1970 startete sein Vater mit dem Anbau der ersten Weinstöcke, die erste Ernte 1973 brachte 1400 Flaschen. Die Parzellen liegen auf dem Louwberg, auf dem vorher Äpfel und Birnen im Anbau waren. Der Boden ist Kiesel und Mergel mit einer Lösslage, also ideal für Weinbau. Eine Historikerin hat herausgefunden, dass zu Römerzeiten hier Wein angebaut wurde, um Maastricht herum waren es ca. 1.200 ha. Wein war das Volksgetränk Nr 1 viele Jahrhunderte lang, bis mit Napoleon die Alkoholsteuer kam.
Die Belgier waren es, die die Haltbarkeit des Biers verbessern lernten, und so löste Bier schließlich den Wein ab.

Angebaut werden die traditionellen Rebsorten Müller-Thurgau, Auxerrois, Riesling, Weißburgunder und Grauburgunder und ganz neu, etwas Viognier. Die Produktion liegt bei 160-180.000 Flaschen, ca. 55-80 hl/ha. Mit alkoholfreien Weinen hat man sich noch nicht beschäftigt, es gab noch keinen, der geschmeckt hätte. Er sagt, er lasse gerne den großen Kellereien den Vortritt, sie sollen erst einmal die Prozesse entwickeln, bevor er darüber nachdenkt.
Im letzten Jahr gab es eine solche Überproduktion europaweit, in hervorragender Qualität, dass jeder Winzer, jede Winzerin Tanks nachkaufen musste. Dementsprechend wurden diese immer knapper und teurer. In diesem Jahr wird die Ernte erheblich geringer ausfallen.

Durch den Klimawandel geschehen die Ernten immer früher. Vor ein paar Jahren hat Mathieu einen Vollernter erworben, der es leichter macht, auf Wetterkapriolen schnell zu reagieren und größere Mengen auf einmal hereinzuholen oder auch in kühlen Nächten zu lesen. Extremwetter kommt immer häufiger. Die Frostschäden in diesem Jahr liegen bei 15-20%.
Bei Apostelhoeve liegen meist 8-10 Tage zwischen den einzelnen Rebsorten bei der Lese. Außer 2018, da wurde alles gleichzeitig reif. Das war vor dem Vollernter und trug mit zur Entscheidung bei, ihn zu erwerben.

Nach der Gärung in gekühlten Stahltanks und einer Sedimentierung wird der Most abgezogen, die Neige mit den Trübstoffen geht noch einmal durch einen Hefefilter und bringt einen besonders extraktreichen Most hervor.
Ende Dezember kühlt man die Moste auf 2°C, um die Säure auszufällen, die vielen Weinanfänger hier verstehen die Kristalle im Glas nicht und halten sie für einen Fehler.
Dann erfolgen die Schritte: Analyse, Assemblage, Filtrierung, noch eine Analyse. Gefüllt wird mit einem Lohnfüller von der Mosel.
Ein Teil des Grauburgunders darf drei Jahre in Barriquefässer, teils auch schon für die Gärung, Erst- und Zweitbelegung, wöchentliche Batonnage; vor der Füllung wird er mit GB aus dem Stahltank abgerundet.
Der „Neue“ in der Familie, der Viognier, gärt zu 50% im Stahl und 50% im Barrique; inkl. Malolaktischer Gärung.

Die Probe umfasste (Anmerkung zu allen Proben: Die Verkostungsnotizen sind von Susanne und daher subjektiv :-)) ):

1. Müller Thurgau von 2023 (dies war unser „Wartewein“) – schöne Frische und florale Noten

2. Auxerrois, Noten von reifer Birne (sehr gelungen, könnte aus Frankreich oder Luxemburg stammen), passt gut zu Spargel, meinte Mathieu.
Wilfried rief sogleich: „Wo bleibt der Spargel?“ – großes Gelächter. Das Thema Spargel sollte uns noch häufiger beschäftigen (davon später mehr)

3. Cuvée XII, (40% Mü-Thu, 30% Aux., 30% GB) benannt nach den 12. Aposteln. Dieser trägt als einziger ein orangefarbenes Etikett mit hohem Wiedererkennungswert, während die sortenreinen einheitlich in Silber mit (schwer lesbarer) Bezeichnung der Rebsorte ausgestattet sind.
Dieser Wein ist der Renner in der Gastronomie und passt zu vielen Gerichten (ja, auch Spargel)

4. Grauburgunder
Sehr trocken, nur 4,5 g RZ. Auch sehr beliebt in der Gastronomie. Mathieu hat den GB früher etwas üppiger und halbtrockener ausgebaut. Seine Söhne wollten ihn trockener haben. Wir mussten an dieser Stelle den Söhnen beipflichten (besonders, wenn man die vorigen Jahrgänge kennt), das ist ein absoluter Top-Wein!

Nach Abschiedszeremoniell und Weinkauf, auch für die Rückschauprobe im kommenden Jahr (der Busfahrer begann an dieser Stelle bereits, etwas nervös zu werden angesichts der Kartons) ging die Fahrt weiter, aber nicht wirklich weit. Am Fuß des Louwberg, mit Blick zum Apostelhoeve, fanden die GenussSpechte sich für den folgenden Programmpunkt ein, dem

Weingut Hoeve Nekum

Der Hof besteht seit 1350. Das Gebäude, das wir betraten, ist von 1600. Der Name lautete ursprünglich Hoeff van Nyedekom. Seit 1934 ist die Familie Bollen Eigentümer. Ursprünglich gab es Milchvieh und Ackerbau, in 1988 begann man ganz klein mit Weinanbau. Die erste Ernte lieferte 1992 7000 Flaschen Wein. Momentan sind es 7 ha. plus etwas Ackerbau Seit 2009 gibt es nur noch Weinbau.
Angebaut werden Rivaner, Auxerrois, Riesling, Spätburgunder, Frühburgunder, Weißburgunder, Solaris, Voltis. Dieser ist seit 2018 zugelassen, seit 2022 auch in der Champagne. Es ist eine Sorte, die eher spät reift und nicht viel Zucker bringt, ideal also für Sektgrundwein.
Die Böden sind Löss, Kieselsteine, Mergel.
Auch hier erntet man immer früher, ab 2017 durchgehend nur noch vollreife Trauben.
Bei Pinot Noir hat man eher lockerbeerige Clone ausgewählt, die weniger fäulnisanfällig sind.
Solaris wird, wenn geeignet, als süße Spätlese ausgebaut, geht ansonsten ins Cuvée.
Auch hier ist ein eigener Vollernter im Einsatz. Aufgrund der Tatsache, dass Herr Bollen alles alleine macht, sind die Reben im Minimalschnitt gehalten.
Nach der Pressung auf der pneumatischen Presse gärt der Most ca. 3 Wochen bei 15-20°C, im Dezember ist der erste Abstich, dann hat er eine minimale Resthefe, im Februar wird filtriert, im März/April gefüllt.
Rotweine machen längere Maischegärung im Edelstahl mit regelmäßiger Batonnage. Anschließend werden Holzchipps (aus getoasteter französischer Eiche) für die Holznoten eingesetzt. Er meint, es sei nachhaltiger als immer wieder neue Fässer zu bauen, die dann nur 1 bis 2 Mal benutzt werden können.

Die Probe fand in einem ehemaligen Scheunengebäude mit beeindruckende alten Holzbalken in der Deckenkonstruktion statt.

Wir probierten:

1. Auxerrois
2. Riesling
3. Spätburgunder Rosé – leicht moussierend, etwas Kirsche und Himbeere, ca. eine halbe Stunde Maischestandzeit, ansprechendes Pink.
Rosé war mal völlig out, niemand wollte ihn haben, momentan ist es ein regelrechter Boom.
4. Pinot Noir von 2020
Ein hervorragender Wein mit Anklängen von Schattenmorelle, die Tannine schön eingebunden
5. Solaris Late Harvest, ein wuchtiger Wein mit nussigen Anklängen und Duft und Geschmack von reifen, gelben Früchten, erinnert im Abgang an japanischen Pflaumenwein.
Passt zu Schimmelkäse, Foie Gras und Ähnlichem. 40 g RZ bei 16 % (!!)

Anschließend gab es den Abschied mit Hochheimer Blumen und es wurde etwas Wein käuflich erworben.

Nach diesem ereignisreichen Tag ging es in unser erstes Nachtquartier, das NH Hotel Maastricht, etwas außerhalb der Innenstadt. Da wir alle zu müde waren, um zum Vrijthof zu fahren, blieben wir im hoteleigenen Restaurant bei diversen Tapas, Miesmuscheln, sowie einer interessanten Auswahl an Gerstenkaltschalen (IPA vom Fass!! Lagunitas!!) hängen.

2. Tag: Freitag, 30. August 2024

Am nächsten Morgen erwartete uns ein herrliches Frühstücksbuffet. Diejenigen, die extra früh aufgestanden waren – sehr disziplinierte Gruppe übrigens, auf der ganzen Fahrt – hatten am meisten davon, denn es ging schon um 8:00 Uhr los in Richtung Groesbeek, Gelderland, zum

Weingut De Colonjes

Adam Dijkstra hatte leider an diesem Tag keine Zeit für uns, aber wenigstens konnten wir ihn kurz begrüßen (und ihm eine Hochheimer Blume in die Hand drücken), bevor wir das Weinbauzentrum enterten. Hendrik hatte mit Amanda, Adams Frau, im Vorfeld besprochen, dass wir am Anfang mit Kaffee und dem typischen „Appelgebak“ – einem herrlichen Apfelkuchen – empfangen wurden. Dank der hervorragend organisierten Mitarbeiterinnen hatte bald jede und jeder von uns das gewünschte koffeinhaltige Getränk und Kuchen mit oder ohne Sahne zur Stärkung vor sich stehen und wir genossen eine gemütliche Kaffeepause bei Ausblick auf die Weinfelder.

Danach nahm uns Rob Jansen, Leiter der Vinothek in Empfang, und erzählte uns Wissenswertes über das Weingut:

2001 kamen zwei Brüder, Cees und Freek Verhoeven, frisch in Rente, auf die Idee: „Wir trinken doch so gerne Rotwein. Lass uns welchen anbauen.“ Gesagt – getan, sie begannen mit Regent, der bereits im dritten Jahr einen Preis gewann.
Da den beiden Brüdern klar war, dass sie nicht jünger werden würden, holten sie nach einigen Jahren den eingangs erwähnten Adam mit ins Boot. Der hatte in Deutschland Weinbau studiert und eigentlich die Absicht, nach Südafrika zu gehen. (Amanda ist sicher den Verhoeven-Brüdern dankbar, dass er das nicht getan hat …)

Inzwischen ist Colonjes 16 ha groß, das größte Bio-Weingut in den Niederlanden. 13 ha sind PiWis, 3 sind traditionelle Rebsorten (neu gepflanzt in 2023) Von Anfang an war das Weingut darauf ausgelegt, Menschen mit Einschränkungen, die teils auch Assistenten nötig haben ,eine Arbeitsmöglichkeit zu geben. So sind es ca. 90 Mitarbeitende, 15 Festangestellte.
Durch den Umzug in das Weinbauzentrum verfügt man nun über Labor, Schulungsräume, Vinothek und inzwischen schon wieder zu wenig Platz im Keller.

Freek Verhoeven ist im Oktober 2018 leider verstorben. Wer ihn, die Seele des Betriebs, gekannt hat, wie er immer mit Baskenkäppi unterwegs war und, begeistert von seinem Weingut, Leute mitreißen konnte, dem ist sofort am Eingang des Weinbauzentrums das kleine gehäkelte Ebenbild aufgefallen.

Bei einer Kellerführung erfuhren wir, dass es 2001 drei kleine Tanks à 300 l gab. Jetzt ist alles vorhanden, was man zum Arbeiten braucht, inklusive einer eigenen Etikettiermaschine. Die anderen, kleinen Groesbeeker Betriebe können hier auch ihre Analysen durchführen oder Weine in Barriques reifen lassen, auch Obstsäfte werden verarbeitet.
In den Schulungsräumen gibt es Weiterbildungen für Gastronomen, Sommeliers, Winzerinnen und Winzer.

Die Weinprobe (mit Borrelhapjes, klar) umfasste:

1. Collonjes Knapse Witte, sehr trocken, Aromatik von Naturwein, 15% Riesel und 85% Helios

2. Cuvée Wit: Helios, Sauvignac, Souvignier Gris, Muscaris – sehr ausgewogenes Aroma

3. Cabernet Colonjes und Regent, Rosé
Der Wein fällt durch sein fast schon extremes Pink auf. Im letzten Jahr waren alle Weine sehr farbenfroh, erzählte uns der Mitarbeiter.

Cabernet Colonjes ist tatsächlich nach dem Weingut benannt, weil Adam als erster diese Neuzüchtung – aus Neustadt natürlich – erworben hatte. Jeder, der diese Rebsorte nun auch in den Bestand nimmt, muss sie so nennen. (Wenn man googelt, findet man welche, auch die Abstammung aus Cabernet Sauvignon und Regent)

4. Rotwein „Zonneklaar“ vom Weingut van Ditshuizen, das Weingut von Amandas Eltern
Cabertin, Cabernet Cortis, Gabernet Cantor, etwas gekühlt, sehr guter Sommerrotwein

Wir wissen, was jetzt folgte: Blumen- und Weinkaufzeremonie, bevor wir uns wieder zum Bus begaben und weiterfuhren, ganz hoch in den Norden, in die Provinz Overijssel, nach Bentelo, zum

Weingut Hof Van Twente

Wir wollten da schon immer einmal hin und hatten es nie geschafft. Unsere Mitstreiter im Weinbaumuseum, Tom und Melanie, hatten uns eine Weinprobe ausgerichtet mit Weinen aus Schleswig-Holstein und einer davon wurde in Bentelo ausgebaut, der Weg hierher ist kürzer als in deutsche Weinbaugebiete. Im letzten Jahr hatten wir einen Abstecher dorthin gemacht, waren zufällig beim jährlichen Hoffest dort gelandet und waren begeistert, deshalb konnten wir Euch das auf keinen Fall vorenthalten.

Die Chefin, Iris Visser, empfing uns mit einem Sekt auf der wunderschön angelegten Terrasse. Eigentlich sollte ihr Sohn Mart die Führung durchführen, weil er nach Studium in Oppenheim perfekt Deutsch kann, aber der war verhindert, weil unverhofft im Achterhoek die ersten Trauben gelesen wurden.

Das Weingut, das nördlichste in den Niederlanden, wurde im Jahr 2000 von Inge und Roelof Visser gegründet (am gleichen Tag übrigens, als eine gewisse Ehe in Deutschland geschlossen wurde, ohne die es auch die GenussSpechte nicht gäbe). Es waren anfangs ausschließlich PiWis.

Insgesamt bewirtschaftet man nun 8,5 ha.

Um das Gebäude herum stehen Souvignier Gris, Pinot Noir, Solaris und Regent. Weitere Rebsorten sind Johanniter, Pinotin (der wird demnächst entfernt, zu anfällig für die Kirschessigfliege), Satin Noir (ganz neue Rebsorte, natürlich auch aus Neustadt).

Nach dem Sekt führte uns Inge in die Weinberge. Hier sind ein Bewässerungssystem und ein Berieselungssystem installiert. Letzteres kann den Wein bei Frost in Wassernebel hüllen, so dass eine dünne Eisschicht um die Triebe diese schützt. In diesem Jahr musste man damit, mit Feuertöpfen und dem Blower aus Neuseeland, der damals beim Weinfest aufgebaut war zur Anschauung, die Reben schützen.
In der Blütezeit war es zu nass, so dass es sehr wenig Trauben geben wird. Trauben sind Windbefruchter und wenn es gießt wie aus Kübeln, bleiben viele Trauben unbefruchtet.

Beim Pinot Noir hat man auf lockerbeerige Clons gesetzt. Diese Rebsorte wird mit Kalk oder Lehm eingesprüht, damit die Kirschessigfliege denkt, es sei Weißwein und ihn verschont. Der Solaris ist fast reif und wird demnächst gelesen. Der Regent ist früher dran als üblich. Auch hier werden die Wetterverhältnisse immer chaotischer und stellen vor enorme Herausforderungen. Die Lesereihenfolge wird sein: Solaris, Regent, Souvignier Gris und Pinot Noir. Die Erntehelfer sind alle ehrenamtlich tätig, alles wird von Hand gelesen, gemütlich, mit der in den Niederlanden üblichen Anzahl von Kaffeepausen. Niederländer, normale zumindest, funktionieren nur, wenn man sie ca. alle 2 Stunden mit Kaffee befüllt. Es gibt eine Warteliste von 230 Personen! Sie müssen guten Kaffee und gutes Essen servieren hier.

Wie man sehen kann, wird groß gebaut. Eigentlich wollte man nicht wachsen, aber da der Sohn mit einsteigt, wird jetzt vergrößert. Daher gibt es auch kein Weinfest in diesem Jahr. Es ist schwierig, gleichzeitig zu bauen, die Anlagen umzuziehen und zu lesen und genau diese Konstellation hat man derzeit.
Da der Markt nach niederländischem Sekt fragt inzwischen, stellt man auch diesen jetzt her.

Während unserer Tour lief die pneumatische Presse – wir wurden also Zeugen der Erstpressung des neuen Jahrgangs 2024 in den Niederlanden!

Es werden ausschließlich Reinzuchthefen verwendet. Die momentane Kapazität liegt bei 200.000 l. In diesem Jahr werden es nicht mehr als 150.000 werden.
Bei den „Externen“, den Weinen, die man u.a. für die deutschen Winzer, herstellt, werden im Vorfeld die gewünschten Weinstile besprochen und dann entsprechend ausgebaut.
Die Barriques, auch die von den diversen Kleinwinzern, werden bald in den neuen Keller umziehen.

Die ersten Jahrgänge des noch unbekannten Weinguts wurden mit von Künstlern gestalteten Etiketten bestückt. Nach ein paar Jahren entschloss man sich, davon abzusehen, der Wein sollte fortan im Vordergrund stehen.

Zum Schluss der Kellerführung kamen wir auch an der Schatzkammer mit älteren Weinen sowie des (gut sortierten) Privatkellers vorbei.

Die verkosteten Weine waren:

Beim Empfang: 1. Sueterie Parel
Souvignier Gris (und etwas Muscaris)
Dieser Secco hat gerade bei der AWC Vienna Silber geholt! Ein wunderbar fruchtiger sommerlicher Secco der nach mehr schmeckt.

2. Sueterie Wit
Halbtrocken, Solaris, Souvignier Gris und Johanniter

3. Solaris
Teils im Stahl ausgebaut, teils im Barrique (Erstbelegung, auch Gärung im Barrique).
Vollmundig und fruchtig

4. Sueterie Rosé trocken
Pinotin und Cabernet Cortis.

5. Sueterie Rood
Pinotin, Regent und Ronde, ausschließlich im Edelstahl ausgebaut.
Intensives Aroma roter Früchte

6. Regent Barrique 2020
24 Monate im Barrique (Erstbelegung). Vanille, Röstnoten, intensive rebsortentypische Note.

Wir hinterließen einen Riesling für den privaten Weinkeller und trugen auch hier einige Flaschen fort.

Weiter ging es für das zweite Hotel unseres Aufenthaltes wieder gen Süden, nach Arnheim, ins Hotel Holiday Inn Express, bei dem es leider keinen Parkplatz für den Bus gab, aber Hendrik (it’s not a trick, it’s Hendrik) fand eine Lösung und eine Abstellmöglichkeit mit Bushaltestelle und begleitete unseren Fahrer.

Zum freien Abendessen landeten einige Teilnehmende am Rheinufer an einer Food Hall, bei der sich der Bestellvorgang als kompliziert erwies, aber das Essen war sehr lecker. Andere nutzten die Zeit für einen Bummel durch die Stadt.

3. Tag: Samstag, 31. August 2024

Nach einem Frühstücksbuffet, für das wir zwar mehr Zeit hatten, das aber nicht ganz so üppig daherkam wie das im ersten Hotel, starteten wir und fuhren das kurze Stück zum Nationalpark de Hoge Veluwe in Otterlo.
Unser Ziel war jedoch nicht der Park, heute stand der kulturelle Programmpunkt unserer Reise an: Der Besuch des

Kröller-Müller Museums.

Helene Müller, geboren 1869 im Ruhrgebiet als Tochter eines Industriellen, zog nach ihrer Heirat mit Anton Kröller, Teilhaber ihres Vaters und Sohn des Rotterdamer Büroleiters, in die Niederlande. Als leidenschaftlicher Jäger kaufte Kröller ab 1909 in Etappen ein Jagdgebiet, de Hoge Veluwe.

Der Park umfasst heute 5400 Hektar mit verschiedenen Landschaftstypen. Es gibt Wälder, Seen, Moore und Dünenlandschaften und Heide in allen Farbschattierungen.

Viele Tiere leben im Park, u.a. Rotwild, Rehe, Mufflons, Wildschweine und natürlich Kleintiere und Insekten. Man kann den Park mittels 1800 weißer kostenlos entleihbarer Fahrräder erkunden, das hatten wir heute aber nicht vor.

Helene hatte durch den Besuch der „Lehrstunden über Kunstgeschichte“ von Henricus Petrus Bremmer, einem Maler, Kunstpädagogen und Kunsthistoriker, ihre Leidenschaft für Kunst entdeckt. Mit dem Ankauf von 3 Bildern von Vincent van Gogh begann sie im Jahr 1909 ihre Kunstsammlung, die insgesamt aus über 4000 Zeichnungen, 275 Bildhauerarbeiten sowie mehreren Hunderten Gemälden besteht, fast 300 davon von Vincent. Des Weiteren enthält die Sammlung Werke anderer Impressionisten, Neo-Impressionisten, Realisten und auch viele Vertreter der abstrakten Kunst, u.a. zum Beispiel Piet Mondriaan, der eine gewisse Bedeutung im Hause Ruitenberg hat (gleiche Geburtsstadt wie viele Generationen von Ruitenbergs, nämlich Amersfoort – kleiner Besichtigungstipp: Das Geburtshaus von Mondriaan).

Erste Pläne für ein Museum hatte der Architekt Peter Behrens entworfen. Dies gefiel den Auftraggebern jedoch nicht, und auch weitere Entwürfe anderer Architekten wurden abgelehnt, bis die Wahl auf Hendry van de Velde fiel. 1921 wurde mit dem Bau begonnen. Durch die Rezession ging den Auftraggebern jedoch das Geld aus und das Gebäude ist nie wie geplant fertiggebaut worden. Lediglich das Jagdhaus Sint Hubertus wurde zwischen 1914 und 1920 erbaut.

1935 wurden der Park und das Jagdhaus in eine Stiftung überführt. Der Niederländische Staat erhielt die Kunstsammlung unter der Bedingung, dass innerhalb von 5 Jahren ein Museum erstellt werden müsse. 1937 bis 1938 entstand ein „Übergangsmuseum“, ein schlichtes Bauwerk, das in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts durch den Architekt Wilm G. Quist vollendet wurde.

Hendrik hatte für uns eine ca. einstündige Führung gebucht, die das Museum nur kurz für uns anreißen konnte. Danach hatten wir Zeit, selbst auf Entdeckungsreise zu gehen. Es ist klar: wenn man alles ergiebig kennenlernen möchte, auch den immens großen Skulpturengarten im Park, muss man wiederkommen.

Bei der Führung, die uns die wichtigsten und interessantesten Kunstwerke nahebrachte, erfuhren wir einiges Wissenswertes.

So hatte Helene z.B. verfügt, dass alle Bilder von Van Gogh einheitlich gerahmt werden sollten. Die Rahmen sind alle nach gleicher Machart gefertigt, das Holz wird nach den Farben und Helligkeit oder Dunkelheit der Bilder ausgewählt. Werden Bilder für andere Ausstellungen verliehen, so bekommt man sie dann meist in anderer Rahmung zurück.

Auch hier überreichte Hendrik die Hochheimer Blumen und der Aufschrei des Entzückens und die offensichtliche Freude und Überraschung unserer Museumsführerin hat uns alle sehr berührt. Auch, wenn für uns alle offensichtlich war, dass sie noch einige Monate gar keinen Wein trinken darf …

Bei der freien Entdeckungstour sorgte Matthias selbst für ein Kunstwerk: Als er einen der Räume betrat, wunderte er sich, warum zwei Jungs anfingen, zu lachen – bis er sein Poloshirt genauer betrachtete und zudem das Bild, vor dem er gerade stand. Mondriaan wird gerne als Inspiration genutzt.

Einige ließen sich noch im Museumscafé nieder, auch der Museumsshop durfte sich über Umsatz freuen.

Danach sollte es zur einzigen Weinprobe des Tages gehen, zum

Weingut Keulenhof in Elst.

Wir erinnern uns, wir waren bei der ganzen Tour bislang immer zu früh gewesen – diesmal nicht, im Gegenteil! Da wir selbst dieses Weingut noch nicht kannten, fiel es Hendrik auch erst auf, als wir in eine Einfahrt hineinfuhren, die uns bekannt vorkam und die Winzerin, völlig verblüfft, fragte: „Was machst du denn hier?“
Des Rätsels Lösung: Wir waren nicht im Keulenhof, sondern in Betuws Wijndomein! Das Weingut, das uns aufgrund einer Hochzeit nicht empfangen konnte, weshalb es uns den Keulenhof überhaupt empfohlen hatte, dessen Weine wir daher bei der Weck-Worscht-und-Woi Pause genossen hatten … Der Fehler war schnell gefunden: Unser Busfahrer hatte nie von seinem Chef den endgültigen Reiseplan bekommen für die Navigation – sondern den ursprünglichen, für die Preiskalkulation erstellten von Hendrik, bei dem Betuws noch dabei war.

Ärgerlich, denn wir kamen dadurch viel später als geplant in Elst an. Wodurch uns die Wanderung um die Weinparzellen erspart blieb und ehrlich gesagt, wir wissen alle, wie Reben aussehen; manche Gelenke begrüßten es, nicht weiter strapaziert zu werden nach der Lauferei im Museum.
Eine Kellerführung gab es auch nicht, diese kleine Weingut hat keinen.
Es ist ein so genannter Kleinst- oder Nebenerwerbsbetrieb. Winzer Arjan Stam erfreut sich seines Rentnerdaseins und kann seine ganze Zeit und Leidenschaft in den Wein stecken, wobei er schon vor Arbeitsende damit begonnen hat. Die Verarbeitung erfolgt dann bei Betuws, die Assemblage der getrennt ausgebauten Sorten verantwortet Arjan selbst.

Wir ließen uns also sofort an dem liebevoll gedeckten Tisch im Garten nieder, mit Blick auf Bilderbuchreben (besonders der rote stand wie eine Eins). Die Weine standen zum Anschauen in der Reihenfolge auf dem Tisch, ausgeschenkt wurden sie aus der parat stehenden Kühlbox.
Höfliches Interesse schlug nach der freundlichen Begrüßung und erst recht nach dem ersten Schluck der Probe um in absolute Begeisterung.

Gleich am Anfang wurden Teller mit (sehr kleinen) Häppchen verteilt. Wer jetzt nicht sofort darüber herfiel, war ganz klar im Vorteil, denn Arjan hatte zu jedem Wein ein passendes Häppchen kreiert.

Das Weingut besteht seit 2018. Die Familie hat diesen Hof in der 4. Generation. Er heißt deshalb Keulenhof, also nach der Stadt Köln benannt, weil Arjans Urgroßvater aufgrund damaliger Verbindungen den Zehnten in Deutschland zahlte.

Die Rebfläche ist nur einen Hektar groß, hat 4200 Reben, die ca. 4-5.000 Flaschen ergeben. Der Boden ist ca. 50 cm Flusston auf Löss.
Sein Ziel ist, sortentypische Weine zu machen, eine Rebsorte soll dominieren, er möchte Weine anbieten, die ein ganzes Menu begleiten können. Qualität entsteht nicht durch Zufall, sondern durch harte Arbeit, ist seine Meinung, und in seinem Weinberg sieht man, wie sauber und präzise er arbeitet. Das merkt man den Weinen auch an – ein kleines Weingut mit sehr hohem Qualitätsanspruch. Wir waren durch die Bank begeistert.
Mit dem Etikett wollte er auffallen und ein Erkennungsmerkmal haben, daher die auffallend orange Farbe und die Form wie eine Backsteinmauer. Die abgebildeten Symbole sind das Herz für Wein mit Liebe und Leidenschaft gemacht, die eckige Form des Herzens ergibt sich aus dem Zuschnitt seines Weinfeldes, wie man aus einer Drohnenaufnahme gut erkennen konnte, weiter Symbole sind der Korkenzieher, die Form dem Wappen des Hauses nachempfunden, sowie der Schmetterling für den Respekt der Natur.

Die Probe umfasste:

1. Parel van Elst, ein Secco aus Muscaris und Cabernet Cortis. Fruchtig, spritzig, sommerlich, durch den Muscaris duftig und blumig. Hierfür war die Olive auf Rundkeks gedacht.

2. Parel van Elst wit, Vilaris von Betuws und Muscaris vom Keulenhof, fruchtig, feinherb, und an dieser Stelle wurde es lustig.
Arjan erzählte, der Wein passe zu Fisch und Meeresfrüchten und zu Gevögelten … durch unseren ebenso krampfhaften wie erfolglosen Versuch, unser Lachen zu unterdrücken, hielt er inne, guckte verdutzt, grübelte, was er gesagt haben könnte – bis Hendrik ihn (aus Diskretionsgründen auf Niederländisch) über diesen sprachlichen Faux-Pas aufklärte. Geflügel heißt auf Niederländisch in der Tat „Gevogelte“, jedoch kann man nicht, wie er angenommen hatte, durch Ersatz des „o“ durch ein „ö“ das Wort eindeutschen.

3. Mussenberg (benannt nach dem Schloss, das hier einst stand und dessen Steine für den Bau der zweiten Scheune verwendet wurden)
Rebsorte Sauvignac (gekreuzt aus Sauvignon blc und Riesling), die Sorte ist seit 4 Jahren im Anbau, mit 2 g RZ ist das der trockenste Wein in seinem Sortiment.
Das interessante bei diesem Wein ist: Bei heißerem Sommer geht der Geschmack mehr Richtung Sauvignon Blanc, bei kühlerem Sommer mehr Richtung Riesling.

4. Mussec – der Name ist eine Anspielung auf den Elsass
Es handelt sich um einen trocken ausgebauten Muscaris. Bei Aromarebsorten erwarten viele einen süßen Wein, während der Elsass zeigt, dass diese Rebsorten auch hervorragende trockene Weine hervorbringen. Dieser gehört definitiv dazu.

5. Optimum Rosé aus 97% Cabernet Cortis und 3% Souvignier Gris
Sein Ziel war es, einen Wein zu machen, der an Südfrankreich erinnert. Ziel in jedem Fall erreicht.
An dieser Stelle wäre eigentlich die Probe zu Ende gewesen, aber die Weine waren so hervorragend, dass wir natürlich mega neugierig auf den Roten waren. Hendrik, der immer gut für uns sorgt, organisierte die Erweiterung.

6. Cabernet Cortis, genannt „Brique“
2022 hat man sich zum ersten Mal an Rotwein gewagt, es gab 600 Flaschen, die ein Jahr in amerikanischen und französischen Barriques lag. 300 Flaschen werden erst im nächsten Jahr verkauft, um zu erkunden, wie sich Zeit auf den Wein auswirkt.
Wir hatten also sehr großes Glück, dass wir ihn kosten durften. Der Wein war der beste niederländische Rotwein den ich in all diesen Jahren probieren durfte.

Fazit: Der „PiWi-Ton“, den diese Weine in den ersten Jahren noch hatte, ist bei diesem Weingut überhaupt nicht mehr zu erschmecken, es sind einfach nur geniale Weine.

Aufgrund unserer Begeisterung, und weil wir die Weinbergsführung verpasst hatten, mussten wir das Add-On nicht einmal bezahlen. Der Winzer freute sich natürlich über unseren Riesling und auch hier kauften wir eifrig ein, während ein Grüppchen niederländische „Best Agers“ (öhem) auf dem Rad eintrudelte, die für jetzt eine Weinprobe gebucht hatten.

Nach diesem wirklich beeindruckenden Erlebnis (wir müssen selbstverständlich auch hier ab jetzt regelmäßige Kontrollbesuche unternehmen :-)) ), kletterten wir wieder in den Bus und fuhren ins gelobte Land, will sagen, in die Provinz Zeeland.

Eigentlich hatten wir vorgehabt, noch ins Wasser zu hüpfen, aber angesichts der Uhrzeit und den etwas restriktiven Öffnungszeiten der beiden Strandpavillons vor unserem Hotel musste das leider unterbleiben. Dieses Hotel war das beste der Reise und verdient es, für einen längeren Aufenthalt erneut besucht zu werden.

Wir genossen den Abend bei Fisch (die meisten von uns) und nicht aus Trauben hergestellten Getränken mit Blick auf Strand und Sonnenuntergang.

4. Tag: Sonntag, 01. September 2024

Da es mit dem Sprung in die Wellen gestern Abend nicht geklappt hatte, stellten sich einige von uns den Wecker ganz früh. Um 7:15 waren die Wolters und die Ruitenbergs schon am Strand – um festzustellen, dass Wolfram noch schneller gewesen war! Dafür waren wir tiefer drin :-))

Von allen Hotels hatte Westduin das beste Frühstücksbuffet, inklusive einer gekühlten Orangenpresse, die frisch gepressten Saft auf Knopfdruck lieferte. Wie gut, dass wir heute so viel Zeit hatten, denn wir mussten nur ein Viertelstündchen fahren bis zu unserem ersten Ziel, die

Wijndomein De Boe in Koudekerke

Bruno Suter, der Winzer, den die Ruitenberg erst letztes Jahr auf Empfehlung von Johan van de Velde kennengelernt hatten, empfing uns und erzählte uns auf einem kleinen Rundgang die Geschichte seines Weinguts. Er hat in Frankreich, Deutschland, England und Niederlande (u.a. in Dreischor) Erfahrungen gesammelt.

Bruno hat diesen ehemaligen Obstbaubetrieb in 2020 gekauft und im Oktober die Bäume entfernt, dabei aber die Hecken aus den 40er bis 50er Jahren als Windschutz stehen lassen. Das Weingut ist umschlossen wie ein „Clos“ in Frankreich. Die ersten Reben pflanzte er im April 2021 an, im Oktober 2023 konnten die ersten Trauben gelesen werden. Es gibt Chardonnay, Auxerrois, Grauburgunder, Traminer, Muscaris, Souvignier Gris, Spätburgunder, Schwarzriesling (aka Müllerrebe, Pinot Meunier) und Trousseau, eine alte rote Rebsorte, die vorwiegend im Jura angebaut wird, wo sie herstammt, aber auch in Spanien und Portugals.

Ausgebaut hat er sie sortenrein in kleinen Tanks, um dann anschließend die Assemblagen vorzunehmen. Bei Jungweinen kann man noch nicht viele Aussagen treffen, erst in 5-8 Jahren wird man wissen, wo die Reise hingeht (für Junganlagen waren die Weine aber schon ganz schön lecker, davon später mehr)

Das Faszinierende an diesem Weingut ist, dass es zwei verschiedene Böden hat, was auf einem Infrarotfoto gut zu sehen ist: wie mit dem Lineal markiert, auf der einen Seite Sand aus einem alten Flussbett, auf der anderen Seite Ton. So kann man die Rebsorten gemäß ihrer Bodenvorlieben anpflanzen und später terroirbetonte Weine machen. Er hat jede Rebsorte auf beiden Böden sitzen.
Genau auf der Grenze ist eine Hecke. Er hat Bodenanalysen machen lassen, die ursprünglichen Obstbauern hatten diese Werkzeuge nicht und haben dennoch genau die Grenze getroffen.

Auch hier gab es im April 2024 Frost und trotz Einsatz von Feuertöpfen ca. 5% Verlust. Mitte Juni gab es während der Blütezeit zu viel Regen. Während bei den traditionellen Rebsorten dadurch 20-25% weniger Traubenansatz zu beobachten ist, ist der Verlust bei Muscaris ca. 65%. Die PiWis sind zwar weniger anfällig für Krankheiten, aber offenbar viel empfindlicher bei Regen in der Blüte, was zur Verrieselung führt.

Momentan ist nur jede zweite Zeile begrünt, um diesen jungen Reben nicht zu viel Konkurrenz um Nährstoffe zuzumuten.

Das große Haus, das man hinter den Hecken sieht, ist von 1753 und gehörte ursprünglich zur Anlage dazu und beherbergte eine Klinik. Der Park hat insgesamt 18 ha. Heute ist dort ein B&B. Der Name des Hauses lautete Hus de Boede (Boe = Holzbau), weshalb er das Weingut De Boe genannt hat.

Die erste Ernte vom letzten Jahr hat er bei Johan in Dreischor pressen lassen. Inzwischen hat er eine Holzpresse gekauft, die von der Funktion so ist, wie alte Pressen, aber natürlich niegelnagelneu und computergesteuert. Er findet das für die Größe seines Weinguts besser. Man habe zwar ca. 5-10% weniger Ausbeute, aber auch weniger Trub und daher weniger Filter nötig.
Der erste Wein wurde nur in Stahltanks verarbeitet, für dieses Jahr hat er ein neues und mehrere ältere Holzfässer gekauft.

In der Vinothek probierten wir die folgenden Weine:

1. Grauburgunder
Noten von Birne und Stachelbeere, nicht ganz trocken und unglaublich präsent – das ist eine Junganlage? Wow.

2. Muscaris trocken, Noten von Litschi und Holunder
Ja, jung, aber astrein, auch hier kann man sich auf das freuen, was die Reben hervorbringen werden, wenn sie der Grundschule entwachsen sind und als Teenager durchstarten.

3. Auxerrois und Chardonnay
Beide waren mengenmäßig zu wenig, um solo ausgebaut zu werden, aber da die Rebsorten ohnehin verwandt sind, eignen sie sich auch als Cuvée.

Fazit: Alle Achtung für eine erste Ernte. Er weiß, was er tut, die Anlagen sind tiptop in Schuss und das ist definitiv ein Winzer, den wir in die engere Beobachtung nehmen.

Auch er durfte sich natürlich über unser Mitbringsel freuen.

Aufgrund des knappen Bestandes konnten wir hier leider nichts kaufen.

Nach diesem schönen Morgenausflug ging es zum Highlight der Reise – nach Dreischor zum

Wijnhoeve de Kleine Schorre

Johan van de Velde begrüßte uns, das Team des Proeflokaals schenkte uns es einen handgerüttelten Sekt ein, den Brut de Zeelande aus 60% Weißburgunder, 30% Auxerrois, 10% Rivaner, 24 Monate auf der Hefe, 8 g RZ. Mit dem Glas in der Hand ging es zur kurzen Weinfeld / Kellerführung. Der Keller ist oberirdisch, hier ist man direkt auf Meereshöhe. Schorre bedeutet „grasbewachsener Streifen in der Gezeitenzone, wird nicht mehr täglich von der Flut überschwemmt“ (wie eine Salzwiese). Daher leitet sich auch der Name des Dorfes ab. Das Dorf ist übrigens sehenswert, es ist ein Ringdorf, d.h. um die Kirche herum befindet sich eine runde Straße mit Häusern, von der weitere Straßen abgehen.

Zur Geschichte des Weinguts: Die Familie hat ca. 50 ha Land und hat früher Kartoffeln und Rosenkohl angebaut. Als damit kein Geld mehr zu verdienen war, saß Johans Vater eines Tages beim Nachbarn und überlegte, was man sonst anbauen könnte. Die Sache mit dem Wein ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Schnapsidee gewesen – es soll sich den Gerüchten nach eine Flasche Genever rege in die Diskussion eingebracht haben.
Zeeland hat den wenigsten Frost und die meisten Sonnenstunden in den Niederlanden und immer wieder Wind, der die Reben trocknet. Warum also nicht?
Der Boden enthält viel Kalk und Muschelschalen, durch die Flutkatastrophe von 1953, bei der Zeeland komplett überflutet war, ist er auch recht salzig – was man in den ersten Jahrgängen, die noch nicht so tief wurzelten, auch stark schmecken konnte.

2001 wurde nach ausführlicher Bodenanalyse und mit Hilfe des luxemburgischen Weinguts Cep d’Or mit dem Umbau von Kartoffeln zu Wein begonnen. Man wählte traditionelle Rebsorten, damals fand man die PiWis noch nicht lecker genug, und da das Ziel von Anfang an war, Weine zu produzieren, die zu den Zeeländischen Spezialitäten, vor allem Fisch und Meeresfrüchten, passen sollten, fiel die Wahl auf Rivaner, Weißburgunder, Grauburgunder und Auxerrois.
Bei Cep d’Or ist Johan auch 3 Jahre in die Ausbildung gegangen. Als er bei der Bank um einen Kredit anfragte, um zu starten, wurde er ausgelacht. So beschaffte man sich Kapital über Crowdfunding und Rebstockpachten. Den ersten Ertrag bekamen die Aktionäre. Ein geschmackliches Highlight soll es nicht gewesen sein. Aber wir kennen das Weingut seit 2013 und es ist erstaunlich, welche Qualität man erreicht hat. Bei traditionellen Sorten werden 20% der Trauben entfernt, bei PiWis ca. 50% momentan.

Inzwischen sind weitere Rebsorten hinzugekommen, u.a. Gewürztraminer und Souvignier Gris, also doch eine PiWi, auch Cabernet Blanc, es sind insgesamt 14 ha. Die Reben kommen von Freytag und im letzten Jahr mussten aufgrund der Übermenge Tanks hinzugekauft werden. 2 weitere ha sollen noch hinzukommen. Langsam wird allerdings der Keller eng. Sein Tipp für Neuwinzer: Plane deinen Keller, und dann verdoppele ihn vor dem Bau.

In diesem Jahr gab es Frost, aber der hat nur den Junganlagen, die noch nicht tragen, zu schaffen gemacht. Der Cabernet Blanc ist allerdings stark verrieselt. Die Weinfelder sind alle von Hecken umrandet, um die Reben vor dem salzwasserhaltigen Wind zu schützen.

Die erste Presse wurde schon zu klein und gegen eine größere ausgetauscht. Auch von der Handlese mit freiwilligen Lesehelfern ist man inzwischen abgekommen. Johan hat sich für einen Vollernter entschieden, den man hinter dem Traktor herzieht, dafür hat er einen Arbeiter, der nach Metern bezahlt wird. Damit kann man schneller größere Mengen lesen, was im Zuge des Klimawandels und der Wetterkapriolen vernünftig ist. Der Vollernter schüttelt die reifen Trauben herunter, die grünen bleiben hängen. Allerdings bedeutet 1 Stunde fahren auch 2 Stunden Vollernter putzen …

Die Gärung erfolgt nur im Edelstahl, erst danach wird entschieden, welche Weine in Barriques vollendet werden. In der Regel läuft die Gärung bis Ende Januar, dann liegt der Wein noch auf der Hefe, wird im März filtriert, im April folgt die Assemblage, bei der auch Guus, der Pächter des Proeflokaals, gelernter Sommelier, dabei ist, und natürlich Paula und auch der Chef von Cep d’Or ist gerne dabei.
Inzwischen gibt es 8 Angestellte, Paula ist für die Außenwirtschaft zuständig.
Für die Füllung kommt ein Lohnfüller aus Trier, dann werden 96.000 Flaschen in 3 Tagen gefüllt.
KLM ist noch immer Abnehmer, seit über 10 Jahren kaufen sie Wein für die Business Class, ca. 30%. 30% gehen ab Hof weg, der Rest ist in Restaurants oder bei Weinhändlern.

Nach der Besichtigung lieferte Johan uns im Proeflokaal ab und nun folgte eine Weinprobe mit der ultimativen Form von Borrelhapjes: Es gab Austern, Garnelen, Pfahlmuscheln, Vongole, Miesmuscheln, geräucherten Aal, hausgebeizten Lachs, Schinken und Wurst, Käse, Oliven, Tapenaden, dazu das mit Meerwasser gewürzte Brot.

Die Probe umfasste (alle Jahrgang 2023):

1. Rivaner, frische grüne Apfel und Zitronentöne, passte toll zu den Austern (der Brut de Zeelande hätte noch besser gepasst, aber den hatten wir ja beim Spaziergang getrunken)

2. Auxerrois

3. Weißburgunder (genannt Blanc+)

4. Grauburgunder (Gris+)

5. Grauburgunder Barrique von 2022

6. Paulas Selection, der Gewürztraminer, es sind 1000 Stöcke insgesamt

Alle Weine sind assembliert und enthalten bis zu 15% einer der anderen Rebsorten zur Abrundung.

Als Johan begann, gab es noch keine geschützten Ursprungsbezeichnungen. Er war so clever, das Copyright-R in den Namen der Halbinsel zu setzen: Aus Schouwen-Duiveland machte er Schouwen-D®uiveland, so dass man die Herkunft des Weins sehen konnte.

Leider ging auch diese Weinprobe zu Ende und wir verabschiedeten uns mit den üblichen Ritualen – Hochheimer Riesling, Gästebuch, Weinkauf, Umarmungen.

Die Rückfahrt brachte ein paar Staus und Umwege. Bei der abendlichen Essenspause wurden nur Getränke und Eis gekauft, komisch, keiner hatte Hunger.

Wir kamen gegen 22 Uhr am Weinstand an.

Das war unsere erste große Genussreise.

Weinprobe mit Weck, Worscht und Woi, Fahrtwind inklusive

GenussSpechte mit dem Planwagen unterwegs

Für Weinproben ist es eigentlich momentan entschieden zu heiß. Ein Leben ohne Weinproben ist aber langweilig. Vorstände Jutta und Ingo Hühn hatten eine zündende Idee, um Abhilfe zu schaffen: Sie organisierten eine Weinprobe mit frischer Luft in Gestalt von Fahrtwind. Nun ist der Fahrtwind, der bei einer Traktorfahrt erzeugt wird, zugegebenermaßen nicht mit dem eines Jetskis oder Rennrads zu vergleichen. Der Unterschied zur Temperatur am Treffpunkt – Weinprobierstand, wie könnte es anders sein? – sorgte indes sofort für kollektives Aufatmen.

Mit dem Planwagen von Udo Ejneberg und Daniel am Steuer ging es um 18:30 los auf eine gemütliche, gesellige Rundfahrt durch die Hochheimer Weinbergslagen. Zu Weck und Worscht gesellten sich Spundekäs und Brezeln. Die Fahrt führte an verschiedenen Weingütern und Lagen vorbei und zusätzlich zu den Weinen von Udo Ejneberg (Riesling trocken, feinherb, süß; Blanc de Noir und Weißburgunder) verkosteten die GenussSpechte, passenderweise genau beim Vorbeifahren am Weingut, zunächst das Weißweincuvée „Mélange“ vom Weingut Petry. In einem großen Bogen ging es anschließend zum Königin-Victoria-Denkmal, bei dem das Gruppenfoto entstand, und es ist klar, welcher Wein hier genossen wurde – Königin Victoriaberg Riesling Kabinett trocken, Weingut Joachim Flick.

Daniel erzählte bei jedem Stopp viel Wissenswertes über die Lagen und die Weingüter. Fast am Ende der Fahrt, auf Höhe der Kirche Peter und Paul, kam ein Sauvignon Blanc vom Weingut Mitter ins Glas und dazu interessante Details über den Einfluss von Maischestandzeit auf die Aromarichtung – grasig oder exotisch/fruchtig – der Rebsorte.

Trotz der inzwischen sehr heiteren Stimmung blieben die Mitfahrenden ganz leise, als es am Open Air Kino im Hummelpark vorbeiging – der Film hatte allerdings noch gar nicht begonnen.

„Das möchten wir im nächsten Jahr wieder machen“, hörte man beim Absteigen und Verabschieden.

Das lässt sich einrichten.

Einige ließen den Abend noch am Weinprobierstand ausklingen.

Genussreise nach Bremen vom 1. bis 3. März 2024

Reisebericht von Susanne Ruitenberg

Wenn Engel Reisen, heißt es in Bezug auf Reisewetter. In dieser Hinsicht hatten wir großes Glück. Blauer Himmel und strahlende Sonne begleiteten uns auf unserer ersten Genussreise nach Bremen, die Rosel Zahn organisiert hatte.
Moment – Bremen und Wein? Ja, dort wächst zwar (noch) keiner – das kann sich durch den Klimawandel jedoch in absehbarer Zukunft ändern.
Bremen und Wein gehören indes schon seit Jahrhunderten zusammen.

Die Anreise organisierten die Teilnehmenden selbst. Auto, Bahn, Camper, alles war dabei.
Das Hotel stellte das erste Highlight dar– ganz nah am Rathaus, schöne Zimmer, Blick auf das Glockenspiel der Böttcherstraße und erst das Frühstücksbuffet! Es lohnte sich, einen Tag früher anzureisen.

Am Freitag, den 1. März trafen wir alle pünktlich vor dem Bremer Rathaus ein. Auch die Bahnfahrer:innen, womit in diesen Zeiten nun wirklich niemand gerechnet hätte :-))
Claudia Staffeldt nahm uns dort für eine Kellerführung mit Weinprobe in Empfang. Mit einem Begrüßungssekt, wie es sich gehört.

Während wir alles erkundeten, erzählte Claudia Interessantes aus der Geschichte des Ratskellers.
Seit 1405 dient der Keller des Bremer Rathauses als Weinkeller, anfangs bekam man den Wein in Fässern geliefert und füllte selbst. Heute ist der Fasskeller ein Relikt vergangener Zeiten und die Fässer nur mit geschwefeltem Wasser gefüllt, damit sie nicht kaputtgehen.
Da das Ensemble seit 2004 Teil des UNESCO Weltkulturerbes ist, darf nur wenig daran verändert werden und die Arbeit in dem weit verzweigten Ensemble mit dem altmodischen Hochregallager ist eine ergonomische Herausforderung. So passt z.B. die normale Europalette nicht in den Aufzug, es fehlt haargenau 1 Zentimeter! Jede Weinkiste muss heruntergehoben und mit einem Wägelchen in die nächste Etage befördert werden. Besonders imponierten uns ein sehr alter Schrank mit unzähligen schmalen Schubladen, in dem Etiketten lagern, diverse museumsreif anmutende Geräte und der Kontrast zwischen den ganz alten Teilen des weit verzweigten Kellers mit der modern eingerichteten Probenecke ist sehenswert.

Eine trockene Kellerführung macht keinen rechten Spaß, deshalb gab es in regelmäßigen Abständen einen Boxenstopp. Zu jedem Wein reichte Claudia uns eine speziell dafür kreierte Praline aus der Werkstatt des Schokoladenkünstlers Nick van Heynigen. Dieser hat bei Hachez gelernt und sich selbständig gemacht. Hachez produziert nicht mehr in Bremen, ist daher als Bremer Geschenk ungeeignet. Nick hingegen ist hier und kreiert spezielle Pralinen für den Ratskeller, in Abstimmung zu den Weinen, die vorher ausgiebig verkostet werden. Auf Neudeutsch sagt man dazu win-win Situation. Klingt nach einem Traumjob. Ob er eine Sekretärin braucht?

Jeden Wein probierten wir zunächst für sich, bissen anschließend von der Praline ab und erkundeten, wie sich das Ensemble im Gaumen verändert, wenn man den Wein über die Schokolade laufen lässt. Wie sich die Aromen gegenseitig verstärken und herauskitzeln, war für alle ein Erlebnis. Claudia ließ uns dabei die Aromen der Schokolade sowie die Rebsorten der Weine erraten.

Die Probenfolge war:

Albertino trocken, Weingut Altes Zollhaus (Nahe) zu einer Himbeer-Marzipan Praline;

2022er Nußdorfer Herrenberg Sauvignon Blanc trocken, Weingut Lergenmüller (Pfalz) zu einem Täfelchen mit Orangenzesten;

2022er Forster Schnepfenflug Riesling halbtrocken, Forster Winzerverein (Pfalz) zu einer Olivenöl-Salz-Praline;

2022er 71/95 Cuvée Rosé trocken, Weingut Bernhard (Rheinhessen) zu einer Vollmilch-Cassis-Praline;

Rot und Wild Rotweincuvée trocken, Weingut Hirsch (Württemberg), zu einer Glühwein-Praline.

Besondere Ehrfurcht hatten wir vor der Schatzkammer. Dort lagern noch edelsüße Weine aus allen Jahrzehnten. Einst kam ein Kunde mit dem Privatjet angeflogen, um eine davon zu erwerben, erzählte uns Claudia. Obwohl er die gleiche Flasche bereits im Keller hatte. Ja, aber die war nicht für seine Gäste, die wollte er selbst trinken.

Am Ende des Rundgangs gesellte sich Karl-Josef Krötz, der Ratskellermeister a.D., zu uns. Er hatte für uns im letzten November eine Weinprobe mit besonderen Weinen und Geschichten aus dem Ratskeller durchgeführt, die für alle ein unvergessliches Erlebnis war. Als Highlight der heutigen Führung geleitete er uns selbst in den Apostelkeller mit den 12 Fässern – unter anderem ein Hochheimer Wein aus dem Jahr 1727 – und in den Rosekeller mit dem ältesten Rüdesheimer Wein von 1653.

Im Anschluss an die Kellerführung gingen wir durch einen geheimen Durchgang direkt in das Restaurant des Ratskellers zu einem gemütlichen Abendessen, inklusive Herrn und Frau Krötz. Er spendierte uns einen hervorragenden Spätburgunder aus einer Magnumflasche, den er zu seinem Ausstand geschenkt bekommen hatte. Sinnvolle Idee, eine Magnum zu zweit ist vielleicht auch etwas viel, sie zu teilen daher angebracht.

Einige der Teilnehmer:innen fanden sich am Ende des Abends an der Hotelbar wieder. 7 Seiten Cocktails auf der Karte! Klassiker wie „Singapore Sling“, aber auch noch nie gehörte wie „Take the Tram“. GenussSpechte sind neugierig, insbesondere im Hinblick auf Getränke.
Es wurde lustig, so viel kann an dieser Stelle verraten werden.

Der nächste Tag hatte ein volles Programm und wir mussten daher früh aufstehen, wenn wir das luxuriöse Frühstücksbuffet (Krabben! Lachs! Eier in allen Varianten! Käseplatte! Obstauswahl!) ausgiebig genießen wollten. Es bot sich an, die Krabben in allen möglichen Varianten auszuprobieren: Auf Rührei, auf Spiegelei, auf Butterbrot, auf Pumpernickel – Genussreise bezieht sich schließlich nicht nur auf Flüssiges.

Um 9h30 trafen wir uns zum Stadtrundgang auf den Treppen des Doms ein. Die Bremer Innenstadt hat den Vorteil, dass sich die wichtigsten Sehenswürdigkeiten in einem Quadrat mit 400 m Kantenlänge befinden, so dass auch diejenigen, die weniger gut zu Fuß sind, nicht darauf verzichten mussten, was diesem Reisebericht zugutekommt. Reiseführer Dr. Klostermann unterhielt uns mit Bremer Humor und kurzweiligen Anekdoten. Er führte uns an den berühmten Stadtmusikanten aus Bronze vorbei, zum großen Standbild von Roland, der Symbolfigur für Freiheit und Rechte der Stadt, durch die Böttcherstraße – mit einer kurzen Verweilzeit vor der Bremer Bonbonmanufaktur, bei der Klostermann, wie bei „Schülerführungen“ :-)) üblich, in den Laden huschte und jedem von uns eine Kostprobe der handgemachten Hartkaramellen reichte. In der Böttcherstraße hatte einst Ludwig Roselius seinen Firmensitz, der Gründer von Kaffee Hag und Erfinder des koffeinfreien Kaffees. Daran verdiente er zwei Mal – einerseits am Kaffee, andererseits am Koffein, das er an die Pharmaindustrie verkaufte (sehr clever). Roselius kaufte die gesamte Straße und ließ sie von 1923 bis 1931 komplett umbauen und künstlerisch gestalten. 1926 ließ er ein Museumshaus für die Künstlerin Paula Modersohn-Becker errichten, sie war damit die erste weibliche Künstlerin, der ein eigenes Museum gewidmet wurde.

Von dort gingen wir zum Schnoor, dem ältesten Bremer Viertel, in dem die kleinen, malerischen Häuser wie an einer Schnur aufgereiht stehen. Hier findet man, neben interessanten Läden, auch eine sehr vielfältige Gastronomie. In den 50er Jahren sollte das Viertel abgerissen werden. Zum Glück konnten engagierte Bremer das verhindern!

Nach dem Stadtrundgang gingen wir zurück zum Dom, zu einer Orgelführung nebst Vorspiel. Der Bremer Dom hat fünf Orgeln; wir kamen in den Genuss der Sauer-Orgel, die mit 100 Registern zu einer der größten im norddeutschen Raum zählt. Alles wurde uns genau erklärt, Tonfolgen mit verschiedenen Registern angespielt, damit man die Unterschiede erkennen kann. Es ist atemberaubend, wie der Organist mit vier Tastaturen sowie einer kompletten Tastatur als Fußpedale sich in alle Richtungen gleichzeitig bewegt, es mutet fast schon als Akrobatik an für Laien. Man hätte den Ausführungen stundenlang zuhören können. Im Anschluss folgte eine Führung durch den Dom selbst. Der erste Dom zu Bremen wurde 789 geweiht. Das Gebäude ist mehrfach zerstört worden und hat heute Teile aus verschiedenen Epochen, die sich zu einem harmonischen Ganzen zusammenfügen.

Am Abend folgte der Höhepunkt der Reise – ein erlesenes Menü mit Weinbegleitung im Senatszimmer des Bremer Ratskellers. Diesmal begrüßte Claudia Staffeldt uns gleich mit zwei Sekten, einem weißen und einem roten. Sie führte uns nicht nur durch das Menü, sondern saß mit am Tisch und nahm teil, was zu einer sehr geselligen und entspannten Atmosphäre führte.

Die Menüfolge:

Carpaccio von gebackenen Rüben mit mariniertem Fetakäse und Rucola-Pesto.
Hierzu gab es einen 2022er Oppenheimer Sackträger Riesling trocken, „Eiswette 2024“, Rheinhessen
sowie einen 2022er Johannisberger Riesling feinherb „Eiswette 2024“, Rheingau
*
Rahmsuppe aus Nordseekrabben mit Dillsahne,
dazu ein 2022er Rotling halbtrocken, Weingut Staatlicher Hofkeller, Franken

*

Rosa gebratenes Roastbeef vom Wesermarsch-Rind mit kräftiger Rotweinsauce, grünen Bohnen und Kartoffelgratin,
dazu gab es einen 2021er Spätburgunder trocken, Edition „Ratskellermeisters Liebling“, Pfalz
sowie einen 2016er Lemberger trocken „Gipskeuper“, VDP Ortswein, Württemberg
*
Lauwarmer Mandelkuchen mit Kirschragout und Bourbon-Vanilleeis,
dazu ein 2010er Wintricher Ohligsberg Riesling Spätlese von der Mosel
sowie – ein ganz besonderes Tröpfchen – ein
2018er Frech & Frey Trockenbeerenauslese aus Spätburgunder/Merlot/Dunkelfelder/St. Laurent aus der Pfalz.

Ein gelungener Abschluss dieser Genussreise und Hendrik bedankte sich bei Claudia Staffeldt sowie Rosel mit Blumen in flüssiger Form (wer ihn kennt, weiß, von welchem Weingut aus den Niederlanden diese kamen).

An der Bar war es leider durch die zum Rauchersalon offenstehende Tür etwas verqualmt. Aber man kann ja auch ein Getränk erwerben und mit aufs Zimmer nehmen …

Am nächsten Tag reisten die Bahnfahrer wieder ab, die Camper und die Autofahrer verlängerten noch. Wir genossen einen sonnigen Sonntag in Bremen. Und noch mehr Fisch. Danach fuhr der Vorstand wieder gemeinsam zurück nach Hochheim.